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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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redete ihn deshalb nur selten mit seinem Titel an – was den König immer schon verdrossen hatte.
    Bornheld ergriff rasch das Wort, ehe Priam darauf antworten konnte. »Ist es wirklich notwendig, Herr, daß die Diener des Bruderführers an dieser Sitzung teilnehmen?«
    »Bornheld, der Axtherr ist auf meine persönliche Einladung erschienen, und wenn andere Anwesende ihre Berater mitgebracht haben, soll mir auch Moryson recht sein«, erwiderte der König und rieb sich die geröteten Augen. Axis, der Priam nun aus der Nähe betrachtete, hätte jeden Eid darauf geleistet, daß der Herrscher in der vergangenen Nacht keinen Schlaf gefunden hatte. Tiefe Linien hatten sich von der Nase bis zum Mund in das Gesicht gegraben, und die roten Löckchen hingen schlaff und unfrisiert herab. Auch erweckten seine Kleider den Eindruck, als habe er sie sich nur rasch übergeworfen, um nicht nackt der Sitzung Vorsitzen zu müssen. Das sah Priam gar nicht ähnlich, der sonst auf ein makelloses Äußeres größten Wert legte. Axis spürte, daß die Anspannung der anderen auf ihn übergriff.
    Der König atmete tief ein und richtete sich auf seinem Stuhl gerade auf. Er legte die Hände vor sich auf den Tisch und wich geflissentlich den Blicken der anderen Versammelten aus.
    »Meine Herren, wollen wir beginnen und keine Zeit mehr mit unnötigen Worten vertändeln«, begann Priam leise. »Wir alle haben mittlerweile von den Unruhen im Norden Ichtars gehört. Die Bewohner des Dorfes Smyrdon nahe dem Verbotenen Tal wollen Unaussprechliche gesehen haben, und Fürst Magariz hat im vergangenen Winter fast neunzig Männer bei Patrouillengängen verloren. Wer immer diese Soldaten angegriffen hat, wütet auch im Land der Rabenbundmenschen. In den zurückliegenden sechs Monaten sind Tausende von ihnen durch den Gorkenpaß in den Norden Ichtars geströmt. Wie immer man auch über die Rabenbünder denken mag …«
    »Aasfressende Barbaren!« warf Graf Jorge ein. »… für Feiglinge hält sie wohl niemand«, fuhr Priam fort, als wäre er nicht unterbrochen worden. »Aber in der letzten Zeit haben die Angriffe auf die Streifen der Festung Gorken nachgelassen, nicht wahr, Bornheld?«
    Der Herzog nickte. »So habe ich es mir in der letzten Woche von Magariz berichten lassen. Im Sommer hat er nicht mehr als drei Männer verloren. Allerdings schwillt die Zahl der Rabenbundmenschen seit vierzehn Tagen dramatisch an. Ganze Scharen von ihnen strömen in den Norden des Reiches, und die Wetterbedingungen dort oben verändern sich zusehends. Vielleicht ist es bloßer Zufall, eher aber nicht.«
    »Und inzwischen steht der Winter wieder ins Haus«, bemerkte Axis ruhig. Er hob den Kopf, und seine Finger zogen nicht mehr die Maserung auf dem uralten Holz nach.
    Der Herzog starrte ihn an, doch der König fuhr schon fort, diesmal mit kräftigerer Stimme. »Bornheld, Ihr seid der einzige in dieser Runde, der in letzter Zeit oben in Gorken war. Wir würden es begrüßen, wenn Ihr uns an den Eindrücken teilhaben ließet, die Ihr dort gewonnen habt.«
    Der Neffe des Königs richtete sich auf und sah die Anwesenden an – alle, bis auf den Axtherrn. »So etwas haben wir noch nicht gesehen oder erlebt. Ein Feind, der offensichtlich im Winter blüht und gedeiht, der weder Form noch Substanz besitzt und dessen Erscheinen sich nur in einem Wispern des Windes ausdrückt. Ein Gegner, der über blanken Stahl nur lacht und dem die Tapferkeit unserer Soldaten keine Angst einflößt. Wesen, denen an keinem sauberen Tod gelegen ist, die statt dessen ihrem Opfer soviel Schmerz wie möglich zufügen wollen. Sie jagen und verfolgen unsere Soldaten über Stunden und ergötzen sich daran, sie Stück für Stück verbluten zu sehen. Die Rabenbünder behaupten, diese Wesen nährten sich genauso von der Furcht ihrer Opfer wie von deren Fleisch. Womit haben wir es hier zu tun? Ich muß gestehen, daß ich es nicht weiß. Mir ist nur bekannt, daß es trotz aller Erfahrung, allen Muts und aller Entschlossenheit unserer Soldaten, die ihnen gegenübergestanden haben, noch nie gelungen ist, einen dieser Gegner zu erlegen. Wenn diese Wesen einen größeren Einfall in Achar planen, dann stehe Artor uns bei!«
    Graf Isend rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Ihr habt in den vergangenen Wochen weitere Truppen in den Norden geschickt, nicht wahr, Bornheld?«
    »Ja, denn wir müssen davon ausgehen, daß dieser Feind mit dem vorzeitigen Winter zurückkehrt.«
    Priam stützte den Kopf in die

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