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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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kommen lassen, oder?«
    Axis lächelte und umschloß die Hand des väterlichen Freundes, die auf seiner Schulter ruhte. »Die Gebete verschaffen mir großen Trost, Vater. Doch gibt es in Achar wohl keinen gottesfürchtigeren und glaubensfesteren Mann als dich.«
    Jayme half dem jungen Mann auf die Füße, und die beiden umarmten sich herzlich. Zum Segen berührte der Bruderführer kurz Axis’ Stirn. »Nun, zumindest scheine ich einen Menschen mit meiner frommen Art überzeugt zu haben. Komm, ich habe Brot und Obst kommen lassen sowie frische warme Milch. Wir wollen frühstücken.« Der Kirchenfürst hatte die Mahlzeit auf einem kleinen Tisch am Fenster anrichten lassen, von wo aus man einen weiten Blick auf die gewundenen Straßen Karlons unterhalb des Palasts hatte.
    Die Sonne stieg gerade über dem Horizont auf. Obwohl dicke Schneewolken den Himmel bedeckten, gelang es doch einigen Sonnenstrahlen, ihren Weg zu den glitzernden Dächern der Stadt zu finden. Jayme schaute für einen Moment nach draußen, genoß den beeindruckenden Anblick und betrachtete die bunten Wimpel und Fahnen, die in der Brise knatterten. Die Obstbäume Karlons reckten ihre bloßen Äste und Zweige in den Himmel. Schon vor Wochen hatten sie alle ihre Blätter verloren. Axis fiel auf, daß das Gesicht des Freundes im ersten Tageslicht alt und müde wirkte. Er fragte sich, wie er selbst wohl in diesem Licht aussah.
    Als die beiden am Tisch saßen, wurde der Bruderführer ernst. »Mein Sohn, du hast wahrscheinlich schon erfahren, was im Norden geschieht.«
    »Ja, einiges ist mir zu Ohren gekommen, aber meistenteils waren es nur Gerüchte.«
    Jayme schwieg und seufzte. »Leider kommen diese Gerüchte der Wahrheit näher, als uns lieb sein kann. Gilbert und Moryson werden dich später mit der genauen militärischen Lage vertraut machen, und ich muß erst noch erfahren, was Priams Agenten herausgefunden haben. Doch will ich dir jetzt berichten, was ich bereits weiß.«
    Während der nächsten zwanzig Minuten zeichnete Jayme ihm ein Bild der Lage im hohen Norden. Axis stärkte sich an den Speisen, doch mit jeder neuen Auskunft kaute er langsamer.
    »Nun denn, mein lieber Axtherr«, endete der Bruderführer mit einem traurigen Lächeln, »sind deine Axtschwinger bereit, es mit körperlosen Geistern aufzunehmen, die selbst erfahrenste Soldaten zu überwältigen vermögen?«
    Der junge Mann legte das Stück Brot auf den Tisch zurück, das er ohnehin während der letzten Minuten nur zwischen den Fingern gedreht hatte. Was er zu hören bekommen hatte, entsetzte ihn noch mehr als erwartet. Fürst Magariz galt als erfahrener Befehlshaber, und seine Truppen in der Feste Gorken gehörten zu den besten des Reichs. Wenn er auf so furchtbare Weise immer mehr Soldaten verlor, mußte die Lage als sehr ernst bezeichnet werden.
    »Besteht die Möglichkeit, Vater, daß es sich bei den Ereignissen im letzten Winter nur um vereinzelte Vorfälle handelte, die sich so nicht wiederholen werden?«
    Der Bruderführer legte die Stirn in Falten. »Die Unaussprechlichen, wer immer sich dahinter verbergen mag, haben offensichtlich vor, sich nach Süden zu bewegen. Und im vergangenen Winter …«
    »… wollten sie lediglich unsere Stellungen ausspionieren«, beendete Axis den Satz. Er sprach langsam, so als denke er laut. »Demnach müssen wir uns diesen Winter darauf einstellen, daß sie mit ihrer ganzen Macht heranrücken.«
    »Ganz richtig«, nickte Jayme. »Das ist genau meine Ansicht, und ich glaube, wohl auch die von Priam und Bornheld. Während der letzten Wochen waren die beiden so unruhig und gereizt, daß man es nicht fassen möchte. Der Herzog ist in den Sommermonaten nach Gorken gereist, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu verschaffen. Mittlerweile verlegt er immer neue Einheiten in den Norden – Fußvolk und Reiterei. Während der letzten zehn Tage haben die großen Handelsschiffe Männer und militärische Ausrüstung statt Getreide den Fluß Nordra hinaufgeschafft. Und wie die guten Brüder aus der Stadt Gorken uns berichten, soll die Stimmung dort oben nicht gut sein. Und das färbt mittlerweile auch auf Karlon ab. Die ausgelassenen Gelage auf den Straßen, die regelmäßig nach den offiziellen Namenstagsfeierlicherkeiten des Königs stattfinden, haben sich letzte Nacht deutlich in Grenzen gehalten. Die Männer sind lieber zu ihren Frauen zurückgekehrt, statt sich nach, äh, anderen Angeboten umzusehen. Außerdem haben unsere Brüder in den vergangenen

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