Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
dicht an seinem Körper, so natürlich, als sei sie ein Telefon oder ein Füllfederhalter. »Ich bin gekränkt«, sagte er. »Glauben Sie, ich würde dieser Frau ein Leid antun?«
Ich blickte auf seine Pistole. Ich sagte nichts.
»Einer Frau etwas antun«, sagte er. »Einer unschuldigen Frau. Daß Sie so etwas auch nur denken können. Ich würde Ihnen gerne zeigen, wie sehr mir auch nur die Vorstellung widerstrebt.«
Ich sah ihm ins Gesicht.
Der Ofen war erloschen. Stille herrschte im Raum.
»Meine Herren«, sagte er, ohne den Blick von mir zu wenden. »Legen Sie bitte diese Mäntel ab. Sie sind sehr teuer. Ich möchte nicht, daß sie während unserer kleinen Darbietung Schaden nehmen.«
Die beiden Männer standen auf und zogen die Mäntel aus. Sie legten sie auf die Bank hinter sich. Der Größere, der mit dem harten Gesicht und der gebrochenen Nase, sah mich mit den kalten Augen des geborenen Killers an. Er bewegte die Hände in den schwarzen Lederhandschuhen.
Ich wartete ab, was nun passieren mochte. Mein ganzer Körper war angespannt. Ich werde nicht zittern, sagte ich mir. Ich will nicht, daß sie sehen, wie ich zittere.
Der andere Mann. Ich sah ihn zucken. Er warf einen verstohlenen Blick auf seinen Partner und dann auf Molinov.
Molinov hob den Arm ein wenig zur Seite und erschoß alle beide.
Sie fielen nach hinten, erst der eine, dann der andere. Die Bank stürzte mit ihnen um. Die Schüsse dröhnten in meinen Ohren. Molinovs erhobener Arm bewegte sich nicht.
»Mir ist bewußt«, sagte er schließlich und senkte den Arm, »daß meine Mitarbeiter, als sie Mr. Gobi und seine Begleiterin nach Bruckmans Aufenthaltsort gefragt haben, einen Akt extremer Brutalität begangen haben. Die Frau war unschuldig. Es gab keinerlei Grund, sie zu töten.«
»Sie sind wahnsinnig«, sagte ich.
»Keineswegs«, sagte er. »Würden Sie denn jetzt so liebenswürdig sein, ihre Mäntel aufzuheben? Ich glaube, Sie finden die Wagenschlüssel in Mr. Pearls Tasche.«
»Welcher ist Pearl?«
»Oh, sie haben sich Ihnen nicht vorgestellt? Wie unhöflich! Mr. Pearl ist der linke.«
Als ich aufstand, begann sich der Raum um mich zu drehen. Ich griff nach der Bank, um nicht vornüber zu fallen.
»Vorsicht, Mr. McKnight«, sagte er. »Sie wollen doch nicht in das Loch fallen und Mr. Bruckman Gesellschaft leisten.«
Ich schüttelte mich, um den Kopf klar zu kriegen, und ging zu den beiden Männern. Sie starrten zur Decke, mit Löchern exakt in der Mitte der Brust. Ich zog den Mantel unter Pearl hervor und nahm den Schlüssel aus der Tasche.
»Bringen Sie sie mir«, sagte er.
Ich drehte mich um und ging zwei Schritte auf Molinov zu. Ich sah ihm in die Augen.
Und dann warf ich die Schlüssel ins Wasser. Sie verschwanden augenblicklich.
Molinov sah aufs Wasser und dann wieder in mein Gesicht. Er lächelte.
»Sie sind dem Tod schon einmal begegnet«, sagte er.
»Ja«, sagte ich.
»Im Moment haben Sie keine Angst vor mir, nicht wahr? Jedenfalls nicht so viel, daß Sie um Ihr Leben betteln.«
»Das brauche ich nicht«, sagte ich. »Im Moment hängen wir hier beide fest.«
»Ist Ihnen kalt?«
»Ja«, sagte ich.
»Sie wissen nicht, was Kälte ist«, sagte er. Er zog die Handschuhe aus. Alle seine Finger waren bis zum ersten Gelenk amputiert, alle, bis auf den rechten Zeigefinger. Den für den Pistolenabzug.
»Ich glaube, im Ofen ist kein Kerosin mehr«, sagte er. »Hier drin ist es nicht länger gemütlich. Und der Geruch des Todes hier ist ebenfalls unerfreulich.« Er stand auf, sein Pelzmantel reichte bis auf den Boden. Wir waren genau gleich groß; seine dunklen Augen waren mit meinen exakt auf derselben Höhe. Er nahm die Laterne und ging zur Tür. Auf seinem Weg zog er auch den anderen Mantel unter dem zweiten Toten hervor. Er betrachtete ihn genau und klopfte etwas Sägemehl ab.
»Wohin gehen Sie?« fragte ich.
»Zum Wagen.«
»Aber Sie haben keine Schlüssel.«
»Ich habe eigene Schlüssel«, sagte er. »Ich habe Sie um Mr. Pearls Schlüssel gebeten, weil ich wissen wollte, was Sie damit machen würden. Hätten Sie sie mir gegeben, wäre ich sehr enttäuscht gewesen. Aber das haben Sie nicht gemacht. Wenn Sie sagen, Sie wissen nicht, wo Miss Parrish ist, glaube ich Ihnen das. Was die Sache mit Mr. Fulton angeht, muß ich die Einzelheiten noch besser untersuchen. Ich glaube, ich sehe da einzigartige … Möglichkeiten. Wenn Sie wirklich Privatdetektiv sind, nehme ich an, daß man Ihre Dienste
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