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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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m e m it Vergangenheit. Mar y s Bruder Johnny bot Robert im m erhin die Chance, als herunterg e ko mm ener junger Mann aus gutem Hause und rückfälliger Sträfling einiges m ehr zu geben denn als schwär m erischer Eugene Marchbanks. Doch es war eine kurze Rolle, in der Bedeutung erst an vierter S t elle nach der Titelpartie, d e m Schurken Maurice Messer und dem zu Unrecht als Hexer verdächtigten Dete k tiv Brill.
    Der Hexer war m it seinen genau berechneten Effekten, den Leichen an jedem Aktschluß, dem ge s chickten Einsatz der Beleuchtung und der überraschenden Schlußwendung sowohl in Berlin als auch in München der größte Kassenrenner d e s vergangenen Herbstes gewesen, und der Zustrom auf dem Land war daher entsprechend groß.
    » W ir m üss e n das ausnutzen, bevor sie es verfil m en«, sagte Benno Vogel glücklich, denn die Kas s en waren voller denn je, und er entschloß sich, die Räuber noch eine W eile aufzuschieben. Er selbst spielte, m it einigem B e dauern, nic h t die Tit e lr o lle, weil d a s ein zu eindeutiger Hinweis auf die Ident i tät des Hexers gewesen wäre, die ja bis zum Schluß geheim bleiben mußte, da m it das Stück auch funktionierte. Als sie ein m al unter s i ch w aren, ließ C arla ih r er B osha f tigkeit freien Lauf und m einte, Benno Vogel als drogenabhängiger schurkischer Anwalt Messer ringe mit Robert um die Abgründe des Heruntergekom m enseins in Form von verkrampften Händen und augenrollenden W utausbrüchen.
    »Im m er no c h besser als gefährd e te Tugend«, entgegnete Robert, und da m it hatte er recht. Sie ha ßt e Mary m ittlerweile, die zu allem auch noch dumm war und in dem Stü c k auf alles, aber auch alles hereinfiel, was ihr jemand erzählte. Selbst die Provinzblätter hielten es nicht für nötig, Mary irgendwie zu kommentieren, während Prossy im m erhin ein paar m al Erwähnung gefunden hatte.
    Nach einer langen Durststrecke den ganzen Herbst und W inter hindurch kam die Erlösung in Gestalt der Räuber i m Frühjahr: Benno Vogel insz e nie r te sich s elbst a ls edlen Räuber Karl Moor, seine Gattin als A m a l ia und »Robert König, einen jungen Schauspieler«, wie es in den ersten Presseankündigu n gen hieß, als Franz Moor, den Schurken des Stücks. Bei »einem jungen Schauspieler« blieb es nicht. Robert wußte inzwischen einiges über die Presse, und er war nicht länger gewillt, de m zuständi g en Mann vom Grünen Hut die Ankündigung seiner Person zu überlassen. Er übernahm es selbst. Ob m an nun Abneigung, wie die m eisten Mitglieder des Ens e m b les, oder wie einige wenige Ausnah m en B e lustigung empfand, m an kam nicht u m hin, zu bewundern, wie er das bewerkstelligte. Er bo m badierte die Zeitungen jeder Stadt m it Kopien seiner Züricher Kritiken, verschickte Exe m plare seines Shakespeare-Buchs und ging m it d e r größten Selbstverständlichkeit dav o n aus, daß jeder Journalist, der bei der T ru p pe ersc h ien, an einem Interview m it ihm intere s siert s e in mußte, weswegen er die betreffenden Da m en und Herren in der Regel je nach Tageszeit a u f eine T a sse Kaffee oder zu einem Glas W ein einlud, während er ihnen das von Mal zu Mal abenteuerlicher werdende Epos der frühen Jahre des Robert König erzählte.
    Es bestand natürlich die ganze Z e it die Gefahr, daß seine B e m ühungen sich zum Bum e rang entwick e lten. Einige der Journalisten leckten Blut, Provinz oder nicht, und waren bereit, ihn in der Luft zu zerreißen, wenn er sich nicht wirklich als Phä n o m en erwies. Es war das erste M al, daß Carla für ein e n anderen Menschen das gleiche La m penfieber fühlte wie für sich selbst, und es beunruhigte sie. Robert hatte etwas an sich, das Menschen absorbierte; Dr. Gold m ann hatte er schon vereinnah m t und sein Wohl und Wehe zu dessen wichtigstem An l i egen ge m acht, und seinem eh e m aligen Schuldirektor erging es nicht viel besser. Sie hatte genug m it sich selbst zu tun, um vor Angst, sein Franz könne nicht all das leisten, was er sich davon versprach, nervös an ihren Nägeln zu kauen. Doch sie tat es.
    Sie hatte ihn noch nie in einer Haup t rolle e r lebt, nur in s e in e m widerwillig gespielten Marchbanks, und da sie in diesem Stück nie gleichzeitig m it ihm auf der Bühne stand außer als zweite Besetzung für Am alie verdiente sie ihr Gehalt noch als Räuber im Hintergrund, um Karl Moors Schar etwas umfangreicher wirken zu lassen, eine weitere stumme Hosenrolle -, war sie in der Lage,

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