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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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brauchte, um zu begreifen, daß es nichts m it Jean-Pierres D arstellung zu tun hatte.
    »Oh«, sagte Jean-Pierre, als sie ihn danach fragte, zündete sich eine Zigarette an und reichte i h r eine weitere, die s i e akzeptierte, denn sie hatte während der letzten Saison das Rauchen angefangen, »er hat das Gefühl, noch eine R echnung m it m i r offen zu haben. Ganz ehrlich, che r ie, ich h ä tte nicht gedacht, daß unser R obert so rachsüchtig ist. Aber das geht vorbei. Irgend w ann wird er erwachsen.« Etwas beunruhigt dreinschauend, fügte er hinzu: »Oder etwa nicht ? «
    Carla hätte ihm einiges über die Ka p azität, s i ch zu rächen, erzählen können, aber trotz ihrer Sy m pathie für Jean-Pierre brachte sie das nötige Vertrauen nicht auf. I m übrigen gab es im Inferno von Lubeldorf auch tröstliche Oa s en. Die Pre m iere des P hantoms war vollbesucht und brachte den Kerns da m it d e n ersten Teil ihrer finanziellen Rettung, sie verlief reibungslos, und Carla m ußte anerkennen, daß es bei ihrer bunt zusam m e ngewürfelt e n Truppe keine geringe Leistung von Roberts Seite war, auch wenn es etwas einem A r m eedrill ähnelte. W ährend sie sich nach allen S e iten hin verbeugten, fing sie an, Robert zu vergeben.
    Hinterher regnete es Lobprei s ungen von allen Seiten, auch wenn einige d e r Kriti k er ei n en leic h t s ar kasti s chen Ton anschl u gen: »Robert König, der sein junges Ges i cht hinter dem Inhalt m ehrerer Sch m inktöpfe verbarg, übertrieb als Phantom fast so gut wie W erner Krauß als Dr. Caligari«, gehörte zu Carlas h eimlichen Favo r iten. S i e selbst fand m an als Christine ein w eiteres m al »reizend«; immerhin entdec k te d er Holst e in -K urier in ihrem Verhalten dem Ph a ntom gegenüber »eine subtile und daher für e i ne so junge Schauspielerin um so erstaunlichere Mischung von Faszination und S chrecken«.
    Mit dem W echsel zu H a m l et ließ Robert sein Diktatorengehabe von einem Tag auf den anderen fahren, was ihm auch dadurch erleichtert wurde, daß Dieter dies m al Regie führte.
    »Nun, m ein Junge«, erkundigte sich Jean- P ierre, nachdem sie eine Probe in einer At m osphäre unge w ohnter Friedfertigkeit hinter sich gebracht hatten und sich a m Flußufer m it den B e inen im Wa s ser entspannten, »können wir davon ausgehen, daß die Menschheit dich wiederhat?«
    »Das kommt darauf an«, entgegnete Robert m it e i ner Mischung aus Offenheit und I m pertinenz, »ob ihr beeindruckt genug seid.«
    Dieter hüstelte. » W as für ein G l ück, zu hören, daß du uns nur beeindrucken wollte s t . Ich dachte sc h on, du m ö c htest Jea n -Pierre u m bringen.«
    »Natürlich wollte ich e uch beeind r ucken. Alle s , was ich vom Theater weiß, kommt von euch«, sagte Robert und ließ sich ohne Vorwarnung in den flachen Fluß fallen, so daß der W a sserschwall sie alle naß m achte.
    Hamlet war i m wesentlichen eine W iederholung der Züricher Inszenierung, m it den geringeren Mitteln von Lubeldorf. Doch dies m al spielte Robert Claudius, und er hatte Carla als Gertrude besetzt, was sie für die entgangene Ophelia d u rchaus entschädigte, obwohl jedes m al, w e nn sie die Antwolfen in ihrer lieblichen Pose sah, neuer Groll in ihr erwachte.
    »Monika, O phelia steht kurz davor, wahnsinnig zu werden. Meinst du nicht, m an sollte ihr das an m erken ? «
    »Du führst m eines W is sens nicht R egie hier, C arla.« Im m e rhin, eine reife, erfahrene Frau zu verkörpern hatte seinen Reiz. Sie beherzigte Jean- P ierres Ratschläge hin s i c htlich ihres Make-ups, und Dieter verpaßte ihr außerdem e i n Kostü m , das eine Schulter frei ließ. »Robert hat deinetwegen seinen Bruder u m gebracht«, sagte er m it einem leichten Augenzwinkern, »al s o zeig den Leuten, weshalb.«
    Sie nahm den Hinweis auf und legte Gertrude als Va m p an; nicht, daß das ihre Meinung über Ha m lets Mutter ge w esen wäre, aber der spielerische Geist von Lubeldo r f hatte sie erfaßt; zum Kuckuck, dachte Carla, der Som m er war bisher schlimm genug, und schließlich, letztlich und endlich sind das meine Ferien.
    Im übrigen war es n u r g erec h t, a u ch etwas Spaß auf Kosten des altehrwürdigen Stückes zu haben. D i eter m achte ein-, zweimal den Versuch, Robert zu einer Darstellung von H a m l ets Stiefvater als gewissensgeq u älten Ehe b recher und P o litiker in m ittleren J ahren zu bewegen, dann ließ er es achselzu c kend sein und Roberts durch das Phantom geweckten m e lodra m

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