Unter dem Zwillingsstern
Aber n icht als Liebende. Ich hätte Angst vor de m , was ich t ä te, wenn du m i ch betrügst, und das würdest du. Ich glaube, dann brächte ich dich um.«
Robert wandte sich von ihr ab. »Na ja, es war nur so eine Idee«, sagte er und steckte die Hände in die Taschen seines Jacketts, bevor er weiterging. Doch sie konnte die Kränkung in seiner Sti mm e hören. Allein im Dunkeln zurückgelassen zu werden erschien ihr plötzlich als ein schreckliches O m en für die Zukunft, und sie rannte ein paar Schritte, ehe sie ihn einholte.
»S a m «, rief sie ihm nach, und da sie ihn schon sehr lange nicht m ehr so genannt hatte, hielt er inne. »Bitte«, sagte Carla einfach.
»Bitte s ei m i r nic h t böse . «
Sie hi e lt i h m seinen M antel h in. »Mir ist schon wieder war m . Außerdem blute ich dir noch den Kragen voll, und«, schloß sie leise,
»ich m öchte nicht, daß du dich erkältest. Daß dir überhaupt etwas passiert.«
Kopfschüttelnd nahm er ihr den Mantel ab, m achte aber keine Anstalten, ihn anzuziehen, sondern hielt ihre Hand fest.
»Freunde ? « fragte er.
»Freunde«, sagte Carla erleichtert.
Die ganze Angelegenheit hielt sie die Nacht ü b er wach. Es war natürlich nur eine weitere von Roberts verrückten Ideen, aber er wäre überhaupt nicht darauf gekommen, wenn sie s i c h in den l e t z ten M o naten nicht m eh r fach so idiotisch benommen hätte. Das m ußte ein Ende haben. Ganz zu schweigen von ihrem Gr a uen bei der Vorstellung von einem Ehefr a uendasein, wollte sie ganz besti mm t auch nicht Roberts Geliebte werden, a u s den Gründen, die sie ihm genannt hatte. Es würde schiefgehen und ihre Freundschaft für im m er zerstören. Also warum dann die gelegen t lichen Anfälle von Koketterie?
Ihr Körper spielte ihr einen Streich, das war es. Sie hatte ihre Jungfräulichkeit satt und das allwissende Getue selbst von solch dum m en, naiven Hü h nern wie Lilli. M anc h m al kam sie sich vor wie ei n e Fre m de in einem Land, dessen Sprache sie nicht beherrschte. Auf der Bühne liebende Frauen zu spielen und sich in das Begehren von verschiedenen Männern, die es nicht gab, hinein zu hypnotisieren half auch nicht gerade, es regte höchst e n s die Pha n tasie an. Aber, dachte Carla, ihre Freundschaft m it Robert aufs Spiel zu setzen, nur weil sie bereit dafür war, m it je m and e m ins Bett zu gehen, kam nicht in Frage. Sie schaltete das Licht wieder an und zog Philipps Karte aus d e m Bühnen m anuskript von Gilles und Jeanne hervor, wo sie seit der Pre m iere des Sommernachtstraums lag, wie Effi Briests Briefe, in der Erwartung, zu ihrem Unglück entdeckt zu werden. Es würde natürlich bedeuten, etwas von ihrem Stolz herunterzuschlucken. Aber vielleicht dachte Philipp ohnehin, daß sie nicht den Mut hatte, ihn anzurufen.
12.-19.November. Inzwischen war der Morgen d es Vierzeh nt en angebrochen. Die gestochen schwarzen Schriftzüge schienen sie zu verspotten und Feigling zu nennen. Aber er ko n nte wirklich ge m ein sein, und es war ihm zuzutrauen, daß er sie dazu brachte, einen Annäherungsversuch zu m a chen, und sie dann zurückwies, nur um ihr die Beleidigungen und Herausforderungen aus all den Jahren hei m zuzahlen. Das wäre die absolute Demütigung; viel vernünftiger, sie sich zu ersparen und weiter Jungfrau zu bleiben, bis sie einen wirklich sy m pathischen Mann fand.
Feigling, dachte sie wieder. Außerde m , wenn sie es hinter sich brachte, dann ließ sich das Kapit e l Philipp a u ch endlich abschließen, und sie m ußte sich nicht m ehr m it dem G e m i sch aus Abneigung und Anziehungskraft, das er auf sie au s übte, herumschlagen. Ein ein m al erkundeter Körper konnte kein Gehei m nis m ehr darstellen.
Mit dem Aufgehen der Sonne schlief Carla endlich ein, nur für zwei Stunden, ehe ihr W ecker klingelte. Sie wusch sich m it kaltem Wasser, was sie wieder etwas wacher m achte, und begann m it den gy m nastischen Übungen, die ihre T anzlehrerin auf der Schauspielschule ihr e m pfohlen hatte. Dann frühstückte sie; d er s chwarze, m ilchlose Kaffee vertrieb den letzten Rest ihrer Benom m enheit. W as für ein Segen, einen eigenen Herd zu haben und in solchen Dingen
nicht auf die Küche ihrer Ver m iet e rin angewiesen zu sein, obwohl diese h i er nicht die sc h l echte s te w a r. Aber sie frühstückte nun ein m al gerne alleine, ohne die Notwendigkeit, Konversation zu betreiben. Während sie das Gas wieder abdrehte, erfaßte sie e i ne eigenartige
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