Unter dem Zwillingsstern
Haupt von Metro-Goldwyn-Mayer, dessen tränenerfüllte Tiraden so berüh m t-berüchtigt waren wie sein Bestehen darauf, »nur a n ständige a m erikanische F il m e zu m achen, die ich m einen Kindern zeigen kann«, grinste Kohner und wisperte: » S tim m t es, daß Sie L.B. g efragt habe n , ob er auch in r o tweißblau furzt ? «
»Schschsch«, entgegnete Genevieve und deutete auf die Bühne. Sie wartete das große Finale, Jagos Entlarvung und Othellos Selbst m ord, ab, ehe sie in den Applaus der Zuschauer hinein antwortete: »Darling, ich will doch noch weiterhin in Holly w ood arbeiten. Nichts gegen Onkel Carl, aber wenn er Junior die P r oduktion ganz und gar überläßt, sehe ich schwere Zeiten für Universal voraus, und dann kann es sein, daß ich MGM wieder einen Besuch abstatten muß.«
Paul Kohner fühlte sich nicht be m ü ßigt, Carl Laem m l es Sohn jetzt zu verteidigen. Im Prinzip m ochte er Junior, aber zwischen ihnen schwelte eine gewisse Rivalität, und ob es tatsächlich klug war, einem einundzwanzigjährigen Jungen die praktische Leitung eines riesigen Fil m studios zu übertragen, wagte er zu bezweifeln. Statt dessen erkundigte er sich, ob sie hinter die Bühne gehen wolle, um die Schauspieler kennenzulernen. Genevieve schüttelte den Kopf.
»Nein, ich möchte m i r das für spä t er aufheben. Lassen Sie Tim einen Test m it dem Mädchen m achen, und dann werde ich sie treffen.«
»Und von den Jungs ? « fragte Kohner neckend.
»Nein. Der Verlobte ist eine Neb e nrolle, für die wir etwas Hübsches, Unbedeutendes brauchen, nicht je m anden, der versucht, die beiden Hauptdarstellerinnen zu übertru m p fen.«
Es war die erste Rolle, die sie h aßt e, als sie m i t der Arbeit an ihr begann, und vor der sie Angst hat t e. An jedem Abend und zu den Matineevorstellungen hatte Carla das Gefühl, daß Desdemona sie von innen h er auffraß. Sie hätte das nie ver m utet, als sie ei nw illi g te, Desde m ona zu spielen, um Robert bei s ein e r s elbstinsze n ierten Lebensrettung zu helfen. S ein Königsdra m enfiasko hatte ihn so stark verschuldet und zerstritten m it seinen wichtigsten Mitarbeitern zurückgelassen, daß er nichts Gerin g eres als ei n en Triu m ph brauchte, um auch nur seine Schulden abzudecken; das Theater würde es trotzdem nicht retten. Othello war die letzte Inszenierung des Her m es-Theaters, das fortan nur noch im Rundfunk bestehen würde.
»Ein Abgang m it Stil«, hatte Robert beschwörend gesagt, als er sie um Hil f e bat.
Die Aussicht, das dritte Rad b e i einem Zwei-Mann-Spektakel zu sein, war nicht unbedingt verlockend gewesen, aber er hatte es geschickterweise als eine Herausforderung hingestellt, die Tradition unbeachteter Desd e m onas zu brechen. Außerdem konnte sie ihn nicht hängen lassen. B ei dem ersten ge m einsa m en Lesen war sie noch zu amüsiert von dem char m eversprühenden, agilen Gustaf Gründgens und dem sofortigen Tau z iehen zwischen ihm und Robert gewesen, um zu b e m e r ken, worauf sie sich eingelassen hatte. Erst danach ging ihr auf, welchen speziellen Abgrund die har m lose Desde m ona für sie barg, und er hatte n i chts m it der Gefahr zu tun, in den Schatten gestellt zu werden.
Sie spielte eine Frau, die von ihrem Mann aus Eifersucht u m gebracht wur d e.
Als Robert das erste Mal eine Ohr f eige m arkierte, zuckte s ie z u sam m en, was bereits ein warnendes Zeichen war, denn sie hatte längst g el er nt, auf die angetäu s chten Schläge, die g e leg e ntlich in Theaterstücken vorkamen, nicht zu reagieren. Aber als s i e zu Desde m onas Tod k a m en, brach ihr pro f essionelles Verhalten in beschä m ender W eise zusam m en. Sie we h r te sich m it allen Krä f ten, die sie hatte, als Robert ihr die Hände um den Hals legte, schlug, biß, kratzte und trat, bis er m erkte, daß sie nic h t nur spielte, und sie losließ, worauf sie hinter die Bühne rannte, w o er sie zitternd und tränenüberströ m t fand.
»Es tut m i r leid«, schluchzte Carla, die, zu einem kleinen Häufchen Elend zusammengesunken, sich gegen eines der alten S childe aus den Königsdra m en lehnte. Er kauer t e sich neben sie und legte ihr den A r m um die Schultern.
»Ich habe nicht daran gedacht«, sagte Robert leise.
»Und sie verzeiht ih m . S i e verze i ht ihm, daß er sie u m bringt!«
»Du bist es doch«, m einte Robert nach einer Weile, »die darauf schwört, daß m an Leute erschaffen m uß, die einem unähnlich sind anders.«
»Es gibt anders und
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