Unter dem Zwillingsstern
ganz abgeseh e n von den Gewürzen, von denen er sich bediente, ohne sie wieder zurückzustellen.
»Bitte«, sa g t e Robert g e winnend zu ihr, »ich werde nervös, wenn m i r eine Meisterin zusieht. Könn e n Sie derweil W ein und Bier bere i tst e lle n ?«
Carla konnte zwar nicht im eigentlichen Sinn des W ortes kochen, doch zu solchen einfachen Handgriffen, wie einen Leberkäse anzubraten und Weißwürste zu sie d en, war ihre Hil f e auch ni c ht nötig. Sie saß auf dem Küchenti s ch, wo nor m alerweise das Personal aß, bau m elte m i t den Beinen und hörte sich Roberts Bericht von seinem großen Radioskandal an; er war etwas entrüstet darüber, daß sie das Ereignis völlig verpaßt hatte. Den dra m atischen Höhepunkt bildete natü r lich s ein Vertrag m it Astoria.
»Das ist… alliterier e nd«, sagte Carla, und Robert grinste, denn das war ein Spiel aus ihrer Kindheit. »Grandios«, erwiderte er, und sie setzte es fort: »Genial, großartig…«
»Giganti s c h …«
»Gelbsuchterregend!«
»Geistesbetäubend!«
»Gleisnerisch«, sagte Philipp, der sie bereits seit einer W eile beobachtet hatte. »Meinen Glückwunsch zu dem Vertrag, Herr König; doch ich hoffe in Ihrem Interesse, daß Sie sich anderweitig abgesichert ha b en. Astoria wird nicht m ehr lange unabhängig bleiben, und dann könnte Ihr kleiner verspätet e r Aprilscherz Folgen haben.«
Robert blieb unbeeindruckt, währe n d er anfing, die Teller rund um den Tisch zu verteilen, und Carla auf einen Stuhl überwechselte.
»Heißt das, Hugenberg wird auch noch die Astoria schlucken ? «
»Nein, nicht Hugenberg.« Philipp schaute auf den einfachen Tisch m it seiner blau-weißen, ausgewaschenen Decke.
» W ollen Sie hier essen?«
» W arum nicht ? « fragte Carla. »Das wäre doch volksverbunden. Das Personal kann der w eil oben dinieren.«
Achselzuckend nahm Phillipp Pla t z. Natürlich benutzte das P ersonal nicht das Speisezim m er; die Leute warteten geduldig, bis die Küche wieder frei war, was Carla später leichte G ewissensbisse verursachte. Vor e rst war s i e v ollauf da m it beschä f ti g t, ein weit e r e s Essen m it Philipp und Robert zu überstehen. Sie erzählte von den Dreharbeiten zu Carmilla, was Robert sehr interessierte, aber Philipps wegen konnte sie nicht allzusehr ins Detail gehen.
»Ich bin schon gespannt auf die Pre m iere«, sagte Robert. Sie wußte genau, was er m einte; leider saß er dies m al außerhalb ihrer Reichweite. »Darauf, wie du dich auf der Leinwand machst, versteht sich«, fügte er neckend hinzu. » W as war I hrer Meinung nach bisher Carlas beste Rolle, Herr Bachmaier?«
Da sie vermutete, d aß er sie über h aupt noch nicht auf der Bühne erlebt h atte, erwartete Carla von P h ilipp eine sarkastische Antwort, etwa in d er Art, i h re be s t e Rolle sei das, was sie vorgebe, im Mo m ent zu sein. Statt dessen erwiderte er, ohne zu zögern: »Desde m o na.«
Erstau n t ließ sie das W einglas s i nken, das sie in der Hand hielt.
»Du hast Othello gesehen ? «
»Drei m al«, entgegnete Philipp ausdruckslos.
Carla wußte nicht, was sie sagen s o llte. W arum hatte e r ni e …? Aber vielleicht log er auch, um s i e aus der Fassung zu bringen. Robert, der ihre Verwirrung spürte, kam ihr sofort zu Hilfe und m einte rasch:
»Oh, dann müssen Sie m i r auch verraten, was Sie von der ganzen Inszenierung halten. Und von m i r als Othello. W ir Theaterleute sind wahnsinnig eitel, Herr Bach m aier, wir brauchen Bestätigung, aber zögern S ie nicht, und zerfetzen Sie m i ch ruhig in der Luft, wenn es sein m uß.«
»Keine Sorge«, gab Philipp ruhig zurück, »ich würde nie zögern, Sie in d er L uft zu zerfetzen. W a s die Inszenierung angeht, ich war nicht unbeeindruckt. Ihr Jago war h e rvorragend, und Sie selbst gaben ein glaubw ü rdiges Bild pri m itiver E i f ersucht ab . «
Warte nur, dachte Robert und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Die Kunst, zu beleidigen, ohne es offen zu tun, beherrsche ich auch. Er sc h aute zu Carla.
»Ist Eifersucht so pri m itiv, Herr Bach m aier? Ich finde sie zie m lich alltäglich.«
»Bei sich oder bei anderen, Herr König ? «
»Zur Zeit«, sagte Robert, holte sich eine weitere W eißwurst aus dem Topf und begann, die Haut abzupellen, »nur bei anderen. Bei m einer Glückssträhne habe ich keinen Grund dazu.«
»Jede Glückssträhne geht ein m al zu Ende.«
Genug war genug. Zeit, wieder die Initiative zu ergreifen. Carla räusperte sich.
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