Unter dem Zwillingsstern
I’m the guy from Univ e rsal.«
Nach einer Sekunde wurde ihr die Bedeutung klar: Sie sollte m itspielen.
»Carol«, sagte er wieder lauthal s , »bin ich froh, dich zu sehen, Cousinchen . «
Sie hielt sich an dem letzten W ort fest, entgegnete enthusiastisch:
»Cousin!« und u m a r m t e ihn ebenfalls. Das Ganze war zie m lich bizarr, aber es mußte wohl seinen Grund haben.
»Komm«, sagte er und winkte einem der farbigen Gepä c kträg e r ,
»Sue wartet schon ganz ungeduldig, sie will d i ch endlich kennenlernen. W i e war denn die R eise ? «
Die beiden Koffer waren eigentli c h zu schwer für einen ei n zelnen Mann, und sie fand, der im braunen Anzug könne dem Gepäckträger ruhig helfen oder einen weiteren b e auftragen, aber als sie den Vorschlag m achte, lachte er.
»Keine Ahnung von der Großstadt. Nigger sind robuster als du und ich, Honey.«
Grundgütiger, dachte Carla, keine zehn Minuten nach m einer Ankunft kenne ich bereits einen Men s chen, den ich nicht ausstehen kann. W enn der Kerl so weiter m achte, überlegte sie sich das m it d e m Mits p i elen n och ein m al. Sie lächelte den Gepäckträger an und sagte:
»Das ist zu schwer für Sie allein. Rufen Sie noch einen Ihrer Kollegen…«
Zuerst glau b t e s i e, ihre Aussp r ache oder die verwendeten A usdrücke seien falsch und er habe sie n i cht verstanden, denn er starrte sie zutie f st e m pört an.
»Komm jetzt, Car o l, wir haben es w i rklich eili g «, sagte der Mann von Univer s al unged u ldig und fügte l e i s e hinz u : »Er glau b t , du will s t ihn um sein Trinkgeld prellen.«
Sie gab es auf und ließ sich sa m t ihrer Koffer in ein riesiges Auto ohne Verdeck bugsieren. Ihr Begleiter ließ den W agen a nspringen und fuhr so hastig los, daß die Reifen quietschten. Zunächst schaute er ständig in den Rückspiegel, dann erklärte er befriedigt:
»Falls einer von den Geiern auf d e m Bahnhof war, dann hat er Ihre Provinzcousinennum m er glatt ges c hluckt, Schätzchen. Zu m i ndest folgt uns keiner.«
» W as s i nd Ge i er ? « frag t e Car l a, der das W ort vultures unbekannt war.
»Die Presse, Honey, die Presse. C a rol, Sie haben ja keine Ahnung, was hier läuft. Der größte Skandal seit Fatty Arbuckle, und W ill Hays sitzt uns im Genick, zusamm e n m it jeder verdam m t en Zeitung des Landes. Zum Glück haben die nicht spitzgekriegt, daß Sie i m Land sind, Kid. W i r werden das schon hinbiegen. Gott, wenn der Film schon angelaufen wäre… Zu m indest kann Junior jetzt seine Hände in U nschuld waschen. Schließlich war es Pauls P r oduktion. Aber die Kosten…«
Sie kannte weder den N a m en Fatty Arbuckle, noch hatte sie je von W ill Hays g ehört, ganz zu schwei ge n von einigen Slangaus d r ücken, die er verwendete. Aber sie beg r iff all m ählich, daß etwas ganz und gar nicht stimmte, und a ußerdem wuchs ihre Abneigung. Genevieves Angewohnheit, sie »Kid« oder »Hon e y« zu nennen, hatte ihr nichts ausge m acht, sondern sie a m üsiert, aber von diesem Mann klang es unerträglich gönnerhaft.
»Mein Name ist nicht C arol, sondern Carla, und um was für einen Skandal geht es eigentlich ? «
»Haben Sie nicht Zeitu n g gelese n ?«
»Nur die Politik und die Sportseiten«, erklärte Carla und zerbrach sich den Kopf, wie die Schlagzeil e n gelautet hatten. Der W i nd zerzauste ihr Haar, und sie war froh, eine Brille zu tragen, bei der Heftigkeit, m it der der Mann neben ihr auf das Ga s pedal d r ückte. Er tr u g ebenfalls ei n e Brille, m it dunkel get ö nten Gläser n , und angesichts der gleißen d en Sonne beneidete s i e ihn daru m . Mittlerweile m ußte er im Gegensatz zu ihr, die wußte, wie m an seine Stim m e zum Tragen brachte, fast schreien.
»Tut m ir leid, daß ich es Ihnen sagen m uß, Sugar, Sie haben die Bienen ja gekannt. Aber unsere Jenny hat’s fertiggebracht, auf die schlim m s t m ögliche W eise von der Bühne abzutreten und uns dabei gleich m it durch den Dreck zu zie h en. Sie h at di e Klei n e ab s erviert, m it der sie früher ständig heru m zog, Dolores, und was m it irgendeinem Scriptgirl angefangen. Tja, und da dreht Dolo durch, kauft sich einen Revolver und bringt Genevieve u m , das Scriptgirl und sich selbst. Und alle Vereine, von der A merican Legion of Decency bis zum letzten Mütter-für-A m erika-Verband, schreien Zeter und Mordio über Hollywood, den Abgrund der Un m or a l, und wieso solche unnatürlichen Praktiken auch noch g e fördert werden. Unsere
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