Unter dem Zwillingsstern
dagegen entschied. M onika ließ jedoch nicht locker.
» W enn sie weiter so indiskret ist, wird ihr Mann bald davon erfahren. Oder weiß er es bereits? W ar das von Anfang an so ? «
»Aber gewiß doch«, entgegnete Robert, stand auf und ging an ihr vorbei in R ichtung Flur. Zu spät e ntschied Dr. Gold m ann, seinem ursprünglichen Plan zu folgen, um den Rest dieser unerfreulichen ehelichen S zene nicht m itzuerleben. Robert drängte sich an ihm vorbei und fuhr gleichzeitig fort: » D as nennt m an die freie L i ebe. Nun, wenn sie m i ch so sehr braucht, dann sollte ich am besten gleich gehen, ich habe heute noch eine Vorstellung.«
Daß er die Eingangstür hinter sich zuschlug, hatte Dr. Gold m ann erwartet, nicht jedoch Monikas Rea k tion. Sie brach in Tränen aus. Er zögerte, unsicher, was er tun sollte. Vor ihm ha t t e Monika noch nie geweint, obwohl ihm Martina er z ählte, daß sie es gelegentlich tat, und er war sich sicher, daß Monika ihm seine Gegenwart später m ehr als übelne h m en würde. Andererseits fiel es ihm schwer, Frauen weinen zu sehen, selbst Fr auen, die er nicht besonders m ochte. Also schluckte er seine Zweifel hinunter, ging in die Küche zurück, legte ihr die Hand auf die Schulter und reichte ihr ein Taschentuch. Sie wies ihn nicht zurück, was Beweis genug für ihren verstörten Zustand war.
»Meine Liebe«, sagte D r. Gold m ann behutsa m , »ich bin sicher, daß Robert und Frau Bachmeier nichts verbindet. Er kennt sie kau m .«
»Das weiß ich auch«, gab Monika heftig zurück. »Darum geht es doch überhaupt nicht.« Ihr Schluchzen versiegte; wütend rieb sie sich m it seinem Taschentuch die Augen. »Ich m öchte noch ein Kind«, mu r m elte sie, »und er nicht. Schon seit Tagen geht das so. Ich bin eine s o lche Versage r in in allem anderen, a lle m eine Träu m e waren lächerliche Luftblasen, nur als Mutter habe ich nicht versagt, und er, er…«
Sie verstum m te, sich bewußt werdend, m it wem sie sprach. Martin Gold m ann dachte n i cht zum ersten Mal, daß d i e weibliche Psyche trotz intensiven Studiu m s ein unerg r ündlich e s Räts e l f ür ihn dar s tellte. Er verstand im m er noch nicht den Zusamm e nhang zwischen Monikas W un s ch nach einem zweiten Kind und ihrem Bedürfnis, Streit m it Robert über ein Verhältnis anzufangen, von dem sie wußte, daß es gar nicht bestand. W e nn es nur darum ging, ihm Vorwü r fe zu m achen, warum dann nicht wegen et w as, das er tatsächlich getan hatte? Da gab es schließlich eine gro ß e Auswahl. Den Kinder w unsch an sich hielt er für rühren d , aber feh lg eleitet. E r hatte zu v i e l e rle b t, um glauben zu können, daß ein zweit e s Kind die Proble m e zwischen Monika und Robert lösen würde, z um al das er st e… Er wa n dte s i ch hastig u m . Martina stand im Flur, vor der Küchentür, und blickte auf ihre wei n e n de Mutter. Ihr eige n es Gesic h t zuckte ebenfalls.
»Papa ist böse«, wisperte sie.
»Nein«, erwiderte Dr. Gold m ann bestürzt, »nein, es gibt nur…« Er wußte nicht, was er sagen sollte.
»Doch«, unterbrach Martina. »E r weint nie. E r geht nur weg.« Sie schlang ihre Ar m e um sein rechtes Bein. »Bitte verreise nicht. Bitte versprich m i r, daß du dableibst, bitte, bitte, bitte!«
Nein, er weinte nic h t. Dr. Gol d m a nn erinnerte sich an das Kind Robert nach dem Tod seiner Mutter und an die stum m e Anklage in den Augen des Jungen, als er ihn mit seinem b e trunkenen V ater allein ließ u n d an die F r ont ging, weil er m it s i ch sel b st ni cht m ehr leben konnte. Sinkenden Mutes gab er Martina sein Versprechen. Er wußte, daß es wahrscheinlich der größte Fehler seines Lebens war. Doch er hatte auch noch nie das Gefühl gehabt, so gebraucht zu werden.
Robert war wütend genug, um sich tatsächlich auf den W e g nach Bogenhausen zu m achen, als er seine W ohnung verließ. E r wußte nicht genau, was das m it El f i Bach m aier sollte, aber er w u ßte, was dem zugrunde lag: eine Bestrafung für seine strikte W eigerung, noch ein Kind in die W elt zu setzen. D i e Gründe dafür sollten eigentlich o ff ensichtli c h sein, do c h er hatte v ersucht, sie Monika so sachlich wie m öglich darzulegen. Ihn schauderte ohnehin schon bei der Vorstellung, Martina in ein paar Jahren in eine der sogenannten Jung m ädelorga n isationen s t ec k en zu m üssen, wo m an sie in eine Unifo r m kleiden und ihr eine Gehirnwäsche verpassen w ürde. Astrids Sohn, der bereits zehn
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