Unter dem Zwillingsstern
c ht schon viel früher?
» W eil wir uns jet z t im Krieg be fi nden, Robert«, erwiderte sie. »Ich hoffe, du wirst dich an den ersten Septe m ber 1939 hauptsächlich m einetwegen erinnern, aber er hat auch eine historische Bedeutung. W i r befind e n uns jetzt im Krieg m it Polen, und Manfred m eint, wahrschei n lich auch bald m it Fr a nkreich. Er hofft zwar, daß die Engländer vernünftig bleiben, doch er i s t s i ch d a nicht s i cher. W i e auch im m er es ist Krieg. Das bedeute t , daß du keine Möglichkeit m ehr hast, dieses Land zu verlassen, es sei denn als Soldat, und dann hoffe ich, daß du stirbst, aber Schauspie l er werden wohl kriegsuntauglich gestellt. W e nn ich früher die Schei d ung eingereicht hätte, dann wärst du wahrscheinlich jetzt in A m erika, bei deiner F reundin Carla. Darum habe ich gewartet. D enk daran, Robert. Denk oft und lange daran.«
Dies m al verschaffte er ihr die Genugtuung einer Reaktion. E r stand auf, und m i t einem Schlag kehrte i h re Furcht vor ihm wieder zurück. Hastig griff sie nach der Türklinke, aber sie zitterte v o r in n erer Aufregung. Mit bebenden Fingern drück t e sie die Klinke verzweifelt nach unten.
»Keine Sorge«, sagte Robert. »Ich werde di c h nicht ei n m al m ehr m it d e m kleinen Finger anrühren. Ich hoffe nur, Manfred hat Geduld und viel, viel Sinn für H u m or. Aber an deiner Stelle wäre ich vorsichtig m it gerichtlichen Androhungen. Du möchtest doch nicht wirklich, daß ich Schöffen und Richter m it Details aus unserem Eheleben unterhalte, oder? Nur, wenn das ohnehin m ein letzter Auftritt wird…« Ausdrucksvoll breitete er die Hände aus.
»Ich has s e d ich!« s tieß s ie hilflos hervor. »Ich hasse dich. Ich hasse dich.«
»Monika, m ein Schatz, das weiß ich bereits. Stell dich in der Schlange an.«
Dr. Gold m ann hörte es, als er sich seinen W eg in das Gebäude voller E i nwanderer bahnte, das in der abendlichen Hit z e besonders stickig und schwül wirkte. Auf d e m S c hiff war er für viele schnell zum Hausarzt geworden, so daß es ihm in Paraguay nicht an Arbeit fehlte, auch wenn sie nicht sehr gut beza h lt war. Er kam gerade aus der Wohnung, die sich Fa m ilie Sch m idt m it F a m ilie Bernstein teilte, und kniete im Flur, wo Siggi Nansen kampierte, nieder, um dessen von ihm geschienten Knöchel zu unters u chen, als i h m eines der Sch m idt-Mädchen hinterherlief.
»Dr. Goldmann, Dr. Gold m ann«, rief sie. » W ir haben es gerade im Radio gehört. Guerra heißt Krieg, nicht wahr ? «
Er bestätigte es und hoffte, ob w ohl es nicht human und außerdem widersinnig war, auf eine interne süda m erikanische Auseinandersetzung. Schon die nächsten W orte des Mädchens zerstörten seine nicht sehr große Hoffnung.
»Dann gibt es daheim Krieg«, m einte sie. »Gegen Polen.«
»Nein«, entgegnete Dr. Gold m ann müde.
»Doch, wir haben es ganz deutlich gehört!«
»Nein, das ist kein bloßer Krieg gegen Polen, m ein Kind. Das ist nur der Beginn eines Kriegs gegen ganz Europa.« Für Carla kam die Nachric h t während der Dreharbeiten an Zombie Bride, die s i ch zum Glück endlich dem Ende zuneigten; das Make-up für Madeline, die Voodoo-Königin, wenn sie ihre wahre Gestalt als Herrin der Zo m bies enthüllte, war nur geringfügig leichter a ls d as f ür Ne f erti r i, die wandelnde Mu m i e. I m m erhin ließ es ihre Ohren frei, und so verstand sie je d es Wort, als der Regieassistent sie zum großen Ärger des Ka m er a m anns ans Telefon rief. Nun würden sie die Szene noch ein m al drehen m üssen, und sie wollten alle nach Hause.
»Carla ? « sagte Eddie Feiton, und s i e wußte sofort, daß et w as nicht stim m te. S e it der Pre m iere von Looking for Greta hatten sie ei n e eigenartige Beziehung, nicht ganz Freundschaft, nicht ganz Affäre. Sie sahen sich nicht sehr häufig, und ganz gewiß war er noch nie auf die Idee gekom m en, s i e bei der Arbeit anzurufen. Ein Kind der Fil m welt wie er wußte genau, was für Ärger das einbrachte.
»Ich wollte nicht, daß du es m orgen aus der Zeitung erfährst. Deutschland ist in Polen ein m arschiert. Der Krieg ist da. Carla ? «
Sie hielt den Hörer in der Hand wie ein außerir d isches Instr u m ent, unsicher, wie es zu benutzen war. »Ja«, sagte sie heiser. »Ja, ich verstehe.« Sie räusperte sich und ver s uchte, zu etwas No r m alität zurückzufinden. »Danke, Eddie.«
»Gern geschehen. Ich sitze gerade in einem gottverla s senen Nest in Texas
Weitere Kostenlose Bücher