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Unter den Linden Nummer Eins

Unter den Linden Nummer Eins

Titel: Unter den Linden Nummer Eins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ebertowski
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als Hausdetektiv eingestellt worden«, sagte der Kellermeister.
    Kassner gewann langsam die Fassung wieder. »Du hattest was von seiner neuen rechten Hand gemurmelt.«
    »Gescherzt, Otto, war gescherzt. Aber nicht nur. Weisungsbefugt im Fall von Herrn Meunier ist einzig der Generaldirektor – und natürlich die Frau Generaldirektor –, falls ich unseren Generalpagen richtig verstanden habe, stimmt doch, oder, Erwin?«
    Kassner warf Mandelbaum einen nicht gerade liebevollen Blick zu, als der durch Nicken bestätigte. Mandelbaum schaute daraufhin zur Armbanduhr, fast so, als wäre ihm die Gesellschaft Kassners langsam lästig. »Gleich elf. – Was halten Sie davon, wenn wir jetzt noch auf den Dachboden fahren? Und dann ist auch bald Essenszeit fürs Personal. Wir …«, und er beschrieb mit dem Finger einen Kreis, der die Arbeiter ausschloß, Kassner aber zögerlich mit einbezog, »wir essen im Zwischengeschoß im Kuriersaal, wo auch die Chauffeure von den Herrschaften essen.«
    »Ich richte mich ganz nach Ihnen«, sagte Karl.
    »Und wir sollten auch nicht mehr ewig hier schwätzend herumstehen, Otto.«
    »Äh, sollten wir nicht«, sagte Kassner. »Ich mach schon mal weiter.«
    Sie gingen durch ein Labyrinth von Weinregalen und Faßgestellen zum Kellerausgang.
    »Der Kuriersaal ist im Wirtschaftsflügel«, sagte Mandelbaum und hielt Karl die Tür auf.

8.
    P ER W ILHELM H OLTSEN TRÄGT L OUIS A DLON EIN A NLIEGEN VOR
    Ab elf Uhr begann Louis Adlon offiziell mit den honneurs . Er informierte sich über die wichtigsten Gäste und fing seinen Rundgang in der Halle an. Er wechselte ein paar Worte mit der Rezeption und begab sich dann in den Lese- und Schreibsaal. Per Wilhelm Holtsen saß, nein, thronte, in einem ausladenden Klubsessel und blickte auf das Schneegestöber im Innenhof. Louis Adlon, der nicht stören wollte, grüßte von weitem und wollte wieder in die Halle zurückgehen, aber Holtsen winkte ihn heran.
    »Mein lieber Adlon, haben Sie dieses Wetterspektakel inszeniert, damit ich mich heimisch fühle? Womöglich huschen sogar adlonitische Rentiere durch den Goethe-Garten, und ich sehe sie bloß nicht vor lauter Schneesturm.«
    »Falls Sie darauf bestünden, würde das Haus alles dransetzen, Sie mit einer Rentierherde zu beglücken.«
    Der Koloß im Ledersessel lachte dröhnend. »Das bezweifle ich nicht, lieber Adlon, daß Sie das fertigbringen würden.«
    »Ich hatte Ihnen wieder Ihre alte Ecksuite reservieren lassen, das war doch wohl korrekt?«
    »Korrektestens, mein lieber Adlon. Wenn in Berlin, und wenn im Adlon , dann doch bitte ein Zimmer mit Blick auf das Brandenburger Tor und die Linden. – Ach, wo Sie gerade hier sind«, Holtsen beugte sich verschwörerisch zu Louis Adlon vor. »Ich treffe morgen mittag zwei Geschäftsfreunde und hätte am liebsten zum Speisen ein Séparée. Es ist eine vertrauliche Unterredung mit Herren aus der Flugindustrie, Sie verstehen?«
    »Überhaupt kein Problem, Herr Holtsen. Der Oberkellner wird das zu arrangieren wissen.«
    Holtsen rückte noch näher an Louis Adlon heran. »Ich wäre Ihnen zutiefst verbunden, wenn man unser Treffen mit allergrößter Diskretion behandeln würde. Herr Udet ist eine sehr bekannte Persönlichkeit, und ich möchte nicht, daß die Gerüchteküche zu brodeln beginnt, bloß weil ich mit ihm gesehen worden bin.«
    »Das kann ich gut verstehen«, sagte Louis Adlon. »In solchen Fällen schlage ich der besuchenden Partei immer vor, den Eingang Wilhelmstraße zu benutzen. Die Herrschaften werden dann hinter den Speisesälen durch die Serviergänge zu den Séparées geleitet.«
    »Trefflich, so wird es gemacht, lieber Adlon!«
    »Ein neuer Mitarbeiter des Hauses, Sie kennen ihn noch nicht, wird Herrn Udet und seinen Begleiter – Sie sprachen von zwei Besuchern – am Eingang Wilhelmstraße erwarten. Sein Name ist Meunier, Karl Meunier, unser neuer Hausdetektiv. Ehemaliger Offizier, tüchtiger Mann.«
    »Ich werde es umgehend Herrn Udet ausrichten.« Holtsen kritzelte eine Nachricht auf einen Schreibblock. »Tron-Herman?«
    Der Diener, der an einem der Fenstertische Holtsens Korrespondenz vorsortierte, eilte lautlos herbei, nahm den Zettel in Empfang, überflog die Nachricht und nickte. »Telefonisch oder per Telegramm, Herr Direktor?«
    »Besser per Telefon.«
    »Sehr wohl«, sagte Tron-Herman und entfernte sich. »Irgendwelche besonderen Wünsche, was die Speisen anbetrifft?«
    »Überlasse ich alles voller Vertrauen Ihnen, lieber Adlon. Hab bei

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