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Unter den Linden Nummer Eins

Unter den Linden Nummer Eins

Titel: Unter den Linden Nummer Eins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ebertowski
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wird bald alle guten Leute brauchen.«
    »Bin gottlob aus dem Alter raus«, sagte Karl.
    »Quatsch!« sagte Ernst Udet. »Ein Mann in den besten Jahren! Was soll ich denn sagen, bin ja auch keine Zwanzig mehr! – Wir sind übrigens etwas zu früh dran.«
    »Kein Problem«, sagte Karl. »Sie können in einem Séparée auf Ihren Gastgeber warten.«
    Galgon und Udet nahmen Karl in die Mitte.
    »Bist also im Adlon gelandet.« Galgon schaute sich anerkennend um. »Als was?«
    »Als Hausdetektiv«, sagte Karl, »und eine Art Mädchen für alles für den Generaldirektor, wie gerade jetzt zum Beispiel. – Und du, Hajo?«
    »Ach, ich bin bei der Fliegerei geblieben.«
    Karl führte sie zum Serviergang hinter den Speisesälen. »Hier vermeiden wir jeden Publikumskontakt.«
    Ernst Udet grunzte zufrieden etwas, das sich wie »Besser ist es!« anhörte, und betrat das Séparée hinter Karl und Galgon.
    Karl schaute auf seine Armbanduhr. »Ihr Gastgeber wird in zirka fünf Minuten eintreffen.«
    »Gut«, sagte Ernst Udet. Seine Augen tasteten den Servierwagen ab. »Gibt es hier zufällig eine anständige Zigarre? Hab meine im Wagen gelassen.«
    Karl untersuchte den Servierwagen und mußte verneinen.
    Ernst Udet schnaubte. »Galgon, vielleicht könnten Sie so freundlich sein, und …«
    »Unverzüglich, Herr Udet«, sagte Galgon und straffte den Rücken.
    »Herr Meunier begleitet Sie besser durch das Labyrinth«, sagte Ernst Udet.
    »Wo …?« fragte Galgon.
    »Im Handschuhfach unter dem Stadtplan«, sagte Ernst Udet. »Und machen Sie hinne, daß Sie rechtzeitig wieder hier sind, bevor dieser Holtsen eintrudelt. – Damit Sie mich dann ordentlich vorstellen können!«
    Karl geleitete seinen ehemaligen Kameraden zum Ausgang Wilhelmstraße. Galgon holte die Zigarren aus dem Auto. Karl wartete im Hauseingang. Er hielt Galgon die Tür auf, aber der verharrte. »Moment, bitte, Karl!«
    Hinter einer Wand aus Kisten mit Leergut vor dem Ladeneingang der Weinhandlung gab jemand einem Hausarbeiter Anweisung, wie er die Schaufensterscheibe zu putzen hatte. Eine hohntriefende Stimme. »Etwas gründlicher, wenn ich gnädigst bitten darf! Nicht bloß einfach husch, husch! Da ist noch eine Stelle, oder sind Sie blind, junger Freund?«
    »Du täuschst dich nicht«, sagte Karl. »Kassner in alter Frische.«
    »Meine Fresse«, sagte Galgon. »Das Schwein arbeitet doch nicht etwa auch im Adlon ?«
    »Doch«, sagte Karl. »Er ist Assistent des Kellermeisters und führt sich auf wie damals.«
    »Die Sau«, sagte Galgon. »Mit dem habe ich bei Gelegenheit noch ein Hühnchen zu rupfen.« Er spuckte aus.
    »Ich bin dir gerne dabei behilflich«, sagte Karl und zog seinen Freund in den Hauseingang. »Es wird sich schon mal eine passende Gelegenheit finden.«
    »Die Sau! Weißt du noch, wie er in der Etappe versucht hat, die Leute im Dorf einzuschüchtern? Man hat sich fast geschämt, ein Deutscher zu sein.«
    »Jetzt sind’s nicht die Franzosen, jetzt sind’s die Juden«, sagte Karl. »Der Oberpage hat mir erzählt, daß Kassner Mitglied bei den Nazis ist und gegen die jüdischen Arbeiter und Angestellten im Haus hetzt und intrigiert, wo er nur kann.«
    Galgon seufzte. »Es gibt ein paar scharfe Hunde in der Partei«, sagte er und dachte an Randhuber und Konsorten. »Aber wenn der Führer erst an der Macht ist, wird sich das ändern. Solche Fanatiker haben in der Bewegung nichts verloren.«
    »Na, hoffen wir das Beste«, sagte Karl. »Kassner ist jedenfalls dabei, hier im Hotel eine NSDAP-Zelle zu organisieren.«
    »Wenn erst klare Verhältnisse im Reich herrschen, fliegen Gestalten wie Kassner im hohen Bogen aus der Partei.«
    »Dein Wort in Ehren, Hajo«, sagte Karl. »Wir sprechen uns nach den Wahlen.«
    »Wie ist es denn um deine Zeit bestellt? Meinst du, wir schaffen es mal, uns bei einem Bier zu treffen?« Sie standen vor der Tür zum Séparée. »Damit wir in Ruhe mal quatschen können, ist ’ne Menge passiert, seit ich dich zuletzt gesehen habe.« Galgon legte die Hand auf die Klinke.
    »Bei mir auch«, sagte Karl. »Du kannst mir immer hier im Hotel eine Nachricht hinterlassen, wenn es dir paßt. Ich bin ziemlich disponibel mit meiner Zeit. Keine Frau Gemahlin nebst Gören und so weiter, falls du verstehst.«
    Galgon grinste. »Dieser Kelch ist bislang auch an mir vorbeigewandert. – Versprochen, Karl, du hörst bald was von mir! Aber sag mal, gibt es außer diesem Arschloch sonst noch jemanden, zu dem du von früher Kontakt hast?«
    »Ich

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