Unter den Sternen des Südens: Australien-Saga (German Edition)
ichael beobachtete, wie das Schiff am Kai andockte und die Passagiere kurz darauf die Landebrücke herunterkamen. Kinder rannten vor ihren Müttern her und jauchzten vor Freude darüber, der Enge des Schiffs zu entkommen, während die Väter sich mit dem Gepäck abmühten.
Michael konnte sich noch gut an seine ersten Eindrücke von Esperance erinnern, als er damals an Land gegangen war. An seine Unsicherheit, seine Anspannung und seine Angst – genau dasselbe würden diese Menschen jetzt auch empfinden. Michael hätte ihnen gerne die Angst genommen und ihnen erzählt, was für aufregende Dinge sie erwarteten, aber er war zu nervös.
Er suchte die Menge nach Grace ab, konnte sie aber nicht entdecken. Er näherte sich dem Schiff, als eine Gruppe von fünf Damen mit breiten Hüten und feiner Garderobe sich unsicher die Landebrücke herabtastete. Er musterte ihre Gesichter, aber Grace war nicht darunter.
Gleich darauf spürte er eine Berührung an seinem Ellenbogen und vernahm eine weiche Stimme an seinem Ohr.
»Hallo, Michael. Es ist schon eine Zeit lang her.«
Er wandte sich um und sah in das Gesicht von Grace. Ihre Schönheit verschlug ihm den Atem. Sie hatte sich in den vergangenen zwei Jahren sehr verändert. Ihre helle Haut hatte eine leichte Bräune angenommen von der Überfahrt auf dem Schiff, und ihre Nase war bedeckt von lauter Sommersprossen. Ihre leuchtend blauen Augen blickten ernst, jedoch mit einem schelmischen Funkeln. Aber es war ihr bildschönes Gesicht, das ihm die Sprache verschlug und den Mund austrocknete. Ohne die Augen von ihr abzuwenden, hob er die Hand und streichelte mit den Fingern über ihre Wange, wobei ihm auffiel, wie klar ihre Augen waren.
Michael fand schließlich seine Stimme wieder. »Er hat dir doch nicht wehgetan, oder? Mutter hat geschrieben, er hat dich bedroht.«
»Es ist ihm irgendwie gelungen, ins Haus einzudringen. Aber Edward war im Garten und hat meine Hilfeschreie gehört. Danach hat die Familie beschlossen, mich zu dir zu schicken. Ich bin froh, dass du mich aufnimmst. Ich muss gestehen, ich habe nicht damit gerechnet, dich jemals wiederzusehen, nachdem du so plötzlich das Land verlassen hast.«
»Oh, Grace, auch ich habe nicht damit gerechnet, aber ich freue mich sehr, dass du hier bist. Obwohl ich befürchte, dass dir das Leben hier zu beschwerlich sein könnte. Ich besitze nichts außer einem Stück Land, einer kleinen Hütte, ein paar Kühen, Schafen, Hühner und einen Hund. Ich kann dir nicht die Annehmlichkeiten bieten, die du gewohnt bist. Meine Farm liegt sehr abgeschieden. Die wenigen Nachbarn, die ich habe, leben alle weit entfernt, aber wir verstehen uns trotzdem gut.«
»Wir werden die Farm aufbauen. Gemeinsam.« Grace legte die Hand auf seine, und Michael hörte an der Entschlossenheit in ihrer Stimme, dass sie zu diesem Leben bereit war und dass er Kathleen für immer aus seinen Gedanken verbannen musste.
»Gut, wir sollten so rasch wie möglich heiraten. Ich habe für dich ein Gästezimmer reserviert. Die Pension ist gemütlich, nur die Hauswirtin kann manchmal ganz schön streng sein.« Michael erwähnte nichts von der eisigen Reaktion, als er das Zimmer für Grace bestellt hatte, oder den Grund dafür. »Lass uns das kurze Stück zu Fuß gehen. Ich gehe danach zurück und hole dein Gepäck. Dann kannst du dich ausruhen, während ich mich um die Trauung kümmere und Vorräte einkaufe. Wir können direkt nach der Trauung auf die Farm fahren. Ich kann es plötzlich kaum mehr erwarten, dir dein neues Zuhause zu zeigen.«
Grace schenkte ihm zum ersten Mal seit ihrer Ankunft ein Lächeln. »Und ich kann es kaum erwarten, es zu sehen.«
Kapitel 25
2006
D u siehst furchtbar aus. Was ist passiert?«, fragte Adrian, als er vor der Scheune ausstieg.
Amanda zwang sich zu einem Lächeln. »Nichts. Ich habe nur schlecht geschlafen letzte Nacht.«
»Und warum?« Adrian zog besorgt die Stirn kraus.
»Ach, ich habe was Dummes getan.« Amanda machte eine wegwerfende Handbewegung, um die Erinnerung zu verdrängen. »Ich habe mir abends einen Horrorfilm angeschaut. Danach habe ich mir bei jedem Ächzen und Knarren eingebildet, es wären Aliens vom Mars, die auf Kyleena gelandet sind, um mich zu entführen und Experimente mit mir anzustellen.«
»Nun, mein Angebot steht nach wie vor, aber du willst ja nicht.« Adrian grinste. »Trotzdem, vielleicht solltest du dir in Zukunft nicht mehr solche Filme ansehen.«
»Keine Sorge, das war mir eine
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