Unter den Sternen des Südens: Australien-Saga (German Edition)
gedeihen. Michael war froh, dass er diese Aufgabe an Grace abgeben konnte.
Seit Graces Ankunft vor zweieinhalb Jahren bis noch vor wenigen Tagen, bevor ihr Bauch zu groß wurde und sie die schwere körperliche Arbeit auf dem Feld nicht mehr verrichten konnte, hatten sie und Michael Seite an Seite geschuftet, um ihren mittlerweile gemeinsamen Traum zu verwirklichen.
Woche für Woche hatten sie jeden Tag bei Sonnenaufgang gemeinsam die Hütte verlassen und das Land gerodet. Sie hatten Büsche und Sträucher ausgerissen und die Äste und Zweige um die abgestorbenen Bäume aufgeschichtet, bevor sie alles anzündeten und verbrannten.
Beide konnten der ganzen Plackerei auch glückliche Momente abtrotzen. Michael liebte den süßlichen Geruch der brennenden Grasbäume, die sogenannten »Black Boys«, und Grace liebte das Prasseln und Knacken des Feuers, das so hohe Flammen warf, dass es fast aussah, als berührten sie den Himmel.
Gemeinsam hatten sie begonnen, Kyleena zu dem zu machen, was es einmal werden sollte, und am folgenden Tag konnte Michael mit der ersten Aussaat beginnen. Zugleich erwartete er gespannt die Geburt seines ersten Kindes, ein Sohn, wie er hoffte.
Während er sich der Hütte näherte, hob Grace den Kopf – sie musste das Rattern des Pflugs gehört haben – und lächelte. Umständlich richtete sie sich auf und ging ihm entgegen. Michael spürte, wie sein Herz anschwoll vor Liebe, während er Grace beobachtete.
»Bist du fertig geworden?«, rief sie.
»Ja! Die Pferde haben hervorragend gearbeitet! Sie haben kein einziges Mal gebockt oder einen Huf falsch aufgesetzt. Dafür gibt es heute Abend eine extra Ration Hafer und frisches Heu!« Beim Näherkommen bemerkte Michael, dass Grace erschöpft aussah. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, und sie stützte mit einer Hand ihren Rücken, als hätte sie Schmerzen. »Und was ist mit dir, mein Engel? War das Baby heute aktiv?«
»Man könnte meinen, es hätte es eilig, auf die Welt zu kommen.« Grace hakte sich bei ihm ein, und gemeinsam schlenderten sie an den Fluss, um die Pferde zu tränken.
»Soll ich Phyllis Collins informieren?«, fragte Michael, als er seinen beiden Clydesdale-Hengsten das Geschirr abnahm. »Wenn du vor der Niederkunft stehst, sollte sie es erfahren.« Ihre Nachbarin auf der Ostseite hatte Erfahrung als Geburtshelferin.
»Phyllis hat heute Morgen kurz hier vorbeigeschaut, nachdem du weg warst«, antwortete Grace. »Danach ist sie zu den Harpers. Bei Nancy können nämlich auch jeden Moment die Wehen einsetzen. Phyllis glaubt, dass es bei Nancy und mir nicht mehr lange dauern wird.«
Während Michael die Pferde versorgte und in den Stall brachte, gab Grace ihnen Hafer und Heu und trieb anschließend die Hühner in den Stall. Mit einem großen Blumenkohl und Bohnen als Beilagen für das Abendessen und mit ein paar reifen, saftigen Pflaumen zum Dessert betraten sie gemeinsam ihre kleine Hütte, die Arme eng umeinandergeschlungen.
Michael erzählte von der neuen Straße, die geplant war und direkt an ihrem Land vorbeiführen würde. »Ich denke, wir sollten näher an die Straße ziehen. Wir brauchen ohnehin eine größere Scheune für den neuen Dieseltraktor, und unsere Hütte wird zu klein, wenn das Baby da ist. Was meinst du?«
»Ja, es wäre sicher gut, näher an die Straße zu ziehen. Das erleichtert in Zukunft die Fahrt nach Esperance. Aber worin sollen wir wohnen?«
»Wenn wir die neue Scheune errichten, können wir den hinteren Teil zu einem Wohnbereich ausbauen. Wir ziehen einfach Zwischenwände für ein Schlafzimmer oder sogar zwei.«
Grace lächelte. »Stell dir mal vor, zwei Zimmer! Wir müssten nicht mehr in einem Raum kochen, essen und schlafen. « Ihr Blick fiel auf das Feldbett mit der Tagesdecke, die sie aus Getreidesäcken genäht hatte. »Das klingt wunderbar. Wann können wir anfangen?«
»Gleich nach der Ernte«, antwortete Michael, voller Vorfreude auf die Zeit, die vor ihnen lag.
Kapitel 29
A manda verkabelte den Suchscheinwerfer mit der Autobatterie und schaltete ihn ein, um zu überprüfen, ob die Krokodilklemmen richtig saßen. Sie wurde mit einem hellen Lichtstrahl belohnt. Mäuse flohen in dunkle Ritzen, während Amanda die Scheune ableuchtete. Die .243 Winchester ihres Vaters lag auf der Werkbank, gesichert. Die Munition war im Wagen.
Sharna zog ihre Mütze über die Ohren und schlang zitternd die Arme um ihren Körper. »Warum haben wir uns ausgerechnet heute Abend ausgesucht?«, fragte
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