Unter den Sternen des Südens: Australien-Saga (German Edition)
sie, während die kalte Nachtluft sie umfing.
»Es ist dunkel, es gibt keinen Mond, und in den anderen Nächten ist es genauso kalt«, erklärte Amanda geduldig. »Das härtet ab!«
»Du könntest mir wenigstens anbieten, dass du meinen Platz auf der Pritsche hinter dem Scheinwerfer einnimmst.«
»Nur wenn du mir anbietest, den Abzug zu drücken. Wir können gerne tauschen, wenn du willst.«
Daraufhin kletterte Sharna auf die Ladefläche, und der Wagen neigte sich ein wenig zur Seite. Dann streckte sie die Hand nach dem Suchscheinwerfer aus. »Nein, danke, das Schießen überlasse ich lieber dir. Wo hast du das eigentlich gelernt?«
»Meine Mutter hat es mir beigebracht. Wir mussten immer heimlich üben, damit Dad nichts davon mitbekam. Er hätte sicher etwas dagegen gehabt. Mum war eine gute Schützin. Wir haben auf Coladosen gezielt, hinten auf der Wiese. Meine Mutter traf aus hundertfünfzig Schritt Entfernung, obwohl sie nur selten schoss. Die Gewehre gehörten alle Dad. Er hat sie von seinem Vater geerbt, und er konnte es nicht leiden, wenn ein anderer sie benutzte.«
»Nun, ich hätte nichts dagegen, wenn du mir das Schießen beibringst.«
»Okay, aber nicht mit der Winchester. Der Rückstoß würde dich nach hinten auf den Boden katapultieren, und das kann böse Prellungen geben. Für den Anfang nehmen wir lieber ein kleines 22er, und wir werden natürlich bei Tageslicht üben.« Amanda stieg in den Pick-up. »Okay, du weißt, wonach du Ausschau halten musst?«
»Nach Füchsen, die es auf deine trächtigen Zuchtschafe abgesehen haben«, antwortete Sharna.
»Genau. Okay, halt dich fest!« Amanda setzte rückwärts aus der Scheune und machte sich auf den Weg zu ihrer geliebten Zuchtherde.
Durch die Dehydratation der Tiere war es zu einigen Fehlgeburten gekommen. Amanda hatte die winzigen Föten aufgesammelt und im Busch vergraben, wobei sie sich schwor, dass so etwas nie wieder passieren durfte. Es war nicht nur eine finanzielle Verschwendung, sondern auch eine Verschwendung von Ressourcen – die Mutterschafe konnten erst wieder in einem Jahr besamt werden, und Amanda musste auch die Tiere ohne Lämmer durchfüttern und dabei immer daran denken, dass sie diesen Verlust durch ihre eigene Nachlässigkeit zu verantworten hatte. Sie war fest entschlossen, weitere Verluste zu verhindern, soweit es in ihrer Macht stand. Und Füchse liebten neugeborene Lämmer.
Einige Tage zuvor hatte Amanda bei einem Rundgang auf der Koppel, auf der ihre Mastschafe weideten, ein totes Mutterschaf entdeckt, das von hinten gerissen worden war – ein sicheres Zeichen, dass Füchse sich in der Gegend herumtrieben. Und obwohl White Suffolks es einem einzelnen Fuchs ziemlich schwer machen konnten, indem sie sich wehrten und mit den Hufen schlugen, hatten sie keine Chance, ihre Lämmer zu beschützen, wenn die Füchse zu zweit angriffen, vor allem nicht, wenn sie Zwillinge oder Drillinge zu verteidigen hatten.
Amanda hatte beobachtet, wie Füchse zusammenarbeiten. Einer lenkte die Mutter ab, der andere lauerte in der Dunkelheit. Während die Mutter sich auf den Fuchs konzentrierte, den sie sehen konnte, schlich der zweite aus seiner Deckung und schnappte sich ein Junges. Das Schaf merkte erst, dass es ein Lamm verloren hatte, wenn es ein angsterfülltes Blöken hörte und danach nichts mehr. Wie die meisten Züchter hasste Amanda Füchse. Sie waren grausam und unerbittlich auf ihrer Jagd nach Nahrung.
Amandas Blick folgte dem Suchscheinwerfer, den Sharna langsam herumschwenkte, und sie hielt Ausschau nach Fuchsaugen, die in der Dunkelheit rot glühten.
Nachdem sie eine halbe Stunde langsam über die Weide gefahren war, hörte sie ein leises Klopfen auf dem Wagendach. Sie hielt an und steckte den Kopf aus dem Fenster.
»Wo ist er?«, fragte sie.
»Drei Uhr, ungefähr zweihundert Meter entfernt.«
Amanda blickte hinaus in die angegebene Richtung und entdeckte ein Augenpaar. Sie legte das Gewehr an und nahm es ins Visier. Der Fuchs bewegte sich ein Stück nach links. Er schien etwas gehört zu haben. Amanda zielte sorgfältig und drückte den Abzug durch.
Der Schuss hallte laut durch die Nacht und schreckte ein paar Kiebitze auf, die kreischend in der Luft flatterten, aber gleich darauf war ein dumpfer Aufschlag zu hören, und Amanda wusste, dass sie ihr Ziel getroffen hatte. Sie legte den Gang ein und fuhr zu der Stelle, wo der Fuchs lag.
Sharna beugte sich seitlich über die Pritsche, sah auf den leblosen Körper hinunter
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