Unter den Sternen des Südens: Australien-Saga (German Edition)
in Roses Bauchnabel, die sich kichernd in Kathleens Armen bog.
»Ich hoffe, du erinnerst dich später noch daran, mein Baby«, murmelte sie und sog den süßen Duft von Roses weicher Haut ein.
»Na komm. Höchste Zeit, dass wir dich anziehen.«
Rose stand schließlich still und ließ sich von ihrer Mutter das Kleid über den Kopf streifen. Dann nahm Kathleen das zusammengeknotete Laken und ihren Koffer und verließ die Pension erhobenen Hauptes.
Wenige Stunden später bestieg sie mit tränenüberströmtem Gesicht den Zug nach Esperance, alleine.
Wund geweint und leer kam Kathleen schließlich in Esperance an. Ihre Tränen waren längst versiegt und einer Trostlosigkeit gewichen, einer Seelenqual, die sie noch nie zuvor gefühlt hatte.
Als sie die vertrauten Norfolktannen an der Küste sah und die Boote im Hafen, stiegen zahlreiche Erinnerungen in ihr hoch. Erinnerungen an glückliche Zeiten mit Thomas und ihrer Mutter. An die traurige Zeit, als ihr Vater gestorben war. An die schöne Zeit zusammen mit Michael. Sie versuchte ihn sich vorzustellen – nicht dass er nicht ohnehin präsent wäre in ihren Gedanken –, und urplötzlich überkam sie Wut. Am liebsten hätte sie irgendwo dagegengeschlagen, aber die Wut verflog so rasch, wie sie gekommen war.
Als Kathleen ihr altes Zuhause erreichte, war sie kurz beunruhigt, nachdem sie den Zettel an der Tür gelesen hatte. Sie fragte sich, warum die Pension geschlossen war. Aber gleichzeitig war sie froh darüber, weil sie so unbemerkt ihre Nachricht unter der Tür durchschieben konnte.
Danach ging sie am Gartenzaun entlang und spähte durch ein Astloch, um zu sehen, ob Winkie, ihr Pferd, noch dort war.
Winkie stand im Stall, zusammen mit zwei anderen Pferden, die sie nicht kannte. Sie schlich zur Rückseite und kletterte über den Zaun. Sie redete leise mit Winkie, während sie ihm das Zaumzeug anlegte und die Trense ins Maul schob. Sie legte eine Satteldecke über seinen Rücken, dann den Sattel, zog den Gurt straff, nahm die Zügel in die Hand und führte das Pferd aus dem Stall, über die Wiese und ein Stück in den Busch hinein, wo man sie nicht sehen konnte. Dann stieg sie auf und ritt in Richtung Kyleena. Sie musste Michael ein letztes Mal sehen.
Die Scheune war beleuchtet mit Petroleumlampen, als Kathleen die Farm erreichte. Sie hatte Winkie zuvor an einem Baum an der Straße festgebunden und war den Rest zu Fuß gegangen. Staunend nahm sie die Veränderungen wahr, die Michael geschaffen hatte, seit sie das letzte Mal hier war. Gleich darauf stockte ihr der Atem, als sie die Schaukel entdeckte und den gepflegten Garten. Auf der Farm lebte eine Frau. Und ein Kind. Damit hatte sie nicht gerechnet.
»Nein«, flüsterte sie und sank in die Knie.
Sie pirschte sich vorsichtig an die Scheune heran, lautlos, abgesehen vom Rascheln ihrer Röcke. Dann spähte sie durch ein Fenster ins Innere.
Michael saß da, die Beine übereinandergeschlagen, und auf seinem Fuß hockte rittlings ein kleines Kind. Sie spielten hoppe, hoppe Reiter. Michaels Lächeln sagte Kathleen alles, was sie wissen musste. Kathleen Cramm war vergessen. Sie wollte sich gerade wieder abwenden, als eine Frau auf der Bildfläche erschien, einen Topf in den Händen. Kathleen sah, dass sie schwanger war.
Sie unterdrückte ein Schluchzen und lief los zu der alten Hütte, wo sie die Nacht verbrachte. Ihr verzweifeltes Weinen hörten nur die Dingos und Eulen. Im Morgengrauen ging sie an den Fluss, setzte sich eine Weile auf die Felsen und lauschte der Strömung. Offenbar hatte es in dieser Saison viel geregnet, weil der Fluss reichlich Wasser führte, das in hohem Tempo floss.
Kathleen zog ihre Stiefel aus und stand auf, um aus ihrem Kleid zu schlüpfen. Sie spürte die Härte des Granits unter ihren Füßen, während sie sich langsam dem Wasser näherte.
Sie ging weiter und weiter und gab sich schließlich auf in der rauschenden Flut.
Kapitel 43
A manda saß an ihrem Computer, Mingus zu ihren Füßen. Draußen heulte der Wind, und der Regen peitschte gegen das Haus. Hin und wieder ließ eine besonders heftige Böe die Wände wackeln, und Mingus hob den Kopf und spitzte die Ohren.
Amanda suchte im Internet nach Informationen über das Naturschutzgebiet mit der alten Hütte, aber ohne Erfolg. Sie seufzte auf und trommelte mit den Fingern auf dem Schreibtisch. Tante Di und Onkel James hatten nichts von der Hütte gewusst, aber James hatte ihr vorgeschlagen, einen Notar zu beauftragen, um die
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