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Unter den Sternen von Rio

Unter den Sternen von Rio

Titel: Unter den Sternen von Rio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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Carvalho, Senhor António, das ist Dona Alma, meine Großmutter.« Über die Frau an Antónios Seite verlor sie bewusst kein Wort.
    »Sehr erfreut«, sagte Dona Alma und reichte António ihre Hand mit dem Charme einer Frau, die sehr viel jünger und sich ihrer Wirkung auf Männer gewiss ist.
    Er hauchte einen angedeuteten Handkuss darauf und meinte: »Schönheit liegt bei Ihnen in der Familie, meine Damen.«
    Ana Carolina hätte ihn für diese Heuchelei erwürgen können.
    »Und wer ist die zauberhafte Dame an Ihrer Seite?«, begehrte Dona Alma zu wissen.
    »Das ist meine Schwester, Laura Carvalho«, stellte António die schöne Frau vor, die nun ihrerseits allen die Hand reichte und vor Dona Alma sogar einen Knicks machte.
    Seine Schwester? Ana Carolina sah noch einmal genauer hin.
    »Sie sehen einander wirklich sehr ähnlich, ganz erstaunlich«, sagte Dona Alma und fasste damit auch den Eindruck ihrer Enkelin in Worte. Warum hatte Ana Carolina diese Ähnlichkeit nur nicht vorher bemerkt? War sie so von ihrer Eifersucht geblendet gewesen, dass sie das Offensichtliche übersehen hatte?
    »Sie kommen aus Portugal?«, fragte Laura die alte Dame und bereitete ihr damit unwissentlich eine große Freude. Es gab wenig, worüber Dona Alma lieber dozierte als über ihr geliebtes Heimatland. »Sie sprechen mit einem so charmanten Akzent«, fügte Laura dann allerdings noch hinzu.
    »Falsch, meine Liebe. Ich spreche akzentfreies Portugiesisch. Wenn überhaupt von einem Akzent die Rede sein kann, dann bei Ihnen allen, die Sie diese abscheuliche brasilianische Variante unserer schönen Sprache sprechen.«
    Die drei jungen Leute sahen einander betreten an. Keiner von ihnen widersprach gern einer so alten Frau. Das Lachen, mit dem Ana Carolina sonst diese und ähnliche Äußerungen ihrer Großmutter hinwegwischte, war ihr im Halse steckengeblieben. In Antónios Gegenwart war sie nicht sie selbst.
    »Wo ist denn Ihr Verlobter heute?«, fragte António an Ana Carolina gewandt. »Ich hatte ihn hier oben vermutet.«
    »Das hatte ich auch, aber die Baustelle scheint ja mal wieder zu ruhen.« Ana Carolina zwang sich zu einem Lächeln, als sie zurückfragte: »Und Ihre Frau Gemahlin? Wann habe ich die Ehre, sie kennenzulernen?«
    »Sie glauben doch nicht etwa diese ganze Lügengeschichte?«, empörte sich Laura. »Es ist die reinste Verleumdungskampagne, es ist unglaublich! Diese Alice und ihre Familie wollen uns ruinieren!«
    »Bitte?«, kam es leicht irritiert von Ana Carolina.
    »Ich bin«, erklärte António, »das Opfer einer Frau geworden, die für ihre Fehltritte und ihr unerwünschtes Ergebnis«, er warf einen Seitenblick auf Dona Alma, der zuliebe er auf eine deutlichere Sprache verzichtete, »noch einen Verantwortlichen sucht. In mir glaubt sie den idealen Familienvater gefunden zu haben.«
    »Wie entsetzlich!«, bemitleidete Dona Alma ihn.
    »Das kann man wohl sagen«, bestätigte Laura.
    »Ach, lassen Sie uns über etwas anderes reden. Der Tag ist viel zu schön – und die Gesellschaft zu angenehm –, als dass man ihn mit so unerfreulichen Themen ruinieren dürfte«, sagte António.
    »Sie sind also gar nicht verheiratet?«, fragte Ana Carolina.
    António runzelte die Brauen. »Nein, natürlich nicht.«
    »Jetzt lass das Thema endlich fallen, Liebes. Du hast doch gehört, er spricht nicht gern darüber«, mischte Dona Alma sich ein.
    »Natürlich, Großmutter.«
    Während Dona Alma, António und seine Schwester noch eine Weile über dies und jenes plauderten, wobei sie irgendwann feststellten, dass Dona Alma mit dem Großvater der beiden Geschwister befreundet gewesen war, starrte Ana Carolina nur auf den Bodensatz in ihrer Kaffeetasse und schwieg. In ihrem Innern herrschte Aufruhr. Warum hatte Henrique ihr dieses nicht ganz unwesentliche Detail verschwiegen? Warum hatte er es so aussehen lassen, als sei António verheiratet? Hatte er Antónios Anziehung auf Ana Carolina damit schmälern wollen? Wollte er seinen alten Freund für sie unerreichbar erscheinen lassen, um selbst nicht ins Hintertreffen zu geraten? Oder hatte er es wirklich nicht besser gewusst? Henrique hatte in letzter Zeit ja selber keinen engen Kontakt mehr zu António gehabt, vielleicht hatte er daher den Gerüchten Glauben geschenkt.
    Wenn es denn einfach nur Gerede war. Viele Gerüchte hatten einen wahren Kern. Wie also kam diese vermeintliche Ehefrau dazu, António als ihren Ehemann und als Vater ihres ungeborenen Kindes zu betrachten? Irgendeinen

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