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Unter den Sternen von Rio

Unter den Sternen von Rio

Titel: Unter den Sternen von Rio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ana Veloso
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was für eine tolle Rolle ich habe.«
    »Na ja, Klappern gehört zum Geschäft. Aber es wird noch ein bisschen dauern, bis du reich und berühmt bist.«
    »Ich finde trotzdem, dass wir den Vertrag angemessen feiern sollten.«
    »Ja, finde ich auch. Ich habe gedacht, wir gehen mal ins ›Café de la Gare‹ und trinken einen Pastis.«
    »Du bist abscheulich, Augusto. Ich gehe doch nicht in ein x-beliebiges Straßencafé und trinke dort den billigsten Schnaps, den sie haben. Ehrlich, du musst dir dieses kleingeistige Denken abgewöhnen. Geiz ist etwas sehr Hässliches.«
    »Dann nehmen wir eben ein Glas Champagner.«
    »Genau. Und zwar im ›Maxim’s‹.«
    Meine lieben Schwiegereltern,
schrieb Felipe wenige Tage später,
gestern waren Bel und ich im »Maxim’s«.
     
    Dona Neusa warf noch nicht einmal einen Blick auf den Brief, den der Postbote ihr mitsamt einigen anderen Sendungen kommentarlos überreichte. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch keinen Brief bekommen, sämtliche Post, die hier eintraf, war für Felipe. Daher legte sie auch den Packen von heute auf Felipes Schreibtisch, wo er die Post später würde durchsehen können. So kam es, dass die halbe Nachbarschaft bereits darüber informiert war, dass die Familie da Silva einen Brief aus Frankreich erhalten hatte – denn der Briefträger hatte die Briefmarke und den Poststempel sehr genau studiert –, bevor Neusa und Felipe überhaupt etwas davon ahnten.
    Felipe kam, wie immer, sehr spät nach Hause. Neusa stellte ihm schweigend einen Teller aufgewärmte Suppe vor die Nase, setzte sich zu ihm an den Tisch und sah ihm dabei zu, wie er lustlos aß.
    »Schmeckt es dir nicht?«
    »Doch, es ist sehr gut.«
    »Nun ja, so gut wie es eben sein kann, wenn man den ganzen Tag mit Kindern und Greisinnen beschäftigt ist. Deine Mutter muss jetzt gefüttert werden, eine sehr angenehme Beschäftigung, glaub mir. Aber lange nicht so erfüllend, wie sie zu wickeln. Herrlich ist das, so eine alte Frau aus ihren …«
    »Lass mich bitte erst essen, ja?«
    »Ach, dem feinen Senhor ist das Thema nicht appetitlich genug?«
    »Neusa, bitte.«
    »Bitte was?«
    Felipe legte den Löffel neben den halbvollen Suppenteller. »Es reicht.« Er stand auf und verschwand in sein Arbeitszimmer.
    Neusa sah ihm nach und schluckte weitere böse Worte, die sie ihm am liebsten nachgerufen hätte, herunter. Warum war sie nur immer so biestig? Sie war, als Augusto noch regelmäßig bei ihnen gewesen war, so viel freundlicher zu allen gewesen und hatte sich dabei wesentlich besser gefühlt. Warum war jetzt wieder alles beim Alten? Sie hatte sich vorgenommen, weiterhin nett zu Felipe und sogar zu seiner Mutter zu sein, denn ihre umgänglichere Art wurde von allen mit mehr Respekt und Höflichkeit ihr gegenüber belohnt.
    »Neusa? Komm mal schnell her!«, rief Felipe aus dem Nebenraum.
    »Was darf ich Ihnen bringen, Senhor? Womit kann ich Ihnen dienen, der Herr?«
    »Ach, hör doch mal auf mit deinem ewigen Genörgel. Hier, sieh.« Er hielt ihr Augustos Brief hin.
    »Was ist das?«
    »Ein Brief, Frau!«, rief er ungehalten. »Ein Brief von Bel und Augusto aus Paris.«
    »Lies vor.«
     
    Meine lieben Schwiegereltern,
    gestern waren Bel und ich im »Maxim’s«. Das ist ein sehr berühmtes, feines Restaurant, und wir haben uns dort Champagner gegönnt. Ja, da staunen Sie, was? Dona Neusa, es hätte Ihnen gut dort gefallen, es ist sehr elegant, mit Decken aus buntem Glas und mit riesigen Spiegeln überall und Blütenornamenten im dunklen Holz. Und Seu Felipe, es gab richtigen Champagner, Veuve Clicquot, nicht dieses Blubberzeug, das man uns daheim als Champagner andreht. Sie sehen: Uns geht es hier ausgezeichnet. Der Winter war ziemlich schlimm, aber immerhin haben wir echten Schnee gesehen. Er ist nicht so toll, wie alle in Brasilien denken. Aber jetzt ist der Frühling da, und Paris ist wirklich hübsch anzuschauen. Besonders aus unserer Wohnung im sechsten Stock, direkt am Boulevard de Clichy. Wie das schon klingt, toll, oder? Bels Aufstieg zu einer der begehrtesten Bühnenkünstlerinnen der Stadt – wenn nicht der Welt – schreitet unaufhaltsam voran. Demnächst wird sie in einem Film eines großen französischen Regisseurs mitspielen und sehr viel Geld verdienen. Ich darf nicht ohne Eigenlob behaupten, dass auch ich zu ihrem Erfolg beigetragen habe. Weil ich mich dabei so gut angestellt habe, wollen jetzt auch andere von mir vertreten werden, also kann ich mich mit Fug und Recht als

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