Unter der Haut (German Edition)
Einverständnisses gab. Frank fand das alles unerträglich und trat mit dreiundfünfzig von seinem Amt zurück. Wäre er geblieben, hätten ihm noch weitere zwölf Jahre im öffentlichen Dienst bevorgestanden. Er trat in die Firma eines alten Kameraden aus dem Sports Club, eines gewissen Chippy Pringlewood, ein, die Guardian Trust hieß, und sie arbeiteten gemeinsam freiberuflich für das Oberste Gericht.
Frank war im fortgeschritteneren Alter ein frustrierter Mann, der sich offen gegen die Eingeborenenpolitik stellte. Wenn man seine Reformvorschläge und die von Männern wie ihm aufgegriffen hätte, wäre die Geschichte Simbabwes anders verlaufen. Zum Beispiel hätte es dann eine Menge Schwarze mit Verwaltungserfahrung gegeben.
Kapitel Einundzwanzig
Ende 1948 geriet plötzlich alles in Bewegung. Gottfried erhielt die britische Staatsbürgerschaft und ich ebenfalls. Bei der Beschreibung dessen, was ich empfand, als ich durch meine Heirat die britische Staatsbürgerschaft verlor und sie erst wieder neu beantragen musste, kann man gar nicht übertreiben. Meine Gefühle damals reichten sehr viel tiefer, als sie in Worten oder Tränen oder – ja, worin eigentlich? – zum Ausdruck hätten kommen können. Prozesse solcher Art laufen völlig unsichtbar und jenseits von allem Verstehen ab. Ich wurde, was meinen britischen Pass betraf, von Gefühlen überwältigt, bei denen der beschränkteste Patriot in Jubelschreie ausgebrochen wäre. Das entsprechende Gesetz ist in der Zwischenzeit abgeändert worden. Wir leiteten damals gleich das Scheidungsverfahren ein. Da Gottfried in Juristenkreisen ja großes Ansehen genoss, handelte es sich um eine Formalität, die schnell abgewickelt werden konnte, obwohl die Gerichte mit einer Unmenge von Kriegsscheidungen belastet waren. Ich hatte ihn verlassen oder er mich, das habe ich vergessen, aber wir lebten weiterhin zusammen. Es hätte keine angenehmere Lösung geben können. Ich sollte das Sorgerecht für das Kind haben, bis der Junge fünfzehn war, dann sollte es Gottfried bekommen, beide Elternteile sollten das Kind jederzeit sehen können, und Gottfried sollte monatlich eine kleine Summe für seinen Unterhalt bezahlen – das war etwas, worauf er aus irgendwelchen juristischen Gründen bestand. Wir gingen beide davon aus, dass Geld kein Thema sein würde, da wir beide in derselben Stadt, nämlich in London, leben und beide verdienen würden. Diese Scheidungsbedingungen finde ich auch heute noch gut. Damals wurde es in fortschrittlichen Kreisen als selbstverständlich vorausgesetzt, dass Scheidungsverfahren in gegenseitigem Einvernehmen über die Bühne gingen. Sie waren ja ohnehin nur eine vom Gesetz geforderte Formalität, und das Gesetz ist, das versteht sich von selbst, lediglich ein Hohn. Wenn ich sehe, wie viel Habgier und Rachsucht in den Scheidungsbedingungen zum Ausdruck kommen, die heutzutage – natürlich immer im Namen des Fortschritts – von Feministinnen gefordert werden, dann muss ich sagen, dass mir unsere Generation besser gefällt.
Wir hatten damals beide nicht viel mehr Geld als das, was unsere Schiffspassage nach England kostete. Gottfried hatte buchstäblich aus dem Nichts eine angesehene und prosperierende Anwaltskanzlei aufgebaut, doch als Gegenleistung dafür hatte er nie auch nur ein freundliches Wort zu hören bekommen. Ich hatte meinen Lohn als Parlamentsschreibkraft durch kleinere Beträge, die ich mit meinen Kurzgeschichten verdiente, aufgebessert.
Die
Afrikanische Tragödie
war von einem Johannesburger Verlag gekauft worden. Als Juliet O’Hea von der Agentur Curtis Brown in London den Vertrag sah, bekam sie einen Wutanfall, tobte, dass man den Verleger als Kriminellen entlarven müsse, und schickte ihm ein in diesem Sinn abgefasstes Telegramm. In dem Vertragsentwurf sollte der Verleger zum Beispiel fünfzig Prozent der Autorentantieme erhalten. Wie mir später zu Ohren kam, gab er als Begründung dafür an, dass es sich um ein riskantes Buch handele, für dessen Veröffentlichung er belohnt werden wolle. Dabei hatte er noch keinerlei Anstalten gemacht, das Buch tatsächlich zu veröffentlichen, und trat die Rechte daran in dem Moment wieder ab, als er Juliets Telegramm erhielt. Von einem Vorschuss war sowieso nie die Rede gewesen. Juliet verkaufte das Buch fast sofort an Michael Joseph.
Ich sollte mit dem Kind nach England vorausreisen, und sobald Gottfried nachkäme, würde er sich eine gute Stellung suchen und zum Unterhalt
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