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Unter der Haut (German Edition)

Unter der Haut (German Edition)

Titel: Unter der Haut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Lessing
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würden, und ich bin sicher, dass sie sich heimlich freute, weil ich dann ja einen netten Engländer heiraten konnte. Sie meinte, sie sei froh, dass mein Vater tot sei, denn diesen neuerlichen Schlag hätte er nicht verkraftet. Sie war zu dem Ent- schluss gekommen, dass es eine gute Sache wäre, wenn sie bei mir wohnte und mein Leben organisierte, weil ich immer so unzuverlässig und unverantwortlich war. Doch eigentlich wollte sie viel lieber bei meinem Bruder wohnen und sein und Monicas Leben organisieren. Und sie sah absolut keinen Grund, warum sie es nicht tun sollte.
    Harry und ich waren so grausam, wie erwachsene Kinder es oftmals sind. Wir rieten ihr, wieder zu heiraten. Es gab einige nicht unbedeutende Männer, die das wollten und mit denen Harry und ich einverstanden gewesen wären. Sie sagte: »Aber wie könnte ich jemand anderen heiraten, nachdem ich mit eurem Vater verheiratet war?« Sie sagte: »Wenn man einmal so richtig mit jemandem verheiratet war, dann kann man nicht wieder heiraten.« Eine Betrachtungsweise der Ehe im Allgemeinen oder ihrer eigenen Ehe, die heutzutage wahrscheinlich nicht mehr viele Menschen nachvollziehen können. Sie war erst Anfang sechzig, eine hübsche, gut gekleidete Frau mit trockenem Humor, tüchtig, praktisch und voller Energie. Sie lebte nicht anders, als sie auch in England gelebt hätte: Sie setzte sich für wohltätige Zwecke ein und besuchte nette Leute. Allerdings lud man sie nie ins Government House ein, wovon sie immer geträumt hatte. Frank half ihr, genau wie Gottfried, mit Ratschlägen in Geldangelegenheiten. »Es ist schon komisch«, sagte sie immer mit dem kurzen, trockenen Schniefen, mit dem sie auf eine Ironie des Schicksals reagierte, »dass Frank und Gottfried so gut mit Geld umgehen können und du so ein hoffnungsloser Fall bist«.
    Was sie damit wirklich sagen wollte, war: »Ich verstehe nicht, warum du dich nicht um deine Zukunft kümmerst, um Sicherheit, um ein paar äußere Dinge. Und warum gibst du dich nur damit zufrieden, in einer dermaßen reizlosen Umgebung zu leben?« Doch Frank, mit dem ich in verschiedenen, wenig komfortablen Wohnungen gelebt hatte, war jetzt ein Ausbund an Anpassung. Sie war verwirrt. Und ich auch. Als ich Frank kennenlernte, hatte er behauptet, alles zu verachten, was auch nur im Entferntesten als »bürgerlich« zu bezeichnen war, angefangen von Hypotheken bis hin zur ehelichen Treue.
    Wenn jemand die dreißig noch nicht erreicht hat, kann er sich kaum vorstellen, dass seine Freunde, diese Tagediebe und Abenteurer, diese oft wenig zielstrebigen, unbeholfenen oder revolutionären Gefährten oder Spielkameraden, eines Tages Stadtväter und -mütter sein werden und die Stützen der Gesellschaft. Frank, den ich noch nicht einmal zehn Jahre zuvor kennengelernt hatte, als er noch ein ganz kleiner Beamter gewesen war, steuerte inzwischen auf die vierzig zu und kletterte auf der Karriereleiter steil nach oben. Er wurde später protokollführendes Mitglied des Obersten Gerichts. Danach war er Staatssekretär im Justizministerium. Als er Staatssekretär für Fragen der Landwirtschaft der Eingeborenen wurde, war seine Politik für die Zeit zu fortschrittlich. Er tat alles in seiner Macht Stehende, um die Zahl der eigenständigen schwarzen Farmer zu erhöhen. Als Simbabwe die Unabhängigkeit erlangte, hatte die große Anzahl an ausgebildeten und erfahrenen Männern (und auch Frauen) zur Folge, dass die Landwirtschaft der Schwarzen in Simbabwe erfolgreich war, während benachbarte Länder mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten. Minister für afrikanische Landwirtschaft war Graham, Duke of Montrose, »ein strohdummer Kerl«. Diese Kurzbiografie seines Vaters diktierte mir John Wisdom 1992 ; er war stolz auf seinen Vater, auch wenn es ihm schwerfiel, mit ihm auszukommen: Der Minister fand keinen Gefallen an Franks fortschrittlichen Ideen und auch nicht an den anderen Männern im Ministerium, die mit Frank konform gingen. Frank wurde »zurück« auf den Posten des Staatssekretärs im Justizministerium »befördert« und dann später durch eine Beförderung nach oben in den Ausschuss für den öffentlichen Dienst kaltgestellt. Mehrere Mitglieder dieses Ausschusses erhoben Einspruch gegen eine Politik, die verhinderte, dass schwarze Beamte jemals über einen bestimmten Dienstgrad hinauskamen: Der viel zitierte »Plafond« war hier in Form eines Gesetzes deutlich sichtbar vorhanden und nicht nur etwas, das es in Form eines schweigenden

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