Unter der Haut (Hauptkommissar Leng ermittelt) (German Edition)
Spaziergang. Am Nachmittag ging ich zuerst in die Sauna und ließ mich anschließend massieren.“
„Wann hat Dr. Riegert Sie erreicht?“
„Er hatte eine Nachricht hinterlassen, die mir ausgehändigt wurde, als ich von meinem Spaziergang zurückkam. Ich rief ihn sofort an und erfuhr, was passiert war.“
„Und trotzdem sind Sie dann nicht sofort nach Köln zurück gefahren?“ Prados Frage wirkte wie ein Fausthieb.
Sie sah ihn mit vorwurfsvollem Blick an. „Ich befand mich in keiner guten Verfassung. Auf keinen Fall wollte ich mich hinters Steuer setzen.“
„Stattdessen haben Sie den Masseur Ihres Vertrauens aufgesucht?“
Für diese Bemerkung handelte sich der Kommissar einen weiteren vorwurfsvollen Blick ein. „Der Masseur ist auch geschult in Trauerarbeit“, sagte sie scharf.
„Früher nannte man so etwas Witwentröster“, dachte Leng. Laut fragte er hingegen: „Wie war denn das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Mann?“
„Ich muss doch sehr bitten“, protestierte sie. „Ich wüsste nicht, was das mit der Aufklärung des Falles zu tun haben soll.“
„Alles kann wichtig sein, auch wenn es für Außenstehende noch so unbedeutend scheinen mag; aber um Ihre Frage zu beantworten: Je besser sich Ehepartner verstehen, umso mehr vertrauen sie sich an. Meine Frage zielte darauf ab, in Erfahrung zu bringen, ob Ihr Mann vielleicht Konkurrenten oder Feinde hatte.“
„Dazu kann ich Ihnen nichts sagen. Wenn es sie gab, hat er nicht darüber geredet oder es nicht einmal gewusst. Außerdem bringen solche Menschen einander ja nicht gleich um.“ Sie stand abrupt auf. „Ich muss Sie jetzt bitten, zu gehen. Eine Beerdigung zu organisieren erfordert eine Menge Zeit und Kraft.“
Die beiden Kommissare blieben trotz der Aufforderung sitzen, was Klara Burghausen irritierte. Sie schien nicht daran gewöhnt zu sein, dass man sich ihren Anweisungen widersetzte.
„Sie haben mehr Zeit, als Sie glauben“, versicherte ihr Prado, wobei er sich in seinem Sessel gemütlich zurücklehnte und die Arme ausbreitete, um anzudeuten, dass er gar nicht daran dachte, sich hinausbugsieren zu lassen. „So lange wir die Leiche nicht freigeben, wird Ihr verstorbener Mann auch nicht beigesetzt. Und wenn sich alle so entgegenkommend zeigen wie Sie, kann es noch eine Weile dauern, bis wir den Mörder gefasst haben.“
„Ich habe Ihnen alles ges agt, was es zu sagen gibt“, entgegnete sie eisig.
„Und doch haben Sie meine Frage noch nicht beantwortet“, hakte Leng nach, dem das forsche Vorgehen seines Kollegen ausnahmsweise gefiel. Vielleicht war es ja sogar die einzige Möglichkeit, diese Frau aus der Reserve zu locken.
„Welche Frage?“
„Ich hatte Sie nach dem Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Mann gefragt.“
„Das war normal.“
„Sie wollen mir doch nicht dreißig Ehejahre mit drei Worten beschreiben.“
„Ich weiß überhaupt nicht, was Sie von mir hören wollen?“
„Die Wahrheit“, sagte Leng schneidend.
„Sie glauben doch wohl nicht, dass ich etwas mit dem Tod meines Mannes zu tun habe?“ rief sie entrüstet.
„Wenn Sie sich so unkooperativ aufführen, machen Sie sich verdächtiger, als Sie es zum jetzigen Zeitpunkt sind.“
„Ich kann nur wiederholen, dass unser Verhältnis normal war. Natürlich haben wir uns nach all den Jahren nicht mehr wie frisch Verliebte aufgeführt, aber wir hatten eine von Respekt und Freundschaft getragene Beziehung. Reicht Ihnen das?“
„Wer wohnt noch hier im Haus?“ wollte Leng wissen. Diese plötzliche Richtungsänderung bei der Befragung schien die Hausherrin zu verwirren.
„Ich wohne hier ganz allein mit meinem Mann“, antworte sie und korrigierte sich dann, nachdem ihr aufgefallen war, dass ihre Bemerkung nicht mehr stimmte. „Einmal in der Woche haben wir Besuch von unserer Tochter, die in Münster wohnt. Eine Putzfrau kommt zweimal in der Woche und eine Köchin einmal, die allerdings auch auf Abruf zur Verfügung steht.“
„Haben Sie schon mit Ihrer Tochter gesprochen?“
„Natürlich. Sie ist heute früh mit dem Schnellzug nach Bad Ems gekommen und hat das Auto zurückgefahren. Sie wollte mir nach diesem Schock nicht zumuten, allein zu sein.“
„Und wo ist Ihre Tochter jetzt?“
„Sie macht Besorgungen, kauft Lebensmittel ein. Sie wird wohl einige Tage bei mir bleiben, damit ich mich in dem großen Haus nicht so verloren fühle.“
„Wir möchten, dass Sie die Leiche in den nächsten Tagen identifizieren.“ erklärte ihr Leng
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