Unter deutschen Betten
dem Tisch lag Geld. Ich nahm es und zählte: 500 DM.
Ich fragte, wo der Rest sei.
Seine Antwort war ein gelangweiltes: »Mehr habe ich nicht.«
Dieser Mann widerte mich einfach nur an. Ich wollte mit ihm nichts mehr zu tun haben.
Also drehte ich mich um, schob meinen Vater wortlos hinaus und schloss die Tür hinter mir. Für immer.
Ich habe heute das Gefühl, damals zehn Monate lang im Gefängnis gewesen zu sein. Es war schrecklich gewesen.
Noch heute bekomme ich Beklemmungen, wenn ich an diese Zeit zurückdenke. Ich hatte Angst gehabt, war ausgeliefert gewesen und in vielerlei Hinsicht missbraucht worden.
Aber ich bin gegangen.
Ich bin kein Opfer geblieben, sondern habe mich befreit.
Dass ich das jederzeit kann, weiß ich seitdem.
Nachspiel
E in Jahr später traf ich Birgit, Gargamels Ex-Frau, zufällig auf der Straße. Sie bat mich um meine Handynummer. Wenn sie Hilfe bräuchte, würde sie mich anrufen. Ein paarmal half ich ihr noch, bei Geburtstagsfeiern aufzuräumen und sauber zu machen.
Da war sie auf einmal eine ganz andere Person!
Sie erlaubte mir sogar, bei ihr zu essen.
Auch mit Alexandra hatte ich am Ende ein gutes Verhältnis.
Ich besuchte sie ab und zu. Aber mittlerweile ist sie groß und braucht mich nicht mehr.
Als ich Magdalena ein gutes Jahr später mit ihrem Freund in der Fußgängerzone traf, erzählte ich ihr, dass ich eine neue Arbeit hätte und nicht mehr bei Gargamel wohnte.
Mit einem ironisch-verächtlichen Lächeln gab sie zurück:
»Na, dann hast Du ja jetzt Dein Essen.«
Sie nahm mir immer noch nicht ab, dass ich bei Gargamel fast nichts bekommen hatte. Die Frau, die wie ich aus Polen kam und 15 Kilometer von mir entfernt geboren worden war, hatte mich nicht nur komplett hängenlassen, sondern glaubte mir auch jetzt noch nicht, dass ich die Wahrheit erzählte.
Gargamel traf ich im Schwimmbad wieder. Mein Freund war dabei. Er kannte die Geschichten. Wir schauten uns an und lachten.
So wie Gargamel mit seinen Freundinnen am Esstisch über mich gelacht hatte.
Es tat gut.
Manchmal fahre ich an der alten Villa vorbei.
Sie steht noch. Aber ob noch etwas drin ist, weiß ich nicht genau.
Zur Putzfrau
D er Job im Bistro war okay.
Es gab da nur Getränke und Karten spielende Männer. Hauptsächlich Türken.
Wer etwas zu essen haben wollte, konnte bei mir bestellen. Ich lief dann zu einer Pizzeria oder Dönerbude und überbrachte die nahrhafte Fracht an den Tisch. Zusammen mit einem Tee oder einem Bier.
Die Männer spielten meist den ganzen Abend Karten. Wer verloren hatte, musste die Rechnung bezahlen.
Ich bekam nie Trinkgeld. Es war offenbar nicht üblich, der Bedienung etwas zu geben.
Die Gäste waren dagegen sehr geneigt, von mir etwas zu bekommen: Aufmerksamkeit, Dates oder meine Telefonnummer. Manche wurden sehr zudringlich, aber ich war einfach froh, dass ich endlich für meine Arbeit bezahlt wurde.
Ich hatte ein Dach über dem Kopf und einen freundlichen Chef. Was wollte ich mehr? Ich war glücklich. Endlich hatte ich mein eigenes Geld.
Meine Schicht begann ich um die Mittagszeit; meistens gegen 13 Uhr. Zwölf Stunden später war ich fertig.
Einen freien Tag gab es nicht.
Aber wenn ich wollte, konnte ich zwischendurch auch mal eine Stunde in die Stadt gehen und mich mit Freunden treffen.
Das tat ich fast jeden Tag.
Mein anfängliches Glücksgefühl über die neu gewonnene Freiheit wich nach einigen Wochen einer gewissen körperlichen Erschöpfung. Wenn ich nachts um eins mit der Arbeit fertig war, konnte ich nicht gleich schlafen. Vor drei ging ich selten zu Bett.
Die restlichen neun Stunden waren auf Dauer einfach zu wenig zum Schlafen, Einkaufen, Kochen, Saubermachen und Freundetreffen.
Mein Leben bestand eigentlich nur noch aus Arbeit.
Zeitmäßig schrubbte ich die Arbeitswoche eines Topmanagers herunter. Leider nicht gehaltsmäßig …
Ich war mehr als 80 Stunden pro Woche im Bistro und hatte bald das Gefühl, ausgebrannt zu sein.
Das schaffte ich auf Dauer einfach nicht. So wurde mir klar, dass ich mir mittelfristig etwas anderes suchen musste, um meinen Lebensunterhalt in Deutschland zu verdienen, denn dass ich hier bleiben wollte, hatte ich mittlerweile beschlossen.
Weil ich hörte, dass viele Polinnen eine Putzstelle hätten, wollte ich mir auch eine suchen.
Bevor ich im Bistro anfing, hatte ich ein paar Jungs in der Stadt kennengelernt. Albaner.
Meine Schwester und ich hatten auf einer Bank
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