Unter die Haut: Roman (German Edition)
sie kühl. Plötzlich hatte sie es satt, ständig Entschuldigungen dafür zu finden, dass er sich in letzter Zeit ihr gegenüber so merkwürdig distanziert verhielt. »Ich kann dir gar nicht sagen, was für eine Beruhigung das ist.« Sie schlug die Tür hinter sich zu, als sie seine Wohnung verließ, und gleich darauf hörte er, wie ihre Wohnungstür mit einem lauten Knall an die Wand flog.
Nicht willens, sich weiteren Schuldgefühlen hinzugeben, schaltete er die Rufumleitung aus, so dass ihre Anrufe wieder in ihrer Wohnung ankamen. Es war einer der Tage, an denen er Bereitschaft hatte, und deshalb musste er ans Telefon gehen können, wenn es klingelte. Dann begann er, in seiner Wohnung auf und ab zu laufen.
Überall lauerten Fallen, und er hatte das Gefühl, ein falscher Schritt genügte, und er würde sich kopfüber an einem Seil baumelnd wiederfinden. Ivy sagte ihm immer wieder, dass sie ihn liebte, und jedes Mal, wenn diese Worte über ihre Lippen kamen, wurde sein Verlangen, sie zu hören, größer und band ihn noch fester an sie.
Alles, was sie betraf, schien auch ihn zu betreffen. Er hätte es gern abgestritten, aber es ging nicht. Verdammt noch mal, da unternahm er jede erdenkliche Anstrengung, um Gesprächen über den Liebeskummer ihres Cousins aus dem Weg zu gehen – und alles, was er damit erreichte, war, dass Ivy anfing, ihn mit anderen Augen zu sehen. Es hatte nicht das Geringste dazu beigetragen, ihn aus der Seifenoper herauszuhalten, aus der ihr Familienleben bestand, so wie es ursprünglich seine Absicht gewesen war. Trotz all seiner Bemühungen schien er sich mit jedem Tag tiefer darin zu verstricken.
Und welcher Teufel hatte ihn geritten, als er Terry Pennington angeboten hatte, Jaz’ neueste Flamme durch den Computer auf dem Revier laufen zu lassen? Ursprünglich hatte er es für eine gute Idee gehalten, aber als Terry vergangene Nacht angerufen hatte, um ihm den Namen des Kerls durchzugeben, hätte Vincent am liebsten laut geflucht. Jetzt musste er sich am Montagmorgen auch noch die Zeit abknapsen, eine Suche nach diesem Clown durchzuführen. Als ob er nicht schon genug zu tun hätte.
Scheiße. Er konnte es nicht fassen, wie es eine langbeinige Rothaarige – die zu allem Überfluss einen Haufen schwieriger Verwandter im Schlepptau hatte – so leicht schaffte, sein Leben auf den Kopf zu stellen. Es war so schön geordnet gewesen.
»Dein Leben war langweilig, Alter«, erklärte ihm Keith unverblümt. »Langweilig und festgefahren.«
»Ach zum Teufel«, sagte Vincent missmutig. »Ich hätte mir eigentlich denken können, dass du das nicht verstehst.«
»Oh, ich verstehe es sehr gut. Du bist bis über beide Ohren verliebt und machst dir deshalb vor lauter Angst in die Hose.«
»Blödsinn.« Vincent warf einen Blick durch die offene Schiebetür nach draußen und wandte sich dann wieder seinem Freund zu. »Es ist ein wunderbarer Samstag«, sagte er süffisant. »Solltest du nicht zu Hause sein und den Rasen mähen oder deine Frau flachlegen oder was in der Art?«
»Nee, die hat mich rausgeworfen. Sie veranstaltet ein Kaffeekränzchen, und da habe ich wirklich nichts verloren. Heute Nachmittag gehöre ich ganz dir.« Keith grinste boshaft, weil er wusste, dass das das Letzte war, was Vincent hören wollte. »Hast du ein Bier da?«
Vincent holte zwei Flaschen, und sie gingen damit hinaus auf den Balkon. Im Vorbeigehen deutete Keith auf das Gerät zum Zurückverfolgen von Anrufen, bevor er sich in einen Liegestuhl fallen ließ und fragte: »Hat der Perverse was von sich hören lassen?«
»Nada«, sagte Vincent, und seiner Stimme war die Enttäuschung anzuhören. »Nichts, keinen Pieps.«
»Toll. Das macht die Sache kaum leichter.«
Vincent knurrte zustimmend.
Keith merkte, dass dieses Thema Vincents Stimmung nicht heben würde, deshalb wechselte er zu einem anderen. »Die beiden Frauen, mit denen ich im Aufzug hochgefahren bin, sind Ivys Cousinen, oder?« Als Vincent statt einer Antwort nur mit den Schultern zuckte, fügte er hinzu: »Die kleine Brünette ist ein echter Hingucker.«
»Vermutlich«, erwiderte Vincent gleichgültig mit einem erneuten Schulterzucken. Er starrte auf die Wand, die seinen Balkon und Ivys voneinander trennte. »Ich frage mich, worüber sie da drüben reden.«
»War wohl sauer, als sie ging.« Keith grinste und hob die Flasche an die Lippen. Er trank einen Schluck, und dann fuhr er fort: »Jede Wette, Alter, dass sie gerade deinen guten Namen und deine
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