Unter die Haut: Roman (German Edition)
animalischen, blutrünstigen Laut, der ihm in seiner Wut entfuhr.
Diese gottverdammte, doppelzüngige Hure. Kein einziges ehrliches Wort kam über ihre Lippen. Tat so verständnisvoll. Tat so, als wären sie sich ähnlich, während sie ihn hinter seinem Rücken als Perversen beschimpfte. Schlecht über ihn redete, mit einem Scheißcop zusammenlebte und möglicherweise über ihn lachte. Sie war keinen Deut besser als die anderen. Keinen Deut besser als all die anderen verlogenen, hinterhältigen Weiber.
Oh nein, aber so leicht käme sie ihm nicht davon. Weil sie noch schlimmer war. Tausendmal schlimmer. Und sie würde dafür bezahlen.
Sie würden alle dafür bezahlen.
»Bist du sicher, dass du nicht lieber zu der Tür dort drüben gebracht werden möchtest?«, fragte Terry mit sanfter Stimme, als Ivy vor ihrer Wohnung stehen blieb.
Sie sah von dem Schlüssel, den sie gerade ins Schloss gesteckt hatte, auf. Nachdenklich blickte sie zu der Tür, auf die er deutete. Sie wünschte, sie könnte ihrem Cousin mit einem eindeutigen »Nein« antworten. Aber wenn sie ehrlich war …
Sie zog den Schlüssel wieder heraus, nahm einen anderen in die Hand und ging eine Tür weiter. Sie sperrte sie auf und betrat die Wohnung, hielt aber gleich hinter der Schwelle inne. Bis auf die schimmernden Lichtstreifen auf dem Parkett, die der Vollmond durch die Jalousien warf, war Vincents Wohnung dunkel.
»Nun, so viel zu den innigen Liebesschwüren«, sagte sie mit ausdrucksloser Stimme und versuchte ihre Enttäuschung und ihren Schmerz zu verbergen.
Terry drängte sich an ihr vorbei. »Vincent!«, rief er, obwohl kein Zweifel daran bestehen konnte, dass die Wohnung leer war. Als wenig überraschend keine Antwort kam, drehte er sich zu Ivy um. »Höchstwahrscheinlich hat er dich nicht so bald zurückerwartet«, sagte er, was seiner Ansicht nach auch tatsächlich der Fall war. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, den Liebhaber seiner Cousine insgeheim zu verfluchen und seine sämtlichen Vorfahren dazu. »Du hast dich nicht gerade erfreut über seine Offenbarungen gezeigt«, fuhr Terry fort. »Wahrscheinlich dachte er, dass du die halbe Nacht wegbleibst, um ihm zu beweisen, dass niemand Ivy Pennington herumschubst.« Es hatte ihn wirklich überrascht, wie schnell sich Ivy zum Aufbruch entschlossen hatte, nachdem Vincent die Bar verlassen hatte. Kaum war er außer Sichtweite, war alle aufgesetzte Fröhlichkeit aus ihrem Gesicht verschwunden. Sie hatte nicht einmal etwas dagegen einzuwenden gehabt, dass er sie nach Hause fuhr.
»Im Zweifel für den Angeklagten, Ive«, sagte er. »Jeder, der Augen im Kopf hat, sieht, dass er verrückt nach dir ist.«
Aber seine Worte verhallten ungehört im Flur. Sie hatte auf dem Absatz kehrtgemacht und war in ihre Wohnung stolziert. Bevor er ihr hinterhereilen konnte, hatte sie die Tür von innen zugeworfen.
»Mannomann, was für ein Abend.« Jaz schlüpfte aus ihren Highheels und ging in die Küche. Sie trank ein paar Schlucke Orangensaft aus der Flasche, musterte den trostlosen Inhalt ihres Kühlschranks und klappte die Tür wieder zu.
Was für ein Abend, wiederholte sie im Stillen. Zuerst Ivy, die sich betrank und aufführte wie eine halsstarrige, überalterte Lolita, dann der italienische Hengst – oh verdammt, sie hatte ja versprochen, ihn nicht mehr so zu nennen -, dann also Vincent, der plötzlich auftauchte und sein Herz vor versammelter Mannschaft ausschüttete. Das musste ihn ziemlich viel Mut gekostet haben, auch wenn sie niemals angenommen hätte, dass D’Ambruzzi vor irgendetwas den Schwanz einzog. Und trotz ihrer Vorurteile musste sie zugeben, dass sie von dem Mann beeindruckt war. Zu schade, dass man das nicht von der Person behaupten konnte, die er beeindrucken wollte.
Und zur Krönung des Abends war Jaz klar geworden, dass es sie sehr überraschen würde, sollte sie Tyler Griffus jemals wiedersehen. Irgendetwas hatte auf der Rückfahrt an ihm genagt, und er hatte sie praktisch aus dem Auto geschmissen, nachdem sie vor ihrem Haus angekommen waren. Und wenn sie ehrlich sein sollte, war sie ziemlich erleichtert gewesen, als er davonfuhr. In den letzten Tagen waren sie nicht allzu gut miteinander ausgekommen, und gegen Ende des Abends hatte in seinen Augen ein äußerst merkwürdiger Ausdruck gelegen. Um genau zu sein, seit D’Ambruzzis unerwartetem Auftauchen in der Bar. Oje, war es vielleicht möglich, dass er den Flirt mit Ivy ernst genommen hatte? Nun, auch wenn dem so
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