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Unter die Haut: Roman (German Edition)

Unter die Haut: Roman (German Edition)

Titel: Unter die Haut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Andersen
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sollte – sie war schließlich Ärztin und keine kampferprobte Soldatin, und wie es aussah, war sie ganz auf sich gestellt. Ihre Knie gaben unter ihr nach, und sie stützte sich kurz mit zittriger Hand an der Wand ab, als eine Woge von Übelkeit und Schwindel alles um sie herum in weißes Licht tauchte und einen sauren Geschmack in ihrem Mund hinterließ.
    Sie holte ein paarmal tief Luft, reckte den Kopf in die Höhe und ging weiter. Im Schlafzimmer eilte sie sofort zu ihrem Nachttischchen, wo sie das Skalpell abgelegt hatte, das sie seit Wochen mit sich herumtrug. Sie hatte schon fast geglaubt, dass sie es bis ans Ende ihrer Tage von einer Tasche in die andere stecken würde.
    Unordentlich, wie sie war, hatte sie es beim Nachhausekommen einfach neben die Schale gelegt, in der sich ihr mittlerweile fast erschöpfter Vorrat an Kondomen befand. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie froh darüber, dass ihr jeglicher Ordnungssinn fehlte, und sie nahm es und steckte es in die Tasche ihres Rocks. Sie wusste allerdings nicht, ob sie es tatsächlich über sich bringen würde, das Ding auch zu benutzen – aber sie würde es bei Gott bei sich haben, wenn sie sich letztlich dazu entschließen sollte.
    Wo blieb nur Vincent? Wie konnte er ihr seine Liebe gestehen und dann einfach verschwinden – und sie in der Gefahr allein lassen? Sie hatte ihm geglaubt, als er es gesagt hatte – auch wenn sie einen vollkommen anderen Eindruck vermittelt haben mochte und er ihr früher an diesem Abend solch unverzeihliche Dinge an den Kopf geworfen hatte. Seine Anschuldigungen hatten sie beinahe über das Maß des Erträglichen hinaus wütend gemacht, und doch glaubte sie ihm seine Liebesschwüre, denn sie kannte Vincent, und er war nicht der Mann, der sein Innerstes vor aller Welt ausbreitete, wenn es ihm nicht verdammt ernst war … Nur wo zum Teufel blieb er? Sie brauchte ihn so dringend.
    Aber er schien spurlos verschwunden.
    Leise nahm Ivy den Hörer ab und wählte die Notrufnummer. Es klingelte am anderen Ende, einmal, zweimal. Oh, bitte, bitte. Nimm ab. Nimm … bitte … ab. Es begann zum dritten Mal zu klingeln, als sie mit einem Aufschrei den Hörer fallen ließ. Wie eine Schlange hatte sich plötzlich ein Arm um ihre Brust gelegt und mit eisernem Griff ihre Schulter gepackt. Drohend blitzte die Klinge eines Messers vor ihren Augen auf.
    Dann war es wieder aus ihrem Blickfeld verschwunden. Aber nicht aus ihrem Kopf – weiß Gott nicht. Sie spürte den kalten Stahl, der unterhalb ihres Kiefers leicht gegen ihre Halsschlagader gedrückt wurde.
    »Leg den Hörer auf«, sagte Tyler mit tonloser, tödlicher Stimme.
    Ivy suchte blind nach dem Hörer, bis sie die Telefonschnur zu fassen bekam. Langsam zog sie daran, bis sie ihn in der Hand hatte, und legte ihn vorsichtig auf die Gabel. Jetzt bloß nicht schlucken, dachte sie.
    »Mann, das muss ich dir wirklich lassen, du verlogenes Miststück », keuchte er. »Du bist gut. Die Idee, ich könnte schon mal den Motor anlassen, war nicht schlecht – beinahe hättest du mich davon überzeugt, dass ich dich doch falsch eingeschätzt habe. Zu blöd, dass du im Flur gestolpert bist. Hat mich an diese Comics erinnert, wo man eine Glühbirne über dem Kopf einer der Figuren aufleuchten sieht.« Er nahm das Messer von ihrer Kehle weg, ließ ihre Schulter los und packte stattdessen ihr Kinn, um es brutal zur Seite zu drehen, so dass sie ihn über die Schulter hinweg ansah, den Kopf schmerzhaft verdreht. »Was hat mich verraten, Doc – hast du dich plötzlich daran erinnert, dass du mich schon mal in der Bar deines Onkels gesehen hast?«
    Also war er tatsächlich schon früher im Mack’N Babe’s gewesen. Aber wann? Und dann erinnerte sie sich plötzlich – viel zu spät, als dass es noch für irgendjemanden von Nutzen sein konnte. Natürlich: der Kerl, der sie beobachtet hatte, um sich dann sofort Jaz zuzuwenden, als sie ihn dabei ertappt hatte. Und dann nur noch ihre Cousine angehimmelt hatte. So viel dazu, wer von ihnen beiden wirklich gut war, dachte sie bitter. Hatte der Kerl vielleicht Psychologie studiert? Jedenfalls hatte er geschickt eine ihrer peinlicheren Schwächen auszunutzen gewusst.
    »Das Talkum an Ihren Händen von den Handschuhen«, gab sie zurück, in einem Ton, der ihm zu verstehen geben sollte, dass er keineswegs so klug war, wie er dachte. Die Finger an ihrem Kiefer pressten sich drohend zusammen, so dass sich ihre Lippen zu einer Schnute verformten. Er drückte seinen Mund

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