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Unter die Haut: Roman (German Edition)

Unter die Haut: Roman (German Edition)

Titel: Unter die Haut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Andersen
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jetzt stör mich nicht länger, damit ich deinen Freunden ihre Drinks machen kann.«
    Ivy kannte ihn zu lange, um sich von seiner Schroffheit täuschen zu lassen. »Was würde ich ohne dich machen, Onkel Mack?« Sie stellte ihr Glas auf das Tablett, das vor ihr stand, und nahm es vom Tresen. Dann beugte sie sich vor und drückte Mack einen Kuss auf seine beginnende Glatze. »Du bist einfach ein Schatz. Danke.«
    »Mach, dass du wegkommst«, grummelte er, aber Ivy wusste, dass der rosige Hauch, der sein Gesicht überzog, von Freude zeugte, nicht von Ärger.
    Während sie sich mit dem Tablett geschickt einen Weg zwischen den Tischen und Stühlen hindurch bahnte – eine Fähigkeit, die sie sich beim Jobben in den Semesterferien in ebendieser Bar angeeignet hatte -, ging ihr durch den Kopf, dass fünf Minuten in Gegenwart ihres Onkels eine beruhigendere Wirkung auf ihre Nerven hatten und mehr dazu beitrugen, Stress abzubauen, als fünf starke Drinks. Was Mack und Babe ihr bedeuteten, ließ sich nicht in Worte fassen, ihre Großzügigkeit kannte praktisch keine Grenzen.
    Wie großzügig sie tatsächlich waren, hatte sie an ihrem einundzwanzigsten Geburtstag feststellen können. Sie hatte seit Jahren gewusst, dass es ganz besondere Menschen waren – nicht jeder hätte ohne zu zögern und mit so viel unerschütterlicher Liebe und Güte wie sie die Verantwortung für einen verwaisten Teenager auf sich genommen. Von dem Augenblick an, als sie sie zu sich geholt hatten, hatten ihr Onkel und ihre Tante sie als vollwertiges Familienmitglied behandelt. Nie hatten sie Jaz bevorzugt, was ganz natürlich gewesen wäre, da sie immerhin ihr eigen Fleisch und Blut war, und je mehr Ivy im Lauf der Jahre von dem Umgang in anderen Familien mitbekommen hatte, umso mehr hatte sie das schätzen gelernt. Dann, an ihrem einundzwanzigsten Geburtstag, hatte sie ein Gespräch mit dem Anwalt und Testamentsvollstrecker ihrer Eltern.
    Damals hatte sie erfahren, wie weit die Großzügigkeit ihrer Tante und ihres Onkels tatsächlich ging. Sie hatten ihr sechs Jahre lang ein Zuhause gegeben und sie mit Kleidung und Essen versorgt. Sie hatten sich um den bescheidenen Nachlass ihrer Eltern gekümmert. Und in all den Jahren hatten sie sich rundweg geweigert, irgendeine Entschädigung dafür anzunehmen.
    Ivys Eltern hatten in ihrem Testament Verfügungen getroffen, mit denen sie sicherstellten, dass Mack und Babe die Vormundschaft für Ivy übernahmen, falls ihnen etwas passierte. Da sie wussten, wie teuer es war, ein Kind großzuziehen, hatten sie eine monatliche Summe festgelegt, die aus ihrem Nachlass an die Merricks gezahlt werden sollte, um die zusätzliche finanzielle Belastung etwas zu verringern. Als der Anwalt Ivy ihr Erbe übergab, enthüllte er ihr, dass Onkel Mack, mit Babes uneingeschränkter Zustimmung, ihn kurz und bündig angewiesen hatte, diesen Unterhalt wieder dem Nachlass zuzuführen. Ivy wollte Ärztin werden, hatte Mack ihm voll Stolz mitgeteilt. Sie würde jeden Cent brauchen, um ihr Ziel zu erreichen.
    Was Ivy am meisten berührte, war das Wissen, dass sie keiner Menschenseele jemals etwas davon erzählt hatten. Es hatte Zeiten gegeben, in denen das Geld knapp gewesen war und der Verzicht auf den Unterhalt ein gewisses Opfer für ihren Onkel und ihre Tante bedeutet hatte. Es wäre verständlich gewesen, wenn sie es dem einen oder anderen Verwandten gegenüber zumindest erwähnt hätten. Aber Ivy war nie etwas davon zu Ohren gekommen – und in Anbetracht der Klatschfreudigkeit in ihrer Familie hätte sie zweifellos davon gehört, selbst wenn sie nur nebenbei eine Bemerkung darüber hätten fallen lassen. Wenn der Anwalt es ihr nicht erzählt hätte, hätte sie nie erfahren, wie selbstlos sie waren … in Ivys Augen war das die großzügigste Geste überhaupt.
    Ivy gesellte sich zu ihren Kollegen aus der Notaufnahme. Die Erdnüsse, die Mack ihr mitgegeben hatte, und die Drinks, die Sandy kurz darauf brachte, wurden mit großer Begeisterung entgegengenommen. Die Unterhaltung war laut und fröhlich, und sie war entschlossen, sich von der ausgelassenen Stimmung anstecken zu lassen und die Fehlschläge dieses Nachmittags für eine Weile zu vergessen.
    Bei einem der Todesfälle an diesem Tag hatte es sich um eine Patientin von ihr gehandelt. Es war immer schlimm für sie, einen Patienten zu verlieren, aber am schlimmsten war es, wenn sein Tod mit einem Autounfall zu tun hatte. Das brachte unweigerlich die Erinnerungen an den Tod ihrer

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