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Unter die Haut: Roman (German Edition)

Unter die Haut: Roman (German Edition)

Titel: Unter die Haut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Andersen
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Eltern zurück, und sie nahm es sich besonders zu Herzen, dass sie nicht in der Lage war, jedes Unfallopfer zu retten.
    Feiern war allerdings nicht ihre übliche Art, damit fertig zu werden, und sosehr sie sich auch bemühte, sie konnte die düstere Stimmung nicht abschütteln. Es brachte ihr mehr Erleichterung, sich mit ihrer Tante in der Küche zu unterhalten, während Babe ein Bœuf Stroganoff improvisierte und Brot aufbuk.
    »Natürlich hilft das alles irgendwie«, erklärte ihr Ivy und schwenkte ihr Glas. »Die Drinks, die Witze … mit anderen Leuten zusammen zu sein, mit denen man die gleichen Erfahrungen teilt.« Ivy betrachtete die Dampfwolke, in der ihre Tante verschwand, als sie Nudeln in ein Sieb schüttete, und fragte: »Tante Babe, bist du sicher, dass ich dir nicht helfen kann?«
    »Leiste mir einfach nur Gesellschaft, Liebes. Mehr Hilfe brauche ich nicht.« Babe warf ihrer Nichte einen kurzen Blick über die Schulter zu und fragte: »Aber?« Als sie Ivys verständnislose Miene sah, fügte sie hinzu: »Ich höre da ein ›Aber‹ heraus, Ivy Jayne. Natürlich hilft das alles irgendwie, aber …?«
    »Aber … ich weiß nicht. Es ist einfach nicht meine Art, so damit umzugehen, vermute ich. Jeder scheint auf seine Weise auf Stress zu reagieren. Manche trinken, andere werden aggressiv und brechen einen Streit vom Zaun, wieder andere steigen mit dem Erstbesten ins Bett, der ihnen über den Weg läuft.«
    »Ich plädiere für Letzteres«, warf Babe ein.
    Ivy grinste. »Ja, das wäre auch meine Wahl. Das Problem ist nur, dass einem dafür jemand über den Weg laufen muss.« Vincents Gesicht, dunkel und intensiv im Augenblick des Orgasmus, tauchte vor ihrem geistigen Auge auf und ließ ihr Lächeln schwinden. Die Erinnerung entschlossen verdrängend, sagte sie: »Worum es mir geht, ist, dass jeder eine bestimmte Methode hat, und ich denke, feiern ist einfach nicht meine.«
    Babe schmeckte die Sauce ab und warf ihrer Nichte dann erneut einen Blick zu. Der niedergeschlagene Ausdruck auf Ivys Gesicht, mit dem sie die langsam schmelzenden Eiswürfel in ihrem Glas betrachtete, schnitt Babe ins Herz. »Und, was ist deine Methode?«, fragte sie leise.
    Ivy sah auf. »Ach, ich weiß nicht … Du, Onkel Mack. Die Familie, denke ich. In mancher Hinsicht fühle ich mich unter meinen Kollegen immer noch wie die Neue in der Klasse. Irgendwie werde ich einfach das Gefühl nicht los, dass ich in ihrer Gegenwart die starke Frau mimen muss.« Sie zuckte mit den Schultern. »Bei euch dagegen kann ich einfach nur ich sein … mit allen meinen Macken.« Da sie fürchtete, das könnte zu sehr nach Selbstmitleid klingen, ließ sie die Eiswürfel in ihrem Glas klirren und wechselte das Thema. »Ich sollte jetzt wohl besser zu Mineralwasser wechseln. Schließlich muss ich morgen früh wieder arbeiten.«
    Babe hatte nicht die Absicht, sie so leicht davonkommen zu lassen. Sie kannte Ivy zu gut – wenn ihr nicht jemand Einhalt gebot, würde sie sich noch tagelang Vorwürfe machen, dass sie den Kampf um das Leben eines Patienten verloren hatte, und vor allem würde sie sich allein damit herumquälen, weil sie niemanden mit ihren Problemen belasten wollte. »Deine Kollegen erwarten von dir, dass du immer stark bist?«
    »Nein, wahrscheinlich nicht«, gab Ivy zu. »Ich erwarte es wohl eher selbst von mir.«
    »Aber warum denn, Ivy? Sind die Leute draußen im Lokal nicht deine Freunde?«
    »Wir verstehen uns gut, das schon … aber Freunde? Ich habe eigentlich keine Freunde, Tante Babe. Nicht mehr, nicht außerhalb der Familie. In den letzten Jahren war mein Leben eine einzige Hetze, so dass ich den Kontakt zu den meisten meiner alten Freunde verloren habe, und ich habe mir noch nicht die Zeit genommen, neue zu suchen.« Sie zuckte die Achseln. »Mein ehemaliger Psychologie-Professor würde wahrscheinlich sagen, dass ich überkompensiere, indem ich versuche, die beste Ärztin der Welt zu werden.« Sie musste lachen. »Für die Psychologie hatte ich nie besonders viel übrig«, gab sie zu, doch gleich darauf war der Anflug von guter Laune wieder vorbei.
    »Ach, egal«, sagte sie gleichzeitig traurig und ungehalten. »Vergiss, dass ich überhaupt davon angefangen habe, okay? Man könnte glatt meinen, ich bin die einzige Ärztin, der jemals ein Patient gestorben ist.« Sie verzog resigniert den Mund und deutete mit dem Kinn in Richtung Bar. »Jeder von denen da draußen hat heute jemanden verloren, und ich jammere hier herum, als ob mein

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