Unter die Haut: Roman (German Edition)
sie.
»Oh, Liebes.« Babe, die gerade Gläser und Aschenbecher aus der riesigen Geschirrspülmaschine räumte, richtete sich auf und wischte sich mit dem Arm über die Stirn. »Jetzt schon?«
»Ja, ich muss morgen früh raus. Und danke für das Essen – es war toll.«
»Deine Freunde haben uns viel zu viel Geld dafür gegeben, Ivy.«
»Nein, haben sie nicht«, widersprach Ivy. »Sie haben nur das gezahlt, was es in der Cafeteria gekostet hätte, und der Koch dort kann dir bei weitem nicht das Wasser reichen.« Sie legte ihre Handtasche auf die Arbeitsplatte und half ihrer Tante, die Gläser einzusortieren. »Ehrlich gesagt, Tante Babe, war ich irgendwie stolz auf sie. Es sind wirklich nette Leute, findest du nicht?«
»Sie machen mich zu einer reichen Frau«, sagte Babe trocken. »Wie sollte ich sie da nicht nett finden?«
»Ich werde deinen Rat befolgen und mir die Zeit nehmen, sie besser kennen zu lernen.«
»Gut. Und wie steht’s mit einem Freund? Es gibt niemanden, sagst du?«
»Nein.« Ivy schüttelte den Kopf und fügte dann ehrlich hinzu: »Na ja, da war dieser eine Typ, aber das ist vorbei.«
»Erzähl schon«, forderte Babe sie auf, durch die vielen unterschiedlichen Gefühlsregungen, die einander auf dem Gesicht ihrer Nichte abwechselten, neugierig geworden. »Wie war er?«
»Ach Gott, Tante Babe, stahlharte Muskeln und jede Menge Sexappeal.« Entsetzt über das, was ihr da eben herausgerutscht waren, versuchte sie, ihre Worte abzuschwächen. »Nein, das stimmt so nicht. Vincent ist … anders. Anders als jeder Mann, den ich jemals kennen gelernt habe. Ungefähr fünf Minuten lang hat er mich vergessen lassen, dass man einen klaren Verstand von mir erwartet, und mir stattdessen das Gefühl gegeben, die attraktivste Frau auf der Welt zu sein.« Sie seufzte. »Aber ich glaube, er hat eine ziemlich komplizierte Geschichte hinter sich, von der ich nicht das Geringste weiß. Jedenfalls ist es vorbei.« Sie nahm ihre Handtasche. »Hör mal, ich rufe dich nächste Woche an, und dann machen wir einen Abend aus, an dem du mit Onkel Mack zum Essen kommst.«
»Das wäre schön, Liebes. Ich bin schon so gespannt auf den Sessel, den Terry neu bezogen hat. Jaz hat erzählt, dass er ganz toll geworden ist.«
»Warte, bis du ihn siehst, Tante Babe. Er hat ein wahres Wunder vollbracht, man glaubt kaum, dass es derselbe Sessel ist.« Sie warf ihrer Tante eine Kusshand zu und verließ die Küche.
Der Pioneer Square, an dem das Mack’N Babe’s lag, gehörte nicht gerade zu den Gegenden in Seattle, in denen eine Frau nachts unbesorgt allein unterwegs sein konnte. Es gab immer ein paar Säufer, die sich im Occidental Park versammelten oder unstet von einer Kneipe zur nächsten zogen. Manchmal musste man sogar über die ausgestreckte Gestalt eines Betrunkenen steigen, der seinen Rausch auf dem Bürgersteig ausschlief. Sam und Davis brachten Ivy zu ihrem Auto, das sie auf einem nahe gelegenen öffentlichen Parkplatz abgestellt hatte, und unterhielten sich dort noch eine Weile, nachdem sie weggefahren war.
Sie wären erfreut gewesen, wenn sie gewusst hätten, dass sie damit Tyler Griffus, der Ivy aus sicherer Entfernung beobachtet hatte, unwissentlich daran gehindert hatten, ihr bis nach Hause zu folgen.
7
Die Arrestzelle hatte einen rosa Anstrich, angeblich sollte das beruhigend wirken. Vincent lieferte seinen Gefangenen dort ab und machte sich auf die Suche nach Suse McGill. Er fand sie an ihrem Schreibtisch.
»Hey, McGill.«
Er bemerkte kaum, dass sie ihn misstrauisch musterte. Es war ihm inzwischen ziemlich vertraut, dass ihm zurzeit die meisten seiner Kollegen mit einem solchen Blick begegneten.
Gut, in letzter Zeit war mit ihm nicht besonders leicht auszukommen. Na und? Der Argwohn, den seine Kollegen neuerdings in seiner Gegenwart zeigten, rief in ihm nur wenig Bedauern über sein Verhalten hervor. Verdammt noch mal, sie waren schließlich auch nicht ununterbrochen gut gelaunt und heiter.
Er fühlte sich in letzter Zeit einfach erschöpft. Natürlich hatte er nicht zugelassen, dass seine Arbeit darunter litt. Aber heute wollte er den Gefangenen, der in der Zelle wartete, zu einem umfassenden Geständnis bringen, und er fürchtete, dass dafür mehr Energie erforderlich war, als er aufbringen konnte.
Und deswegen brauchte er McGills Hilfe. Wenn es darum ging, eine belastende Aussage aus jemandem herauszuholen, die auch vor Gericht standhalten würde, war sie eine der Besten.
»Was kann ich für
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