Unter die Haut: Roman (German Edition)
mit einstimmte. Auf Wunsch beendeten sie ihre Darbietung unter donnerndem Applaus mit »Zombie Jamboree«.
Beschwingt und mit geröteten Wangen kletterte Ivy von der Bühne, ließ sich auf ihren Stuhl fallen und griff nach ihrem Mineralwasser, während sie sich darüber wunderte, wie leicht sie mitunter vergaß, dass Singen so viel Spaß machte. Eine der Krankenschwestern ließ eines der leeren Schälchen herumgehen und sammelte Geld für das Essen ein, und Ivy presste mit einer Hand das kühle Glas gegen ihre Stirn und fischte mit der anderen Hand ein paar Scheine aus ihrem Geldbeutel. Zu ihrem Erstaunen wurde sie von allen Seiten mit Komplimenten für ihren Auftritt auf der Bühne überhäuft. Sie hatte ihr ganzes Leben lang zusammen mit ihren Verwandten gesungen, und es war ihr nie als etwas Besonderes vorgekommen. Und hier saßen jetzt plötzlich Krankenschwestern und andere Ärzte – Leute, mit denen sie täglich arbeitete -, stellten ihr alle möglichen Fragen und sahen sie mit einem beinahe bewundernden Ausdruck an. Das tat ihrem Ego ungeheuer gut.
Sie warf einen Blick in die Runde. In der Nähe stand ein gut aussehender Mann, etwa in ihrem Alter, und beobachtete sie, und als ihre Blicke sich trafen, prostete er ihr kaum merklich mit seinem Glas zu. Doch bevor Ivy die Chance hatte, sich geschmeichelt zu fühlen, war sein Blick bereits zu Jaz weitergewandert und blieb an ihr hängen. Der Ausdruck auf seinem Gesicht wechselte von Wohlgefallen zu unverhohlener Bewunderung.
Tja … Scheiße. Ivy seufzte resigniert. Das war wieder mal typisch; seit der Zeit, als sie und Jaz gemeinsam die Pubertät hinter sich gebracht hatten, passierte ihr das in regelmäßigen Abständen. Die Männer fanden sie ganz hübsch … Bis zu dem Augenblick, in dem sie ihre Cousine erblickten. Dann hörte sie auf zu existieren. Nicht dass sie ihnen das zum Vorwurf machen wollte. Ivy wusste, dass sie nicht unattraktiv war, aber Jasmine war eben einfach umwerfend. Ganz zu schweigen davon, dass sie auch noch klein genug war, damit ein Mann den Beschützer spielen konnte. Na ja, vielleicht machte sie sich, was das anging, auch nur etwas vor, aber allmählich ging es ihr auf die Nerven, immer im Schatten dieses Zwergs zu stehen.
Ivy war so daran gewöhnt, von Männern übersehen zu werden, wenn sie sich in Gesellschaft von Jaz befand, dass sie keinen weiteren Gedanken an den Fremden verschwendete. Deshalb entging ihr auch, dass er seinen Blick sofort wieder auf sie richtete, nachdem sie sich von ihm abgewandt hatte. Er lächelte zufrieden vor sich hin.
»Ivy?« Jessie Chapman, die Schwester, die den Korb hatte herumgehen lassen, trat zu ihr. »Kommen Sie doch bitte mit, wenn ich Ihrem Onkel das Geld gebe.«
»Klar.«
Mack weigerte sich strikt, es anzunehmen. »Sie haben nicht um etwas zu essen gebeten«, sagte er schroff. »Ich habe es Ihnen einfach bringen lassen.«
»Aber Mr. Merrick«, protestierte Jessie, »dieses wunderbare Essen muss eine Menge Arbeit gemacht haben.«
»Sie sind Ivys Freunde. Ich nehm kein Geld von Ihnen«, sagte Mack stur.
Jessie hatte offenbar selbst ein paar brummige Verwandte, dachte Ivy belustigt, da sie nicht so schnell klein beigab. »Es ist nicht gerade ein Vermögen, das wir Ihnen anbieten, Sir. Lassen Sie uns wenigstens für die Zutaten und für Mrs. Merricks Mühen zahlen. Ihr Essen hat wunderbar geschmeckt und uns davor bewahrt, den Fraß aus der Cafeteria essen zu müssen. Sie wissen ja gar nicht, was das bedeutet.«
»Oh ja, meine Babe«, sagte Mack stolz. »Sie ist eine klasse Köchin, was?«
»Ja, Sir, das ist sie«, erwiderte Jessie aufrichtig, und Ivy beugte sich vor, um der Schwester die Rolle Geldscheine aus der Hand zu nehmen. Sie steckte sie in Macks Brusttasche und klopfte darauf.
»Du nimmst das, Onkel Mack. Du bist Geschäftsmann – besorg davon Nachschub fürs nächste Mal, wenn meine Freunde vorbeikommen. Oder kauf Tante Babe was Hübsches.« Sie grinste ihn von der Seite an. »Oder wenn der Drang, deinen Gewinn zu verpulvern, zu stark wird, dann gib meinen Freunden einen aus deinem nicht verschnittenen Vorrat aus.«
»Wart nur, du Frechdachs. Du bist nicht so groß, dass ich dir nicht immer noch den Hintern versohlen könnte, Ivy Jayne.« Er legte einen Arm um sie und drückte sie mit einem tadelnden Kopfschütteln an sich. »Als ob’s hier Verschnitt gäbe.«
Kurze Zeit später kam Ivy zu ihrer Tante in die Küche. »Ich mache mich auf den Heimweg, Tante Babe«, erklärte
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