Unter die Haut: Roman (German Edition)
abgestellt hatte, nahm er eine Windjacke von einem Haken an der Bürotür, kramte einen Schlüssel hervor und öffnete die Hintertür. Vincent ging zurück in die Bar, um Ivys Schlüssel zu holen. Kurze Zeit später trat er zu Mack hinaus auf den Parkplatz, warf ihm den Schlüssel zu ihrem Wagen zu, und sie fuhren die beiden Wagen in die Seitenstraße. Es regnete noch immer.
Wenig später trudelten nach und nach die ersten Stammgäste ein. Einer von ihnen war auch am Mittwoch da gewesen, und Vincent führte ihn in das Büro. Es war eine kurze Unterhaltung, da der Mann wieder gegangen war, bevor sich die Bar gefüllt hatte, und sich sicher war, in dieser Zeit keinen ihm unbekannten blonden jungen Mann gesehen zu haben. (»Ich komm jetzt schon seit beinahe zwanzig Jahren in diese Bar, mein Junge, und ich kenn alle Gesichter. Außer den Leuten, die die Pennington-Kinder mitgebracht hatten, war hier kein neues Gesicht, solange ich da war.«) Vincent begleitete ihn nach draußen und stellte fest, dass die Kellnerin namens Sandy inzwischen ihren Dienst angetreten hatte. Er bat sie ins Büro.
Sandy erinnerte sich an zwei einzelne Männer an ihren Tischen an diesem Abend. Einer davon war dunkelhaarig und schon früher einige Male da gewesen. Der andere Mann hatte eine Baseballkappe getragen.
»Möglich, dass er blond war, Detective«, sagte sie unsicher, »aber ich kann es nicht beschwören. Für einen Mittwoch war ungewöhnlich viel los, und ich habe nicht darauf geachtet.«
»Haben Sie ihn vorher schon mal gesehen?«
»Nein, Sir. Er verhielt sich wie die meisten neuen Gäste. Saß still da und hat die anderen beobachtet. Seitdem war er nicht mehr da.«
»Können Sie sich erinnern, wann er ging?«
Sandy kramte in ihrem Gedächtnis. »Ziemlich früh, glaube ich. Warten Sie mal … Er hat einen Wodka Tonic bestellt und muss so um … ich würde sagen, um zehn gegangen sein. Ja, ich bin ziemlich sicher, dass es zehn war, weil sich die Garrisons an seinen Tisch gesetzt haben, und die kommen normalerweise um diese Zeit.«
»Okay, Sandy, vielen Dank.« Vincent begleitete sie hinaus und schalt sich im Stillen wegen seiner hochgeschraubten Erwartungen. Wie hatte er auf eine schnelle Identifizierung hoffen können? Er sollte es eigentlich besser wissen. Verdammt, er konnte von Glück sagen, wenn die Kellnerin, die heute frei hatte, etwas mehr beizutragen hatte.
Er lehnte sich in dem dämmrigen Gang, der zu den Toiletten, dem Billardraum und dem Büro führte, an die Wand und beobachtete Ivy einen Moment lang. Sie war für Sandy eingesprungen und schlängelte sich mit einem Tablett voller Getränke, das sie auf dem Handteller balancierte, geschickt zwischen den Tischen hindurch. Sie trat an einen Tisch in der Ecke und servierte den vier Gästen dort ihre Drinks und lachte über irgendetwas, das einer von ihnen gesagt hatte, während sie sich vorbeugte, um einen schmutzigen Aschenbecher auszutauschen. Als sich dabei die ausgewaschene Jeans über ihrem Hinterteil spannte, sah er kurz wieder das Bild vor sich, wie sie an diesem Morgen in seinem Bett gelegen hatte.
Er war ins Schlafzimmer geschlichen, um seine Sachen zu holen, fest entschlossen, genauso schnell wieder zu verschwinden. Doch bei ihrem Anblick war er in der Tür stehen geblieben.
Sie hatte die Decken weggeschoben und lag nur in das Laken gewickelt zusammengerollt auf der Seite. Ihr Kopf ruhte auf einem Zipfel seines Kissens, den Rest hielt sie an sich gedrückt und ihre Züge waren unter den Haaren verborgen, die ihr übers Gesicht gefallen waren. Eines ihrer angezogenen Beine lag von der Wade bis zu dem hohen Beinausschnitt des seidig schimmernden Einteilers, den sie anhatte, bloß. Der Spitzenrand schmiegte sich um ihre Hüfte und den sichtbaren Ansatz ihrer runden Pobacke.
Er hatte dagestanden und das lange schlanke Bein angestarrt, und plötzlich hatte ihn ein so heftiger Unmut erfasst, dass er kaum wusste, wohin damit. Unfähig, seinen Blick von ihr abzuwenden, hatte er sich im Stillen einen Idioten gescholten. Verdammt noch mal, hatte er das in der vergangenen Nacht nicht ein für alle Mal geklärt und aufgehört, sich einzureden, dass er sich nicht von ihr angezogen fühlte?
Aber das Eingeständnis hieß offensichtlich noch lange nicht, dass er es auch akzeptierte.
An diesem Morgen war ihm nichts weiter übrig geblieben, als zuzugeben, dass er es nicht schaffte, seine Empfindungen zu beherrschen. Gleichzeitig hatte er sich über seine Schwäche
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