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Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Titel: Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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dass dieser Schwanitz nicht ein leidiger Betrüger sei?
    * * *
    V – Kohle in der Asche
    Marie schrubbte den Küchenboden. Dieser alte Kauz hatte sie berührt. Es durchströmte sie ein seltsames Gefühl. Dieses kannte sie sonst nur im Frühjahr, wenn sie sich vor Lebensfreude als kleines Mädchen über den Bauch strich. Sie lag auf einer in voller Blüte stehenden Wiese. Dieser intensive Geruch, die Sonnenstrahlen, diese Wärme in ihrem Schädel, dieses schlagende Herz, das sie beinahe zu zerbersten drohte.
    Der Arzt aus der Stadt hatte dieselben Gefühle in ihr ausgelöst. Das konnte sie sich nicht recht erklären. Irgendwo in der Bauchgrube ruhte ihr ungutes Geheimnis, das ihr die Zunge abschnitt, den Hals zuschnürte, die Augen feucht machte und das Blut durch die Adern rauschen ließ. Sie verlor den Atem, beinahe das Bewusstsein, wenn sie sich daran erinnerte. Sie musste vergessen können. Zur Wölfin werden, kein Mensch mehr sein, denn nur so konnte sie dem Verhängnis entkommen.
    * * *
    Schwanitz vereinbarte mit Grassow, er würde vorerst zwei Wochen keine Kuren durchführen. Er respektiere die Wünsche seiner Patienten. Andererseits müsse er darauf hinweisen, dass allein eine fortdauernde Behandlung eine Verbesserung erwirken könne. Nachdem der Wunderheiler verschwunden war, schaute Grassow nach Marie. Sie war noch mit Putzen beschäftigt. Er blieb in einiger Entfernung von ihr stehen und beobachtete sie still. Sie bewegte sich nicht auffällig. Konnte das wirklich passiert sein? Sie schwieg. Und wenn sie doch eines Tages sprechen würde, wäre es nicht eine rückwirkende Entschuldigung? Er wollte das Dunkle nicht aufscheuchen. Besser weitermachen, versuchen, das Notwendige zu erledigen. Warum nicht? Die Nachbarn hielten es genauso. So könnten sie der bestialischen Barbarei Herr werden.
    * * *
    Am Abend erhielt Marie erneut Besuch. Das gnomische Gesicht verriet ihr nicht viel. Nur eines konnte sie erkennen: Ihre Zähne mussten entfallen. Die Stimme des Gnoms sprach in ihrem Kopf. Mittlerweile hatte sie sich daran gewöhnt. Es sollten die Wölfe bald über die Stadt herfallen, sich einzeln an manche Häuser der Stadtmauer heranpirschen, Tier und Mensch reißen, blitzschnell wieder entschwinden. Es liege Blitzleuchten in der Luft. Marie sei selbst schon halbe Wölfin. Ihr geschehe nichts, doch einige Menschen in ihrem Umfeld gerieten sicher in Mitleidenschaft.
    Marie erschrak und hakte nach. Doch der Gnom verzog das Gesicht zu einem Grinsen. Mehr wollte er nicht sagen, verschwand hinter einer Wolke aus Moder und Schwefel. Marie drehte die Nase weg. Ein Gefühl der Beklommenheit stieg in ihr hoch. Beinahe musste sie erbrechen. Sie beschloss, an die frische Luft zu gehen. Ihr war übel. Sie musste wieder einen klaren Kopf bekommen.Marie lief in Richtung Wald hinter dem Haus. Seltsam war es schon, die Gefahr nicht zu beachten. Mit halbem Ohr hatte sie von ihrem Vormund erfahren, mehr nebenbei, dass sich die Zeit in Aufruhr auflöse. Marodierende Banden und streunende Wölfe suchten die bewohnten Gebiete heim. Wer nicht bewaffnet war, setzte sich dem drohenden Tod aus. Aus dem Wald erklang ein undeutliches Heulen. Marie ließ sich hiervon nicht beirren.
    Sie schritt weiter voran und hatte bald den Waldrand erreicht. Zwischen den Nadeln ließ sich kaum etwas erkennen. Sie blinzelte, schritt weiter und achtete nicht auf die stechenden Nadeln. Inzwischen war sie ein gutes Stück in das Dickicht vorgedrungen, lief weiter und geriet endlich auf eine Lichtung. Nur spärlicher Mondschein erhellte den Reisigboden und die Flechten an den Stämmen. Ein ungutes Gefühl beschlich sie. Aus einiger Entfernung hörte sie ein Fauchen, als ob aus einem ersterbenden Feuer die Flammen zuckten, aus der drohenden Erstickung mit aller Gewalt emporzischten. Marie kauerte sich auf dem Boden nieder. Ihre Arme umschlangen die Knie. Sie fing zu summen an, eine Melodie, die sie von ihrer Mutter gelernt hatte, bevor sie Abschied nehmen musste. Ein Busch teilte sich, und zwischen dem Laubwerk blitzte ein funkelndes Augenpaar hervor. Marie konnte sich nicht bewegen. Sie starrte dem nahenden Unheil entgegen. Ihre Glieder schienen eingefroren.
    Der Wolf näherte sich ihr auf einen Atemzug. Sein Hecheln beruhigte Marie. Er knurrte nicht, fletschte nicht die Zähne, sondern schaute sie unverwandt aus seinen tiefen Augen an. Lauerte auf eine Veränderung in Maries Gesicht. Sie verzog keine Miene. Schließlich streifte er an ihr vorbei und sprang

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