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Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen

Titel: Unter dunklen Schwingen - Unter dunklen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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dem Erdwall lag der weiß glühende Felsbrocken, der vom Nachthimmel gestürzt war. Er hatte einen tiefen Krater in die Erde geschlagen. Flammen züngelten seinen Rand entlang. Es roch wie in einer Schmiedeesse.
    Sie standen noch wie gebannt da, als sie den Lärm von Autos hörten. Scheinwerfer schimmerten durch den Wald, zwei Dutzend Fahrzeuge standen am Straßenrand. Aus dem ersten Wagen sprangen Markus, Elsa und die beiden Verwalter.
    Aus den übrigen Autos drängten sich etliche Dorfbewohner aus Heidebrock. Alle hatten das unheimliche Licht am Himmel und den Feuerschweif des herabstürzenden Meteors gesehen und waren zu der Stelle geeilt, wo er niedergestürzt war.
    Der Professor eilte auf das Trollgrab zu. Aus der Nähe betrachtet, war es ein plumper, grasüberwachsener Erdhaufen mit einem röhrenförmigen Eingang. Die Dunkelheit im Inneren ließ nichts erkennen, aber alle Umstehenden rochen den Dunst, der aus der uralten Grabstelle drang. Es roch dort wie nach verschimmelten alten Kleidern und verwesendem Fleisch.
    Der Professor rief einen Bauern zu sich, der eine Taschenlampe trug, und nahm sie ihm ab. Das Licht in der Hand, drang er gebückt in den Eingang vor. Der Schein fiel auf große Steine, die einstmals eine Türöffnung verschlossen hatten, dann auf die glatten Erdwände des Tunnels.
    Der Geruch wurde stärker.
    Der Gang machte eine Biegung, und Julia bot sich der Anblick, den sie insgeheim gefürchtet hatte. Sie sah auf eine große Grabkammer – aus der bloßen Erde gegraben. Die Erdwände schimmerten feucht. Auf dem nackten Boden lag, die Arme steif an den Seiten ausgestreckt, die Grafin Samantha Heidebrock zu Heidebrock.
    Es war unverkennbar, dass die Macht der Hexenkönigin von ihr gewichen war. Was da lag, war ein altes Weib mit Hängebrüsten und spinnwebdünnem, verfilztem Haar. Sie trug ein durchsichtiges, elend zerschlissenes Hemd. An ihrem Hals und ihren Handgelenken hingen eine Unzahl kostbarer Schmuckstücke. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Leib wirkte steif und kalt wie der einer Toten. Samantha hatte nicht nur die Kraft verloren, Jugend und Schönheit vorzutäuschen, sie musste auch still wie eine Leiche daliegen.
    Markus stürzte sich mit einem Schrei auf sie. »Da, haltet meine Fackel! Packt zu, wir tragen sie hinaus!« Er bückte sich und fasste die Beine der Untoten, die in reglosem Schlaf lag, drängte sich in die Kammer und fasste sie an den Schultern. So trugen sie sie hinaus. Die Bauern rannten bereits herum und wollten Holz für einen Scheiterhaufen aufschichten, aber der Professor rief: »Nein! Auf diesem Stein, den uns der Himmel gesandt hat, wollen wir sie verbrennen. Das Sternenfeuer soll sie verzehren! Seht, wie er glüht! Kommen Sie, Markus, hinauf mit ihr!«
    Sie holten kräftig Schwung. Der untote Leichnam flog, mit Armen und Beinen wie eine Puppe schlenkernd, mitten in das Herz des Meteors und blieb dort auf der Glut liegen. Die Umstehenden erstarrten. Alle Augen hingen an der Gestalt, um die bereits feine Rauchfäden aufstiegen.
    Da ging ein Schrei durch die Menge – der Leichnam setzte sich mit einem Ruck aufrecht! Die Augen öffneten sich in brandrotem Hassfeuer, und eine gedunsene Totenhand mit überlangen Nägeln wies geradewegs auf Markus. »So muss ich vergehen«, knirschte es aus den Tiefen des unseligen Leibes, »aber warte, bis deine Zeit gekommen ist, Markus! Die Hexenkönigin wird ihre dunklen Schwingen um dich schlingen, und du wirst mit in die Hölle fahren und verdammt sein.« Ein grässliches Gelächter quoll aus ihrem Mund, aber da begann auch bereits das Nachthemd zu brennen. Ihr Haar fing Feuer, und in der gewaltigen Hitze des Meteorsteins blähte sich ihr aufgeschwemmter Leib auf. Arme und Beine zuckten wild und unkontrolliert. Der Bauch wölbte sich so gewaltig, als wolle er ein Monstrum gebären. Im nächsten Augenblick platzte er auf und entließ ein tausendfaches Gewimmel von Würmern, die auf die Glut fielen und knallend zerbarsten.
    Die Leute wichen zurück, aber sie sahen, dass es nun wirklich mit der Vampirgräfin zu Ende war.
    Der Schädel zischte und brannte, bis er als haarlose braune Kugel auf der Glut tanzte und platzte. Eine schleimig graue Masse, halb flüssig, halb fest rann heraus und verdampfte. Der Leichnam, der so lange auf der Erde gewandelt war, verwandelte sich in der Glut in einen Batzen schmieriges Fett, das zischend und spuckend verbrannte. Am Ende lagen nur noch schwarz verbrannte Knochen auf dem glühenden Stein, bis

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