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Unter feindlicher Flagge

Unter feindlicher Flagge

Titel: Unter feindlicher Flagge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Thomas Russell
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Landry, »aber Sie wohl nicht.« Er schaute wieder zum Horizont. »In einer Stunde wird es hell, und wir wissen mehr. Dann wecke ich den Kommandanten.« Der kleine Leutnant drückte Hayden das Fernrohr in die Hand und verließ das Deck, steif und offenbar voller Zorn.
    »Sie wissen, dass Mr Landry recht hat, Mr Barthe«, mischte sich Hawthorne ein. Er stand einige Schritte entfernt, und seine rote Uniformjacke leuchtete wie der Sonnenaufgang. »Der Kommandant wird nicht zufrieden sein.«
    »Er wäre aber auch nicht begeistert, wenn Sie ihn jetzt weckten. Oder in einer oder zwei Stunden. Gönnen Sie dem Mann doch die Ruhe. Wahrscheinlich handelt es sich um neutrale Schiffe oder englische Kreuzer. Dann können wir unseren Kurs unbehelligt fortsetzen, ohne dass wir wieder einmal Reißaus nehmen.«
    Barthe ging fort und trug einigen Matrosen auf, Segel zu setzen. Als es allmählich heller wurde, waren die Schiffe näher, als Hayden zunächst angenommen hatte. Auf dem Schiff, das der Themis am nächsten lag, wurden Signale gegeben. Beide Schiffe steuerten die französische Küste an.
    »Nun, ich denke, das dürfte eine unserer Fragen beantworten«, meinte Archer. »Das sind keine englischen Kreuzer.«
    »Ganz gewiss nicht«, pflichtete Hayden ihm bei. »Ich glaube, wir müssen dem Kommandanten Bescheid sagen, Mr Archer. Sie halten auf Le Havre zu, und mit etwas Glück können wir vor ihnen dort sein. Alle Mann auf ihre Posten. Ah, Doktor, Sie kommen im richtigen Augenblick. Sollen wir Kapitän Hart wecken? Die Schiffe halten auf die französische Küste zu.«
    »Ich werde selbst zu Kapitän Hart gehen, Mr Hayden.«
    Der Trommler nahm seinen Platz ein und spielte einen Wirbel, der die Männer an Deck holte. Die Matrosen stiegen durch die Luken an Deck. Einige schleppten Pützen an langen Fangleinen, um das Segeltuch nass zu machen. Andere luden Kanonen, während Achtzehnpfünder-Eisenkugeln zu den Geschosskästen auf den Kanonendecks gebracht wurden. Zum ersten Mal hatte Hayden den Eindruck, dass alle Männer willig mit anpackten. Beim Thema Prisengeld waren offenbar alle Matrosen einer Meinung.
    Hayden überließ Archer das Quarterdeck und ging weiter nach vorn, um einen besseren Blick auf die beiden Schiffe zu haben. Kurze Zeit später erschien Hart an Deck, mit Landry und dem Arzt im Schlepptau. Der Kommandant hatte eine gesundere Gesichtsfarbe, sah jedoch arg verschlafen aus und war auch dementsprechend gelaunt.
    »Was denken Sie sich dabei, Mr Hayden«, knurrte er, »wenn Sie Klarschiff machen, ohne meine Instruktionen abzuwarten?«
    »Feindliche Schiffe in Sichtweite, Kapitän Hart. Ich halte mich bloß an die Gepflogenheiten der Navy.«
    Hart schüttelte den Kopf. »Und wo sind diese feindlichen Schiffe?«
    Hayden reichte ihm das Teleskop und deutete in die Ferne. Die Hecks der Schiffe waren inzwischen recht gut zu erkennen. Durch das Fernglas konnte man Matrosen sehen, die ihrerseits die englische Fregatte genau beobachteten.
    Hart hob das Glas ans Auge und betrachtete die Schiffe kurz. »Französische Fregatten«, verkündete er und ließ das Teleskop sinken. »Mr Barthe!«
    Der Master trat vor.
    »Ändern Sie den Kurs auf Brest.«
    »Bei allem Respekt, Sir«, sagte Hayden mit verspannter Miene, »am Horizont sahen sie noch wie Frachtschiffe aus. Daher scheint es mir ratsam, genauer hinzusehen. Fregatten würden gewiss nicht so schnell die Flucht ergreifen, zumal sie zu zweit sind.«
    Der Blick der hellblauen Augen des Kommandanten bohrte sich in die des Ersten Leutnants. »Das sind Fregatten, Sir, wie jeder Narr sehen kann! Wollen Sie etwa, dass wir es mit zwei Achtunddreißiger-Fregatten auf einmal aufnehmen?«
    Hayden konnte seine Wut kaum zügeln. »Ich würde sie jagen, in der Hoffnung, eine aufzubringen, solange die andere weiter weg ist.«
    »Das ist der Grund, warum Sie immer noch Leutnant sind«, sagte Hart mit bösem Unterton. »Sie haben nicht den gesunden Menschenverstand, um ein Schiff zu kommandieren.«
    Hart drückte Barthe das Teleskop in die Hand und wirbelte auf dem Absatz herum. »Kurs auf Brest, Mr Barthe!«, rief er laut. »Und um Gottes willen, hören Sie auf, die Männer auf Gefechtsposition zu schicken!« Hart stürmte zum Kajütniedergang und war im nächsten Augenblick unter Deck verschwunden. Zurück blieben seine verdutzten Offiziere auf dem Vorderdeck.
    Das ist also der Grund, warum er »der zaghafte Hart« genannt wird, dachte Hayden. Noch nie war der Leutnant auf einem Schiff

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