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Unter goldenen Schwingen

Unter goldenen Schwingen

Titel: Unter goldenen Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Luca
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Aula durchquerte, fiel mir plötzlich ein, wo ich den seltsamen Gesichtsausdruck von Melinda Seemann schon einmal gesehen hatte. Es war derselbe Ausdruck gewesen, den Adalbert Kaster bei unserem ersten Gespräch nach dem Unfall gehabt hatte.
    Ich verließ die Universität und ging die Straße entlang Richtung U-Bahn-Station. Es war ziemlich kalt, doch wenigstens regnete es nicht. In meine Jacke gewickelt eilte ich den Gehsteig entlang. Autos fuhren an mir vorbei, doch außer mir war kein Mensch zu Fuß unterwegs. Ich erreichte die U-Bahn-Station und lief die Treppen hinunter – doch dann zögerte ich und blieb stehen.
    Der Bahnsteig war leer, bis auf eine Gruppe von Männern, die nach Ärger aussahen.
    »Was ist denn nur los?«, murmelte ich zu mir selbst, als einer der Männer mich bemerkte und seine Kumpels auf mich aufmerksam machte.
    Mit der Erinnerung an den Überfall im Nacken, wartete ich keinen Moment länger. Ich machte auf der Stelle kehrt und rannte die Treppe hinauf und hinaus auf die Straße. Ich hörte, dass die Männer mir folgten.
    Auf der Straße erspähte ich ein Taxi und rannte auf die Fahrbahn, um es anzuhalten. Als ich in den Wagen einstieg, tauchten die Männer am Ausgang der U-Bahn-Station auf. Die Blicke, die sie mir zuwarfen, verrieten mir deutlich, dass ich gerade noch davongekommen war.
     
    Den nächsten Nachmittag freizuschaufeln war nicht so einfach. Anne hatte sich eine Shoppingtour in den Kopf gesetzt und versuchte mit allen Mitteln, mich zum Mitkommen zu überreden.
    »Ich muss echt etwas Zeit über den Büchern verbringen«, sagte ich, als Anne mir während des Mittagessens wieder von ihrem Lieblingsladen vorschwärmte.
    »Oh, bitte«, sagte Anne schmollend. »Seit wann bist du so eine Streberin? Der Mathetest ist erst nächste Woche.«
    Ich brummte etwas Unverständliches. Meine Mathematikunterlagen waren nicht die Bücher, die ich gemeint hatte, doch ich hatte irgendwie nicht das Gefühl, dass Anne für mein Forschungsthema mehr Verständnis aufbringen würde als für Schulaufgaben.
    Am frühen Nachmittag tat ich etwas Unerwartetes.
    Ich fuhr mit dem roten Mini Cooper Richtung Universität.
    Da ich seit dem Unfall viel weniger düstere Gedanken hatte und mich auf unerklärliche Art energiegeladener fühlte – und die ständigen Taxifahrten ein Loch in mein chronisch knappes Budget rissen – hatte ich beschlossen, einen Versuch mit dem Mini Cooper zu starten.
    Es hatte überraschend gut geklappt. Das Gefühl, das ich für den Wagen hatte, war jetzt nicht mehr unerträglich. Im Gegenteil, ich fühlte mich sogar unerwartet zuversichtlich, während ich die Straßen entlangfuhr.
    Es war Freitagnachmittag und ich fand ohne Probleme einen Parkplatz direkt neben dem Park hinter der Universität. Ich betrat die Bibliothek und ging zielstrebig zum Schalter. Wieder war es Herbert, der hinter dem Pult saß.
    »Ich habe gestern meine Bücher hier zurückgelegt.« Ich deutete auf den Stoß hinter dem Schalter.
    Herbert erhob sich schwerfällig, holte die Bücher hervor und reichte sie mir wortlos.
    »Ist die Bibliothek am Wochenende geöffnet?«, fragte ich, während ich die Bücher unter den Arm nahm.
    »Am Wochenende?« Herbert blickte mich an, als zweifelte er an meinem Verstand. »Na, das fehlte noch.«
    »Alles klar«, murmelte ich.
    Ich schlängelte mich zwischen den Bücherregalen durch, und suchte mir einen freien Platz im Studienbereich. Melinda Seemann tauchte so leise neben mir auf, dass ich erschrocken zusammenzuckte.
    »Tut mir leid«, sagte sie freundlich. »Ich hoffe, du bist gestern gut nach Hause gekommen.«
    Ich nickte. »Sie hatten Recht. Heute bin ich mit dem Auto hergefahren.« Außerdem lag das alte Pfefferspray meiner Mutter in meiner Handtasche. Zwei Mal war ich entkommen. Beim nächsten Mal würde ich vorbereitet sein.
    Melinda Seemann legte einen Stapel Bücher vor mich auf den Tisch. »Hier sind noch ein paar Quellen, die dich interessieren könnten. Diese beiden sind aus dem Antiquariat der Bibliothek, also sei bitte vorsichtig.«
    »Vielen Dank. Ich weiß schon, keine Cola darüber leeren …«
    Sie schmunzelte.
    Ich räusperte mich. »Ich habe mich gefragt, nachdem die Bibliothek am Wochenende geschlossen ist … könnte ich mir vielleicht ein paar Bücher ausleihen?« Meine Hoffnung sank, als ich ihren Gesichtsausdruck sah.
    »Tut mir leid, Victoria, aber da du keine Studentin bist, kann ich dir die Bücher nicht mit nach Hause geben.« Ihr Ton war freundlich,

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