Unter Korsaren verschollen
und Grundlage bedarf.«
»Italien wird frei und unabhängig sein«, zitiert Tomasini Sätze aus dem Schreiben der Gesellschaft an den britischen Minister. »Die Grenzen dieses Reiches werden die drei Meere und die Alpen sein. – Korsika, Sardinien, Sizilien, die Sieben Inseln und alle Inseln an den Küsten des Mittelländischen, Adriatischen und Ionischen Meeres werden Teile des Römischen Reiches sein. – Rom wird die Hauptstadt werden. Aber ich sage euch ja nichts Neues, brauche nicht zu wiederholen.«
»Was wird nun, Giacomo?« fragt Andrea Parvisi.
»Ich weiß es noch nicht. Vorerst muß jeder darauf achten, den Kopf auf dem Hals zu behalten. Das fremde Joch liegt wie eh und je auf unserer armen Heimat, die wir so lieben. Doch ich habe euch nicht deshalb zu mir gebeten, um meine Trauer laut werden zu lassen. – Luigi, erzählen Sie von Ihren Erlebnissen unter den Korsaren, so ausführlich wie möglich.«
Immer wieder unterbricht Giacomo den Erzähler und wendet sich an Selim, läßt ihn bestätigen, vervollständigen.
Schließlich wiederholt Tomasini, so als spräche er für sich, das Gehörte.
Aus diesem Munde klingt manches anders. Und anders sieht alles aus, als der Baron seine eignen Gedanken ausdrückt und Luigis Kampf nicht als beendet hinstellt.
»Das tue, Luigi«, schließt Giacomo, den Sohn des Freundes duzend.
Entgeistert starrt der den Sprecher an. »Unmöglich!«
Mehr weiß er auf die heißen, dringenden Vorschläge, die ihm unterbreitet, fast befohlen werden, nicht zu erwidern.
»Binde dich nicht an ein .Unmöglich’, Luigi. Überden-ke erst einmal alles in Ruhe. Nichts übereilen; denn ich weiß selbst, es ist nichts Einfaches, was ich sagte. Auf alle Fälle, meiner«, Tomasini macht eine Pause, um den Klang, den er dem letzten Wort unterlegte, wirken zu lassen, »meiner Hilfe kannst du sicher sein.«
Luigi Parvisi, der einmal El-Fransi war, kann sich nicht entschließen. Aber wieder und wieder beschäftigt er sich mit den Worten des Barons. Sie haben ihn gepackt, lassen ihn nicht mehr frei. Und je mehr er sie prüft, um so weniger stark wird die Ablehnung.
Eines Tages teilt er dem Vater und Giacomo mit, daß er die neue Aufgabe übernehmen werde.
»Ich wußte es, Luigi«, sagt Tomasini. »El-Fransi schreckt vor keiner Sache zurück, auch wenn sie unge-
wöhnlich und gefahrvoll ist wie die, der du dich zuwen-dest. Du dienst damit deinem Vaterland.«
DER
SCHRECKEN DES MITTELMEERES
Omars Herr und Förderer Mustapha ist tot. El-Fransi hat ihn besiegt. So berichteten die Burschen, die vor dem kühnen Jäger die Flucht ergriffen hatten.
Auf welche Seite soll man sich nun stellen? Noch immer ist El-Fransi ihm lieb und teuer; er verehrt ihn. Und doch hat dieser Mann seine Laufbahn gestört. Mustapha allein besaß die Macht, Omar zum Kapitän zu machen.
Was soll nun geschehen? Der junge Offizier hat sich nie um die Dinge in der Umgebung des Deys gekümmert. Er besitzt keine einflußreichen Freunde, weiß nicht, wie er solche gewinnen könnte. Niemand nimmt sich seiner an.
Ich muß mir erkämpfen, was sonst vielleicht Mustapha durch ein Wort entschieden hätte, beschließt er.
Eigenartig, auch der neue Kapitän – denn der alte, den der Tote noch persönlich unterrichten konnte, hatte kein Glück mit Prisen und mußte das Kommando niederlegen
– bevorzugt den jüngsten Offizier seines Schiffes vor den alten, erfahrenen Unterführern. Man kann Omar mit allem betrauen; er führt es aus und mit Geist. Schnell erkannte der Kapitän, daß der junge Mann allen anderen im Handwerk und an Mut überlegen ist. Obendrein ist er beliebt bei der Mannschaft, die mit ihm durch dick und dünn gehen würde.
In einem Herbststurm, dem schrecklichsten, den Omar bis jetzt erlebt hat, bricht der Hauptmast. Niederpras-selndes Gestänge begräbt den Kapitän. Die Korsaren haben den Kopf verloren. Sie wollen das leck-geschlagene Schiff verlassen, ihr Leben der tobenden, kochenden See anvertrauen, hoffend, daß die Wogen sie an die nahe spanische Küste werfen werden.
Die älteren Offiziere sind unfähig, mit dem überall herrschenden Durcheinander fertig zu werden. Sie stehen an der Reling und warten auf einen günstigen Augenblick, vom Schiff zu kommen.
Da übernimmt Omar das Kommando. Seine Augen
sprühen Feuer. »Leute, ich übernehme die Führung des Schiffes, bis der Kapitän gerettet ist!« hallt seine Stimme in das Toben des Sturms hinein.
Nur wenige der Korsaren verstehen die Worte. »Du
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