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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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wer den Erfolgsschuß abgegeben hat.
    Die Mauren sehen die Freunde ruhig bei dem gefällten Panther stehen; so können sie annehmen, keinerlei Gefahr ausgesetzt zu sein, wenn auch sie herbeikommen.
    Eine Flut von Schimpfworten und Schmähungen prasselt auf den toten Herrscher der Schlucht nieder. De Vermont bleibt nichts anderes übrig, als die Männer hart anzufahren. Sie wären imstande, das kostbare Fell durch Steinwürfe und Messerschnitte zu beschädigen.
    Man könnte nun schlafen, aber das Abenteuer liegt allen in den Gliedern. Die Nerven sind noch aufgepeitscht.
    Abbas ben Ibrahim reißt das Wort in der nächsten Zeit ganz an sich. Er weiß herrliche Jagdgeschichten, mit sich selbst als strahlendem Helden, zu berichten. Es sind haarsträubende Sachen, die der Maure da bestanden hat.
    De Vermont läßt den Mann erst einmal reden, dann gelingt es ihm, den Wortschwall des anderen einzudämmen. Nun erzählt er vom Zusammentreffen mit wilden Tieren und lenkt dann vorsichtig und unauffällig auf das hin, was ihn bewegt: das Leben in der Sklaverei.
    Oh, da kennen sich Abbas und seine Gefährten natürlich aus! In diesem Fall muß El-Fransi schweigen. War doch da ein Sklave, der… Und dann der andere Fall –
    Von Hunderten gibt es Spannendes zu berichten. Einmal hatte man auch ein Kind gebracht. Nicht als Sklave, was kann man schon von einem Kind verlangen! El-Fransi wird verstehen, nicht wahr? Es sollte zu einem Araber erzogen werden.
    Pierre-Charles wirft Luigi einen scharfen, warnenden Blick zu. Hoffentlich behält der Freund jetzt die Nerven.
    Parvisis Augen waren plötzlich weit aufgerissen. Jetzt senkt er die Lider, schließt die Augen ganz, so, als gingen ihn die Worte der Männer nichts an. Die Hände hat er in die weiten Ärmel seines Burnus gesteckt; die Finger sind um die Arme gekrampft. Ganz fest, knirschend preßt er die Zähne aufeinander, so daß sein flehender Aufschrei: Gott, mein Gott! sich nicht zu gesprochenen Worten formen kann.
    Von dem Kind gibt es nichts Aufregendes zu berichten.
    Abbas überlegt. In dieser Stunde braucht man große Abenteuer oder ungewöhnliche Vorgänge.
    Hatte… sollte… Warum sprach der Maure in der Vergangenheit? Erst jetzt ist es de Vermont aufgefallen.
    Was bedeutet das?
    Abbas hat sich eine neue Geschichte zurechtgelegt.
    Schon will er den Mund öffnen, um sie zu beginnen, als ihm El-Fransi den Anfang verdirbt. »Aber das ist doch unmöglich, mein Freund. Man kann doch kein Christenkind zu einem Araber machen!« So ungläubig, so anklagend ungläubig sagt es de Vermont, daß der Maure, wenn er nicht als Schwindler gelten will, auf die Sache zurückkommen muß.
    »Warum nicht? Ein Kind von acht, neun Jahren« –
    neun Jahre ist Livio jetzt alt, denkt Luigi – »vergißt alles, was es vorher erlebt hat.
    Nach einigen Jahren denkt und handelt es so wie seine Spielgefährten. Leider konnte ich diesen Vorgang nicht weiterverfolgen. Leute des Deys haben den Knaben plötzlich abgeholt.«
    »Wohin?« Luigi Parvisi hat die Frage in höchster Angst ausgestoßen.
    »He, he!« brüllt Selim dazwischen und stürzt davon.
    Alle springen auf, greifen nach den Waffen. »Was ist geschehen? Was geschieht?«
    Über Parvisis Körper laufen heiße und dann wieder eis-kalte Ströme. Fieber? Angst? Es ist die Ungewißheit über das Schicksal Livios. Er zweifelt nicht daran, daß Abbas die Geschichte seines Sohnes erzählt hat.
    Da kommt Selim zurück. »Ich glaubte, jemand wollte sich an dem toten Tier vergreifen«, erklärt er seine Rufe und das Davonstürzen. Ein eigenartiger Blick streift de Vermont. »Ich hatte mich getäuscht, Herr«, fügt der Neger dann noch hinzu.
    Plötzlich versteht Pierre-Charles. Selim hatte so gesessen, daß er Parvisi von der Seite beobachten konnte. Die Aufregung des Italieners war ihm nicht entgangen, und er hatte gesehen, daß die Kraft des Vaters zu Ende war.
    Das »Wohin?« konnte er nicht verhüten, es aber vielleicht in einem Durcheinander wirkungslos machen.
    Parvisi wischt sich den Schweiß von der Stirn. Während man die alten Plätze einnimmt, gelingt es Pierre-Charles, ihm zuzuraunen: »Schweig!«
    Der Franzose schimpft eine Weile auf Selims albernes Benehmen, mit dem er das Lager wieder in Aufruhr versetzt hat. Schuldbewußt zieht Selim den Kopf ein.
    »Vergessen wir es. Abbas, bitte, erzähle weiter; das wird uns alle ab¬lenken. Wo wurden wir doch gleich gestört? Ach so, ja, bei dem Kind. - Wohin sagtest du, hat man es gebracht?«
    »Du

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