Unter Korsaren verschollen
diesem Augenblick doch schneller als üblich. Viele halten den Schwarzen Panther für das schlimmste Raubtier.
Grauen grollt durch die Nacht. Das Tier stößt seinen Jagdruf aus. Dieses A-uhh-a-orr, aus der Kehle herausgeschleudert, fürchten Mensch und Tier.
Die Pferde schlagen aus, werfen mit den Hufen Steine hinter sich.
Abbas ben Ibrahim sinkt zu Boden, zerrt den Burnus über den Kopf. Nichts sehen und hören! »Allah, Allah!«
wimmert er dumpf.
Unsichtbar für de Vermont hatte sich der Panther dem Felsen, hinter dem der Jäger liegt, genähert. Während seines markerschütternden Brüllens hatte er sich aufgerichtet. In voller Größe steht er nun einige Schritte von Pierre-Charles entfernt.
Der Franzose ist kaltblütig und ruhig. Die Flinte fliegt in den Anschlag. Zwei stechende Augen funkeln für den Bruchteil einer Sekunde herüber. Das Tier hat den Feind erkannt.
Da ist auch schon der Sprung. Aufleuchten – Hoch-schnellen – der Schuß. Der Schuß dazwischen – oder vorher – oder zu spät? Alles ist ineinander verknüpft, ohne zeitliche Abgrenzung.
Der harte, spitze Donnerschlag prallt an den Steilwänden der Berge ab, fängt sich, kehrt zurück. Es ist ein Toben höllischer Töne.
Ein mächtiger Körper schnellt durch die Luft. Bevor Pierre-Charles zu der zweiten Waffe greifen kann, blitzt es in seinem Rücken auf. Hilfe in Bedrängnis.
Zwei Handbreit von de Vermont entfernt kommt das Tier zu Boden.
Der Jäger wirft sich zur Seite, stößt das abgeschossene Gewehr von sich, feuert mit Luigis Waffe. Dann wartet er gespannt, die Pistole schußfertig in der Hand.
Der Panther regt sich nicht.
»Tot, Herr!« ruft Selim; denn er war der zweite Schüt-ze. »Du, Selim? Ich danke dir. Aber wie kommst du hierher?«
Der Neger beugt sich über den toten Feind. »Ich konnte nicht schlafen. Wie leicht hätte dir, da du nicht wußtest, aus welcher Richtung das Tier zu erwarten war, ein Un-glück zustoßen können.«
Also Sorge hat den treuen Freund herbeigetrieben. »Es sah schlecht aus, du hast recht. Wir werden später feststellen, welcher der tödliche Schuß war. Ich glaube, ich schulde dir mein Leben, Selim.«
Im Lager herrscht höchste Aufregung. Nicht, daß sie sich in lauten Worten äußerte, aber in zwecklosem Handeln. Luigi hält die Pistolen in der Hand. Die Mauren haben sich unter ihre Decken verkrochen und murmeln unaufhörlich Gebete und rufen Allah zu Hilfe in dieser Gefahr. »Keine Furcht, Freunde«, beruhigt sie de Vermont. »Der Panther ist tot.«
Tot? Wirklich und wahrhaftig tot? Dann ist man doch gerettet! Abbas wirft die Decke mit einem kräftigen Ruck von sich.
»Tot, El-Fransi? Du schwörst, daß der grimme Bursche sich nicht mehr rührt?«
»Ja.«
»Allah sei Lob und Dank, daß wir dem schrecklichen Räuber das Leben nehmen konnten. Auf, Freunde, wir müssen dieser Memme, die vor unserer Stärke zu Boden gesunken ist, die Schmach ins Gesicht schleudern!«
»Tut das, ihr tapferen Helden. Überzeugt euch, daß der Panther auch wirklich nicht mehr atmet. Ich habe es noch nicht getan. Auch schwer verletzt ist er noch ein heimtückischer und vielleicht noch hundertmal gefährlicherer Gegner.«
»Wie kannst du es wagen, El-Fransi, das Tier zu verlassen, ohne dich zu vergewissern, daß es keinen Schaden mehr anrichten kann? Sofort holst du es nach, ich befehle es. Du gefährdest das Leben von sechs Menschen durch deinen unverzeihlichen Leichtsinn.«
»Sei ruhig!« Pierre-Charles hat den Mauren so angefah-ren, daß der sich vor Schreck auf den vielleicht klügsten Teil seines Körpers niedergelassen hat. Der Mund steht ihm weit offen.
Selim nimmt ein brennendes Scheit aus dem Feuer.
»Wollen wir uns jetzt den Panther ansehen?« fragt er Pierre-Charles.
»Gut, komm. Und du auch, mein Freund!« Diese Aufforderung ist an Parvisi gerichtet, den de Vermont und der Neger in Gegenwart von Fremden immer wie einen zufällig zu ihnen gestoßenen Jäger behandeln. Luigi nimmt ebenfalls einen Brand und folgt.
»Ein prächtiger Kerl!« stellt der Franzose fest. »Sicherlich ein Einzelgänger, ein Einsiedler, der Herr und Schrecken der Schlucht. Er wird keinen Nebenbuhler in seinem Gebiet geduldet haben.«
Die eine Kugel ist ihm genau ins Auge gegangen, hat den sofortigen Tod herbeigeführt. Die andere hat hart daneben den Knochen getroffen und ist abgeprallt. Der Schuß aus Luigis Gewehr hat den Ohrgang getroffen. Da beide Schützen die gleichen Waffen haben, ist nicht festzustellen,
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