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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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hinterdrein. Ein überflüssiger Mensch.
    Plötzlich hält der aufgeregte Schwärm an. Einer der größten Jungen pflanzt sich vor Achmed auf und funkelt auf ihn herab.
    »Warum hast du vorgesagt?«
    »Ach, nur so«, stottert der kleine Neger. Er hat Furcht vor dem kräftigen, ränkesüchtigen Mahmud.
    »Nur so? Hahaha! Du bist ein Freund dieses Ungläubigen. Leugne nicht!«
    »Ich habe nichts mit Omar zu tun, bestimmt nicht. Aber wenn er die Gebete nicht kann, bekommt er Schläge von dem Lehrer, und das mag ich nicht.«
    »Es kann ihm nichts schaden, dem Jungen des Deys!
    Noch mehr, viel Schläge soll er bekommen!«
    Aus Mahmud spricht der Haß der Berber gegen die türkischen Unterdrücker. Berber und Kabylen sind, wenn auch nicht immer offen, Feinde der Türken. Sie lieben die Freiheit, lieben es, ungebunden zu sein, und greifen darum oft zu den Waffen.
    Eines Tages hatten Leute aus Algier den Jungen Omar ins Uxeire-Dorf am Djebel Uannaseris gebracht. Man übergab ihn zur Pflege einer alten Negerin, zur Erziehung dem Marabut. Für die Alte ist das Kind ein unerwünschtes Anhängsel, um das sie sich nicht kümmert.
    Mag der Junge kommen und gehen wie es ihm beliebt; er weiß, wo er nach etwas Eßbarem suchen muß, und wird es finden. Nicht ganz so sorglos wie mit Omar verfährt die Frau mit den beiden anderen Hausgenossen, die zur selben Stunde bei ihr Einkehr hielten: zwei Ziegen, eckigen, knochigen Dingern, die aber so wertvoll sind, daß für sie alles getan wird, für den Knaben, dem ja dieser Reichtum zu verdanken ist, nichts.
    »So, so, das magst du nicht«, setzt Mahmud das Verhör fort. »Aber wir« – er blickt im Kreis umher –, »wir dulden nicht, daß Omar in Schutz genommen wird.« Eingeschüchtert, beeilen sich einige, lebhaft zuzustimmen.
    »Das nächste Mal werde ich ihm helfen!«
    »Du, Ali? Was fällt dir ein?«
    »Was geht es dich an, Mahmud? Was euch alle? Hat dir oder euch anderen Omar jemals etwas zuleide getan? Ihr schweigt, wißt keine Antwort darauf, weil es Lüge wäre.
    Ich bleibe dabei, auch wenn du dich noch so aufspielst, Achmed und ich werden nicht zulassen, daß ihn der Marabut wegen seiner Unkenntnis schlägt. Dazu haben wir ein Mittel: Vorsagen.
    Und das wenden wir an, du kannst dich, ihr alle könnt euch darauf verlassen.«
    »Wagt es!«
    »Wir werden es!«
    »Sieh meine Muskeln!« protzt Mahmud. Er streift die Ärmel seines Hemds zurück und reckt wie ein Ringer die angewinkelten Arme von sich. Die Kinder blicken nei-disch auf die sich schon bildenden Muskeln des großen Jungen.
    »Mich schreckst du damit nicht!« Geringschätzig, wegwerfend sagt es Ali, der nur einen flüchtigen, verstohle-nen Blick auf die nackten Arme geworfen hat. Und zu den anderen gewendet: »Wer von euch wird Omar noch helfen?«
    Beklommenes Schweigen. Einige haben plötzlich in der Ferne etwas entdeckt, das einer genauen Betrachtung unterzogen werden muß. Keiner der Mitschüler fühlt sich angesprochen. Alle fürchten Mahmud als stärksten und jederzeit zu Raufereien aufgelegten Kameraden.
    »Memmen seid ihr, laßt euch von dem da befehlen! Ich tue es nicht.«
    »Dann will ich dir gleich zeigen, daß ich wirklich der bin, der zu befehlen hat!« zischt Mahmud. Und schon dringt er auf Ali ein, versetzt ihm einen Stoß; der Kleinere taumelt. Obwohl bereits dieser Schlag gezeigt hat, daß der Angreifer über große Kräfte verfügt und harte Fäuste besitzt, stürzt Ali vor. Es ist ein ungleicher Kampf. Alle Vorteile sind auf seiten des anderen.
    Da rollt Ali in den Sand. Die Umstehenden brechen in helles Gelächter aus. Es war leichtsinnig, mit Mahmud anzubinden. Doch: »Mahmud!« Der Warnruf kommt zu spät. Der Junge knickt zusammen, stürzt neben dem ge-fällten Gegner zu Boden. Der kleine Achmed, der sich bisher ängstlich zur Seite gedrückt hatte, war herange-schlichen und hatte Mahmud einen kräftigen Fußtritt in die Kniekehlen versetzt.
    Wie der Wind springt Ali auf, beugt sich über den erschrockenen und bestürzten Feind, bearbeitet das Gesicht und den ganzen Körper mit Püffen und Hieben.
    Jetzt ist die Meute in Aufregung. Einige wollen ihrem bedrängten Anführer helfen. Sie werden zurückgerissen.
    Nichts da, Mahmud soll selbst mit den beiden Kleinen fertig werden. Nein – ja – nein – und doch! – Eine allgemeine Rauferei entsteht.
    Der Neger hat den linken Arm des Gegners gepackt, preßt ihn mit seinem ganzen Körpergewicht zu Boden, setzt sich darauf. Das ist ein guter Trick, Ali

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