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Unter Korsaren verschollen

Unter Korsaren verschollen

Titel: Unter Korsaren verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Legere
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nicht, Omar? Komm, ich will dir von diesem Mann erzählen.«
    Was Alis Vater von dem berühmten Jäger berichtet, fesselt den Jungen. Diesem El-Fransi muß man nachei-fern! In ganz Algerien ist er bekannt und beliebt; überall wird er verehrt, da er jederzeit zu helfen bereit ist.
    »War er auch schon hier im Dorf?« Nicht genug kann Omar erfahren. »Ja.«
    »Und wird er wiederkommen?«
    »Wir hoffen es; denn wir vergessen die Hilfe nicht, die er uns geleistet hat.«
    El-Fransi ist Omars Vorbild. Mutig und hilfsbereit werden wie er, das ist sein Ziel. Ob er wohl einen kleinen Gehilfen brauchen könnte? Einen Jungen für das Pferd, der Feuerholz sammelt, das Lager bereitet, die vielen kleinen Handgriffe ausführt, die täglich in großer Anzahl anfallen? Wenn doch El-Fransi käme!
    Aber der berühmte Jäger kommt nicht. Vielleicht ist es sogar gut. Inzwischen kann man noch viel lernen, was zur Jagd notwendig ist.
    So oft Fremde das Dorf am Djebel Uannaseris besuchen, schlägt des Jungen Herz höher. Vielleicht ist er es, er, der Große, Verehrte, der Meister! Nein, man braucht nicht einmal nach den Namen der Angekommenen zu fragen. Anders müßten sie empfangen werden, wäre El-Fransi dabei. Es werden nur gewöhnliche Händler sein, die irgend etwas kaufen oder verkaufen wollen, nebenbei sich nach Omar erkundigen und darüber nach Algier berichten.

    ANGRIFF AUF ALGIER
    Es war schwer gewesen, den fiebernden El-Fransi nach La Calle zurückzubringen. Als Pierre-Charles Wochen darauf das Lazarett in der Korallenfischerstadt verlassen konnte, stand fest, daß nur ein langer Aufenthalt in der Heimat die zerrüttete Gesundheit wiederherstellen wür-de. Der Arzt hatte sogar angedeutet, daß eine Rückkehr nach Algerien überhaupt nicht in Frage komme, wenn nicht das Schlimmste eintreten sollte.
    So plant der Franzose, sich im gemäßigten Klima nie-derzulassen, irgendwo im Norden Frankreichs, und sich mit seinem wissenschaftlichen Werk zu beschäftigen, zu dem ihm Parvisis Kunst vorzügliche Zeichnungen beige-steuert hat.
    Ah, Parvisi, an dessen Sohn die Türken ein Verbrechen begehen! denkt de Vermont. Was soll nun geschehen, da der erfahrene Jäger El-Fransi nicht mehr helfen kann, den Jungen zu finden und zu befreien?
    El-Fransi wird nicht mehr sein! Gewiß, für lange Zeit werden seine Abenteuer noch an den Lagerfeuern, in den Hütten, an den Brunnen und Rastplätzen erzählt werden, aber eben als: »Es war einmal… «
    Der einst lebende El-Fransi wird zur Märchengestalt, zum Sagenheld werden.
    Warum das? Muß denn El-Fransi Pierre-Charles de Vermont sein?
    Der Franzose greift zur Feder, wirft ein paar Zeilen für den abwesenden Parvisi auf ein Blatt Papier. Dann reitet der kranke Mann langsam hinaus zu Selim.
    Der Neger folgt gespannt den Worten des Freundes.
    Schweigt. »Das ist alles, Selim. Was hältst du davon?«
    »Du nimmst mich nicht mit? Hast du dich jemals über mich beklagen müssen?«
    »Wie kannst du fragen! Aber sieh, Marseille ist eine große Stadt, anders als Algier, als Constantine, Bona oder gar unser winziges La Calle. Du würdest schwer in ihr leben können. Wahrscheinlich werde ich nicht in Marseille bleiben. Doch das wäre nicht ausschlagge-bend, etwas anderes ist es: Ich kann dich nicht mitnehmen, weil du hier noch gebraucht wirst. Du mußt Luigi helfen, das Kind den Händen der Türken zu entreißen.
    Sei nicht traurig, Selim. Vielleicht komme ich auch eines Tages wieder.«
    »Vielleicht.« Der Neger macht eine wegwerfende Ge-bärde; er glaubt nicht daran. »Aber natürlich, jemand muß Parvisi beistehen. Ich werde es tun.«
    Das wollte de Vermont hören. Hoffentlich ist Parvisi ebenso schnell bereit, Pläne und Vorschläge anzunehmen.
    Mit genau bedachten Worten erklärt er dem Italiener dann, daß er nicht mehr an der Befreiung Livios teilnehmen kann.
    Parvisi hat es längst geahnt, jetzt, da es Gewißheit ist, erbleicht er aber. Auch er, wie zuvor Selim, bleibt stumm auf die Worte des Freundes.
    Dieses Schweigen ist bitter für den Franzosen. Er fühlt ja mit Luigi, glaubt etwas zu wissen von dem, was das Herz eines Vaters beklemmt, wenn die Hilfe für den Sohn in die Ferne zu rücken droht.
    Erst nach einer geraumen Zeit spricht Parvisi: »Ich wünsche dir vollste Genesung, Pierre-Charles. Meinen Dank, verzeih, den kann ich nicht in Worte fassen.« , Warum fragt er denn nicht, was nun werden soll? denkt Pierre-Charles. Es geht doch um Livio. Hat der Freund alle Tatkraft verloren? Droht ein

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