Unter Trümmern
ich mir, wir spendieren unserem jungen Kollegen eine Bahnfahrt. Wohnen kann er da unten bei meinem Bekannten. Das ist schon geklärt.“
„Kollege Reuber, der Samariter“, spöttelte Koch und lachte. „Gute Idee. Ich hoffe nur, dass unser Siggi sich nicht heimlich ins Fahrerlager schleicht, einen Wagen nimmt und das Rennen mitfährt.“
„Tja, mit dem Risiko müssen wir leben.“
„Ich bin dabei. Gute Idee, Reuber.“
Als sie Siggi am nächsten Vormittag das Bahnbillett überreichten, war sein Freudenschrei im ganzen Gebäude zu hören. Er wäre den beiden Kommissaren am liebsten um den Hals gefallen.
Immer wieder bedankte er sich überschwänglich und die beiden Männer fragten sich, ob es nicht besser gewesen wäre, ihm das Geschenk erst einen Tag vor dem Ereignis zu überreichen. So mussten sie noch eine ganze Woche einen völlig überdrehten Siggi ertragen.
Diese Woche begann Koch mit seinem Antrittsbesuch bei Arnheim. Der trug einen marineblauen Anzug, die Jackettknöpfe schimmerten golden.
„Hat Sie ja arg erwischt, Koch“, sagte er nach der Begrüßung. „Ich hoffe, Sie haben Ihre Lungenentzündung vollständig auskuriert.“
„Ja, zum Glück, viel länger hätte ich es im Bett auch nicht ausgehalten.“
„Ich schlage vor, dass Sie sich diese Woche noch im Büro beschäftigen. Es sind ja auch einige Berichte liegen geblieben, die Sie jetzt schreiben können.“
Koch verzog sein Gesicht.
„Ich kann Sie gut verstehen, Koch, aber auch das ist Teil der Polizeiarbeit. Sie glauben gar nicht, wie viel Zeit ich in Sitzungen und Besprechungen verbringen muss, was ich an Berichten schreiben muss. Also, einen guten Start und machen Sie langsam. Diese Woche ist noch Innendienst angesagt.“
Arnheim stand auf, Koch tat es ihm nach, aber er bewegte sich nicht sofort zur Tür.
„Ist noch was, Koch?“
„Kann ich mich nicht an anderer Stelle nützlich machen als im Innendienst? Gibt es nicht irgendetwas …“
Arnheim fasste mit seiner rechten Hand an seinen gezwirbelten Schnurrbart.
„Was meinen Sie konkret?“ Arnheims eben noch gute Laune schien schlagartig verflogen. „Gibt es irgendetwas Bestimmtes? Irgendetwas, dass Sie gar nicht wissen dürften?“
Koch schüttelte den Kopf.
„Nein, nein, ich habe jetzt nur so lange Zeit drinnen verbracht, da steht mir der Sinn nach Abwechslung.“
„Nein!“, entschied Arnheim kategorisch. „Diese Woche machen Sie Innendienst. Nächste Woche sehen wir weiter!“
Widerwillig begab sich Koch in sein Büro und starrte die Wand an. Büroarbeit, während am nächsten Tag die Razzia gegen Brunner lief. Irgendwann begann er lustlos an den Berichten zu arbeiten und unterbrach die Arbeit immer wieder, um sich einen Becher voll der dünnen Brühe, die irgendetwas mit Kaffee zu tun haben sollte, in der Kantine zu besorgen. Er überlegte, wie er es anstellen konnte, am nächsten Tag doch zumindest Zeuge der Razzia zu werden. Reuber war den ganzen Tag und auch am Abend nicht zu erreichen, Koch vermutete, dass er mit der Organisation der Durchsuchungsaktion beschäftigt war.
Siggi war, seitdem er von dem Rennen wusste, kaum zu etwas zu gebrauchen.
Am nächsten Morgen war Koch besonders früh in der Polizeidirektion, weil er hoffte, etwas von den Vorbereitungen zu der Razzia mitzubekommen, aber wohin er auch ging, in die Kantine, die Autohalle oder den Bereitschaftsraum, nirgends fand er Anzeichen für den Einsatz.
Um kurz vor halb neun klopfte es an seiner Tür. Ein junger Mann, den Koch noch nicht gesehen hatte, bat ihn in Arnheims Büro zu kommen.
Dieser verwickelte ihn in ein Gespräch über Banalitäten, sodass der Kommissar bald zu dem Schluss kam, dass sein Vorgesetzter ihn im Auge behalten wollte, zumindest so lange, bis die Aktion angelaufen war. Als er um halb zehn gehen durfte war, wusste er, dass die Razzia nun in vollem Gange war. Und er war nicht dabei.
Die nächsten Stunden verbrachte er voller Unruhe und war so unleidlich, dass sogar Siggi es vermied, seine Nähe zu suchen. Seitdem der wusste, dass er am Freitag zu dem Rennen auf dem Ruhestein fahren würde, ging er hauptsächlich Jörg und seinen Leuten in der Autohalle auf die Nerven.
Am späten Nachmittag sah er Reuber mit wütendem Gesichtsausdruck über den Gang zu Arnheims Büro laufen. Er war zu weit weg, um ihn noch zu erreichen. Und durch den ganzen Raum rufen wollte er auch nicht.
Er ließ seine Bürotür offen stehen, stand immer wieder auf, ging vor, sah hinaus ins Treppenhaus
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