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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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alleine war. Aber die Sache nagte zu sehr an ihm, seine Geduld war begrenzt, ihm dauerte das alles viel zu lange.
    Die Kneipe hatte er bald gefunden. Sie war ein heruntergekommenes Loch, vor dem Krieg vielleicht ganz ansehnlich, aber jetzt waren Teile des Mobiliars herausgerissen und durch irgendwelche bizarren Gegenstände ersetzt worden, die als Ablage für die Gläser dienten. Eine einzige Lampe brannte nicht sehr hell über dem Tresen und durch das kleine Fenster, das mit feuchten Brettern vernagelt war, drangen nur dünne, diffuse Lichtstreifen ins Innere des Raums. Es roch nach Tabakqualm, der über Jahrzehnte in die unverputzten Wände eingedrungenen war und sich mit einer Grundfeuchtigkeit gemischt hatte.
    Koch blieb kurz in der Tür stehen und sah sich um. Zehn, zwölf Leute verteilten sich in dem Raum, der vielleicht dreifache Wohnzimmergröße hatte, die meisten Zecher standen um den Tresen. Glodkowski und Hafner konnte er nicht unter ihnen entdecken. Koch stellte sich an ein Eisenteil, das den Mittelpunkt des Raumes bildete, eine Art überdimensionierten Kolben, der ihm fast bis zur Brust reichte. Bei seinem Eintritt hatten sich alle ihm zugewandt und ihre Stimmen gesenkt. Immer wieder sahen sie zu ihm herüber.
    Ein alter Mann mit Schirmmütze stellte ihm nach zwei Minuten ein Glas mit einer klaren Flüssigkeit auf das Metallstück.
    „Was anderes haben wir nicht. Zum Wohl! Macht vierfuffzig! – Kannst auch woanders hingehen, wenn’s dir zu teuer ist!“, empfahl ihm der Wirt, als Koch den Mund bei der Nennung des Preises verzog.
    „Ist schon gut“, erwiderte er, griff in seine Hosentasche und zählte den Betrag ab.
    Der Wirt steckte das Geld ein und zockelte zurück zum Tresen.
    „Freddie, noch mal drei!“, rief ihm einer der Männer am Tresen zu.
    Koch war ein Fremdkörper in diesem kleinen Universum. Einen Anzug wie er trug keiner der Männer, ebenso wenig einen Hut. Sie hatten Kappen und Schirmmützen auf ihren Köpfen. Koch sah sich unauffällig um. Viel Hoffnung hatte er nicht, hier den Mann mit der Schiebermütze aus dem Krankenhaus zu entdecken, dafür hatte er ihn viel zu kurz gesehen.
    Er nahm sein Glas und nippte vorsichtig daran. Es war ein scharf gebrannter Obstschnaps.
    „Selbst gemacht. Nach Opas Rezept.“ Ein älterer Mann mit einem dünnen Haarkranz und einer Arbeitshose hatte sich neben Koch gestellt und beobachtete ihn beim Trinken. Er hatte eine ungewöhnlich kräftige Statur, vor allem für diese Zeit, in der die meisten Männer abgemagerte Hänflinge waren.
    „Keine Angst, wirst schon nicht blind davon“, sagte er und lachte. Einige der anderen Gäste sahen zu ihnen herüber und betrachteten den Neuen weiterhin mit Skepsis. Koch nahm an, dass der Alte vorgeschickt worden war, um ihn abzuklopfen.
    „Wo kommste denn her? Bist nicht von hier?“ Der Mann ließ Koch nicht aus den Augen und kratzte sich am Hinterkopf.
    „Aus der Stadt. Ich suche Arbeit und habe Durst bekommen.“
    „Und da biste einfach so hier rein?“
    Koch nickte. „Ja, einfach so. Ist das verboten?“
    „Verboten? Nee nee! Die Zeiten der Verbote sind vorbei. Jetzt darf jeder wieder wie er will.“
    „War es vorher besser?“ Koch ermahnte sich besonnen zu bleiben.
    „Wie man es nimmt.“ Der Mann blieb vage und ließ sein Gegenüber nicht aus den Augen. Eine Hand behielt er in seiner Hosentasche. Koch fürchtete, dass er da ein Messer hatte. Die anderen Männer in der Kneipe sahen immer wieder zu ihnen herüber, die einen offen, die anderen verstohlen.
    „Biste’ n Kriminaler?“
    „Kriminaler?“, fragte Koch zurück. „So ein gefährlicher?“
    „Genau. So einer. Ob du gefährlich bist, wird sich noch zeigen.“
    „Nee. Ich suche Arbeit und ein Kumpel von mir hat mir gesagt, dass ich hier nach einem Klaus fragen soll. Der wüsste immer was.“
    „Klaus?“ Die Augen des Alten wurden noch kleiner. Sein Körper spannte sich.
    Der Wirt kam an den Tisch, in der Hand zwei Gläser.
    „Männer, keinen Ärger“, forderte er und stellte die beiden Gläser auf den Metallkolben. „Auch du, Werner!“, fügte er mit Blick auf den Alten hinzu.
    „Schon gut, Freddie“, sagte der und grinste. „Der Mann sucht Arbeit. Da ist er hier doch ganz richtig. Aber du weißt doch, was heutzutage für Gesocks hier rumläuft.“ Er hatte zu dem Wirt gesprochen. Jetzt drehte er sich zu Koch. „Darf jetzt frei rumlaufen. Schlechte Zeiten!“
    Koch nahm sein Glas und trank einen Schluck.
    „Keine Manieren,

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