Unter Trümmern
hoffen, dass Franzi ihr verzieh.
Dorle blies die Kerze aus, eilte die Treppe nach draußen, wo es mittlerweile schon dunkel war. Sie überquerte den Hof und verließ, ohne abzusperren, ihr Haus, eilte durch die Straßen, bis sie atemlos vor Franzis Haus stand.
Vor der Tür zögerte sie einen Moment und stellte alles, was ihr eben noch so klar erschienen war, in Frage. Da hörte sie plötzlich jemanden ihren Namen rufen.
„Dorle, bist du das?“
Sie drehte sich um. Franzi kam auf sie zugelaufen. Ihr schossen Tränen in die Augen.
„Franzi, Franzi!“, rief sie aus, als diese bei ihr war.
„Was willst du?“, fragte die zurück.
Statt einer Antwort warf sie sich der Freundin in die Arme.
Die ließ sie einen Moment gewähren.
„Komm!“, sagte sie kühl, löste sich von Dorle und öffnete die Haustür.
Drinnen bot sie Dorle einen Platz in der Küche an und kochte etwas, das Ähnlichkeit mit Kaffee hatte.
Sie stellte zwei gefüllte Tassen auf den Tisch.
„Warum kommst du?“, fragte sie noch einmal, dieses Mal schon nicht mehr so kühl wie vor dem Haus.
„Entschuldigung, Franzi“, stieß Dorle aus. „Es tut mir so leid. Ich war so dumm. Du hattest so Recht. Ich weiß auch nicht, wieso …“ Die restlichen Worte gingen in einem Schwall von Tränen unter. Dabei stieß sie ihre Tasse um und die Flüssigkeit tropfte auf ihr Kleid.
Franzi beugte sich vor und streichelte Dorles Arm.
„Und jetzt … jetzt …“
Dorle bekam den Satz nicht heraus. Franzi wartete.
„Ich habe viele Fehler gemacht, so viele, alles falsch …“, sagte sie.
Nach einigen Minuten hatte sie sich so weit beruhigt, dass sie begann zu erzählen. Sie ließ nichts aus, auch nicht, dass sie sich zu dem Kommissar hingezogen fühlte und auch nicht die Vergewaltigung durch Neubert. Und zum Schluss erzählte sie von Brunners Auftrag, den sie an diesem Tag ausgeführt hatte und die schreckliche Erkenntnis, die ihr am Abend gekommen war. Und auch den gefundenen Schmuck verheimlichte sie nicht.
„Hast du ihn bei dir?“, fragte Franzi.
Dorle nahm ihn aus ihrer Tasche und legte ihn auf den Tisch.
Franzi schob ihn vor sich auf dem Tisch hin und her und betrachtete die Kette und den Ring.
„Was hast du damit vor?“, fragte sie.
Dorle zuckte mit der Schulter.
„Kann ich das haben?“
Dorle sah ihre Freundin erstaunt an.
„Nicht für mich“, beschwichtigte die sogleich.
„Was hast du vor …?“
„Später.“ Ein Lächeln huschte über Franzis Gesicht, erstarb aber sofort wieder.
„Was ist?“, fragte Dorle.
Franzi sah sie unsicher an. „Ich muss dir auch was sagen. Ich habe …“, sie stockte. „Es gibt da einen Mann …“
Dorle schwieg. Sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Ihr fiel das seltsame Verhalten ihrer Freundin ein, als sie nach der Eröffnung der Universität nach Hause gingen und sie nicht wollte, dass Dorle mit zu ihr kam.
„Ein Amerikaner. Soldat.“
„Amerikaner?“, wiederholte Dorle.
Franzi nickte leicht mit ihrem Kopf. „Gleich nachdem die Amerikaner kamen … ich habe ihn auf der Straße kennen gelernt …“
Der Anflug eines Lächelns huschte übers Franzis Lippen.
„Im Sommer … letztes Jahr, als die Amerikaner … ein …“, sie zögerte, „… ein Schwarzer …“, sie sah ihre Freundin an, wartete auf eine Reaktion, sprach, als die nicht kam, weiter, „… Du weißt, als die Franzosen kamen … da musste er weg … nach Süden, nach Bayern … Nur wenn er frei hat und darf … und …“
„Und an dem Tag, als wir bei der Eröffnung waren, war er da?“
„Er wollte am Abend kommen. Und ich wusste nicht, ob du … du bist manchmal so streng … und dann kam er nicht. … Und ich dachte, er … wollte mich nicht mehr … “
Nun musste sogar Dorle lächeln, obwohl ihr gar nicht danach zumute war. Deshalb war Franzi an dem Tag und auch noch am nächsten Morgen so seltsam gewesen.
„Dorle …?“
„Ja?“
„Ich …“
Franzi kämpfte mit sich.
„Ich gehe vielleicht mit ihm …“
„Nach …“
Sie nickte. „Ja. Nach Amerika.“
Dorle nickte mechanisch mit dem Kopf. „Du hast gar nichts gesagt.“
„Ich konnte nicht. Die Leute. Und ich wusste nicht, was du …“
Dorle stand auf und umarmte ihre Freundin. Sie wollte nicht, dass sie wegging. Sie dachte an den Kommissar. Hatte sie nicht auch Anspruch auf Glück und Liebe, Franzi genauso wie sie selbst?
Schweigend hielten sich die beiden Frauen im Arm.
Nach einigen Minuten löste sich Dorle.
„Was soll
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