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Unter Trümmern

Unter Trümmern

Titel: Unter Trümmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Heimbach
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Und ich bin blöderweise auch noch gestolpert.“
    „Schon gut, Siggi“, wiegelte Koch ab. „Der hätte wahrscheinlich genauso eine Geschichte aus dem Hut gezaubert wie die beiden Idioten da drin. Das stinkt doch alles zum Himmel. Die Handverletzung, alles …“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung.
    „Sie haben ja einen ganz schön harten Punch“, versuchte Siggi seinen Chef aufzuheitern.
    „Seien Sie still, bevor ich den an Ihnen weiter verfeinere“, blaffte er seinen Kollegen an. „Ich wette, dass Arnheim schon davon weiß, bevor wir in die Direktion kommen.“
    Am Wagen wollte Siggi die Tür aufschließen, hielt aber in der Bewegung inne.
    „Was ist?“, fragte Koch übers Wagendach.
    „Ich bin sicher, dass ich abgeschlossen habe. Die Tür ist aber nicht verriegelt.“
    Koch drückte die Klinke auf seiner Seite nieder.
    „Zu. Meine ist zu“, sagte er.
    „Komisch. Ich könnte schwören …“
    „Vielleicht vergessen … fehlt denn was?“
    Siggi kroch über den Fahrersitz, um Kochs Tür zu öffnen und sah sich aufmerksam im Auto um.
    „Zu klauen gibt’s ja eigentlich nichts. Wenn, dann die Karre … Und wer die klaut, ich weiß nicht, der kann auch nicht ganz dicht sein.“
    „Gut!“, entschied Koch, „dann lassen Sie uns fahren.“
    Auf der Rückfahrt konnte Siggi es dennoch nicht lassen, mehrmals zu beteuern ganz sicher zu sein, dass er die Tür verriegelt hatte.
    Koch beauftragte Siggi zu prüfen, ob es bei dem überfallenen Warendepot in Bodenheim irgendwelche Spuren gab, die mit Fred in Verbindung gebracht werden konnten. Ein Stofffetzen am Stacheldraht, ein Blutrest, der dort gefunden worden war, um zumindest eine Übereinstimmung der Blutgruppe festzustellen. Kein Beweis, aber ein Indiz, dass sie auf der richtigen Spur waren. Außerdem sollte er die Berichte über Überfälle zusammenstellen, bei denen ähnlich vorgegangen worden war.
    Er selbst verbrachte den Rest des Tages in seinem Büro und vermied es, mit einem Menschen zu sprechen. Er suchte nach Wegen Brunner beizukommen, aber als er gegen sechs Uhr das Büro verließ, war er keinen Schritt weiter. Arnheim hatte sich nicht gemeldet, was er als gutes Zeichen aufnahm. Vielleicht wollte Brunner nicht Kochs Zorn erregen, indem er ihn anschwärzte, und hielt es für vorteilhafter, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Für den Moment zumindest. Im Bedarfsfall konnte er sie ja immer wieder hervorkramen.
    Aus einem sentimentalen Grund machte Koch einen Umweg zu seiner Wohnung in der Zahlbach. Das Haus, in dem er aufgewachsen war, lag nicht weit von der Polizeidirektion entfernt. Trotzdem hatte er es bis zu diesem Tag vermieden, daran vorbeizugehen. Heute würde er es tun. Aber er musste dazu einen Umweg machen. Er ging an der Zitadelle vorbei in die Stadt, betrachtete den mächtigen Dom, der den Feuersturm nach dem letzten Bombenangriff wie durch ein Wunder fast unbeschadet überstanden hatte, lief durch die Gassen der völlig zerstörten Innenstadt, vorbei am zerbombten Theater, wo er in seiner Kindheit ein paar Mal mit seiner Mutter gewesen war, und stieg die steile Gaustraße hinauf in den Kästrich, den Stadtteil, in dem er aufgewachsen war.
    Er verlangsamte sein Tempo, suchte nach Spuren, die ihn an früher erinnerten, aber die allgegenwärtige Zerstörung machte ihn traurig. Das war aus den Großreich-Träumen geworden. Wüste Städte, Menschen ohne Heimat, ohne Hoffnung. Aber es hatte damals auch mahnende Stimmen gegeben. Leute, wie sein Vater, die vor den Nazis gewarnt hatten, die an den völkischen Wahnsinn nicht glauben wollten. Aber sogar in der eigenen Partei war er dafür angefeindet worden. Die Feinde, das waren für viele Genossen die Sozialdemokraten. Wenn die Kommunisten und die Sozialdemokraten zusammengehalten hätten gegen die Nazis, sie hätten sie aufhalten können, aber sie verstrickten sich in ihrem Kleinkrieg, stritten um die richtige Linie und hatten mit einem Mal die Gestapo vor der Tür stehen. Damals, in den Zwanzigern, als sein Vater damit überall aneckte, wollte Koch das auch nicht glauben, aber in Spanien hatte er es später selbst erlebt. Mehr als einmal war ihm der Gedanke gekommen, ob sein Vater den Tod gesucht hatte. War er so desillusioniert gewesen, besonders nach dem Tod seiner Frau, dass er nicht mehr wollte? Seine Liebe weg, seine Partei untergegangen oder zumindest im Untergrund verschwunden. Was war ihm da noch geblieben? Sein ihm fremd gewordener Sohn, der zur Polizei gegangen war, in

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