Unter Trümmern
öffnete die zweite Flasche Moselwein und rauchte seine Zigaretten. Irgendwann verabschiedete er sich von Koch, der ans Fenster ging und dem Kollegen so lange nachsah, bis der hinter der Straßenbiegung verschwunden war.
Am nächsten Morgen hing der kalte Zigarettenrauch noch unangenehm im Zimmer. Koch roch an seiner Kleidung und entschloss sich, an diesem Tag seinen anderen Anzug anzuziehen. Er riss die Fenster auf und stellte erfreut fest, dass es wärmer geworden war. Kindergeschrei drang durch das offene Fenster in seine Wohnung.
In der Küche fand er auf dem Tisch einen Zettel. „Unter dem Sofa. Und Obacht bei der nächsten Hausdurchsuchung.“
Koch ging ins Wohnzimmer, wo er an der beschriebenen Stelle tatsächlich die dritte Flasche Riesling fand.
In der Polizeidirektion lag auf seinem Schreibtisch der unterschriebene Beschluss zur Durchsuchung des Gerberschen Hofes. Falter hatte tatsächlich Wort gehalten und die Durchsuchung des Hofes gegen Arnheims Willen durchgesetzt. Der kochte wahrscheinlich vor Wut und ihr Verhältnis würde dadurch sicher nicht besser werden, überlegte der Kommissar, aber das war ihm egal. Jetzt ging es voran, ein kleiner Lichtblick wenigstens nach diesen Tagen der Stagnation.
Er organisierte einige Leute für die Durchsuchung, nur Siggi war nicht an seinem Platz. Koch lief die Treppe herunter auf den Hof und zur Autohalle, wo er Siggis Stimme schon vernahm, kaum dass er die Tür geöffnet hatte. Er benötigte einige Sekunden, bis er den jungen Mann über den Motorraum eines Wagens gebeugt entdeckte.
„Sie müssen sich entscheiden: Polizist oder Mechaniker!“, rief Koch und Siggi hob seinen Kopf aus dem Motorraum. Er war so erfreut, seinen Chef zu sehen und wollte so eilig zu ihm, dass er sich seinen Kopf an der geöffneten Motorhaube stieß und aufschrie. Jörg lachte laut, was ihm Siggis zornigen Blick einbrachte.
Der rieb sich ein paar Mal über die Stelle, mit der er das Blech berührt hatte und ging auf seinen Vorgesetzten zu. „Schön, dass Sie wieder da sind. Ich hatte schon Sorge, dass Sie nicht mehr kommen.“
„Sie brauchen sich keine Sorgen um mich zu machen, Siggi“, erwiderte dieser unwirsch. „Machen Sie sich lieber fertig. Wir müssen los.“
„Wohin?“
„Ein Einsatz!“, erklärte Koch trocken.
„Ich komme!“ Siggi sprang in die Luft.
„Gleich, Siggi, gleich“, beschwichtigte ihn Koch, „besorgen Sie uns erst mal einen Wagen, ich schaue mal, ob die Kollegen schon da sind.“
Eine halbe Stunde später hielten zwei Fahrzeuge vor Gerbers Gut. Siggi hatte dieses Mal den Adler Triumph Junior bekommen, den Koch schon kannte. Hinter ihnen saßen zwei Ordnungspolizisten, in dem zweiten Auto noch drei weitere.
Sofort bildete sich um die Autos eine kleine Menschentraube.
Koch klopfte an das Tor.
Beim zweiten Mal kam von innen ein unwilliges „Ja?“ Es klang müde und verärgert, als habe man jemanden aus dem Schlaf gerissen.
„Polizei!“, antwortete Koch. „Machen Sie das Tor auf!“
Kurz darauf schabte der Verschlussriegel und das Tor wurde ein kleines Stück geöffnet. Der alte Gerber steckte seinen Kopf durch den Spalt und zog ihn gleich erschrocken zurück.
„Was wollen Sie? Verschwinden Sie!“
Der kurze Blick hatte Koch genügt, um zu erkennen, dass der Bauer sternhagelvoll war.
„Kommen Sie morgen wieder! Heute geht es nicht!“
„Gerber!“, wurde Koch deutlich, „wenn Sie nicht sofort das Tor aufmachen, werde ich es aufbrechen lassen und Sie mit aufs Revier nehmen. Also!“
Er gab den Polizisten und Siggi hinter ihm ein Zeichen zu warten.
„Dürfen Sie das denn?“, kam es von drinnen.
„Ich habe einen Durchsuchungsbeschluss.“
Er ahnte, dass der Bauer an diesem Tag etwas länger brauchte, bevor er die Situation realisierte.
Langsam wurde ein Flügel des Tors geöffnet.
„Zeigen Sie her!“, forderte Gerber. „Jetzt geht ja alles mit Recht und Gesetz zu!“
Koch hätte sich am liebsten erbrochen über diese Verlogenheit. Er spürte wieder diesen Zorn in sich aufsteigen. Er gab Siggi das Papier mit dem Durchsuchungsbeschluss, damit der ihn Gerber zeigte.
Endlich öffnete der das Tor ganz.
Koch hatte die Männer vor dem Einsatz instruiert, wer wohin zu gehen hatte und dass sie besonderes nach versteckten Räumen suchen sollten.
„Wissen Sie!“, sagte Gerber, und er sprach laut und mehr zu den Leuten vor dem Tor als zu dem Kommissar, „ich habe meinen Sohn verloren.“ Einen Moment starrte er ins Leere, als
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