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Unter uns Pastorentoechtern

Unter uns Pastorentoechtern

Titel: Unter uns Pastorentoechtern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Secombe
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niemals, ohne die Gebete gesprochen zu haben. Ein Krankenbett ist kein gesellschaftlicher Anlaß. Sie dürfen sich dieses Buch für Ihren Besuch im Krankenhaus heute nachmittag ausleihen, Seite zweiundzwanzig, Nummer drei und vier.“
    Auf meinem Weg zurück zur Mount Pleasant View Nummer zehn schlug ich das Buch auf, das mein Rettungsseil am Krankenbett sein sollte. Auf dem Umschlag war zu lesen, daß diese Gebete für alle Gelegenheiten gegen Ende des letzten Jahrhunderts von einem Bischof geschrieben worden waren. 1945 waren diese Gebete so überholt wie ein Pferdefuhrwerk.
    „Wie komme ich zum Krankenhaus?“ erkundigte ich mich bei Mrs. Richards.
    „Das ist ein ganz schön steiler Weg“, sagte sie. „Hinter der Kirche gehen Sie die Evans Terrace hoch, biegen rechts in die Aberystwyth Avenue ein, am Schlachthaus vorbei und dann wieder den Berg hinauf in die Hospital Road. Das Krankenhaus ist am Ende der Straße. Sie haben einen schönen Panamablick, wenn Sie sich vom Treppenabsatz aus umschauen.“
    „Ich muß Mrs. Waters, die Frau von Stadtrat Waters, und Miss Howells besuchen“, informierte ich sie.
    „Oh“, erwiderte sie, „ich wußte, daß Miss Howells im Krankenhaus ist. Sie ist schwer magenkrank. Ein skeptisches Magengeschwür, dachten sie zuerst, aber jetzt klingt es viel schlimmer. Aber komisch, daß Mrs. Sturzbach auch dort liegt. Ich habe davon noch gar nichts gehört.“
    „Wer ist Mrs. Sturzbach?“
    „Sie ist die Frau von Stadtrat David Waters. Alle nennen ihn Sturzbach, weil er nie aufhört zu reden. Sie kommt fast nie in die Kirche, wissen Sie, aber er geht in die Freikirche, wenn er überhaupt geht, was er selten tut, genau wie sie. Sie haben einen Sohn, Aneurin — ziemlich groß für sein Alter, aber nicht sehr helle, wie man hört.“
    Mit dieser Information gerüstet, machte ich mich in der Sonne des frühen Nachmittags auf den Weg zum Krankenhaus von Pontywen. Mrs. Richards hatte recht . Es war ein steiler, langer Weg, besonders an einem heißen Sommertag. Die Belohnung war eine Panoramasicht; eine Mischung aus grünen Hügeln, die von der industriellen Revolution noch nicht unterworfen worden waren, und Tälern, die mit Kohlenhalden verschandelt waren, oder gelbem Rauch, der aus Fabriken aufstieg, die sich den Kriegsanstrengungen widmeten.
    Das Krankenhaus war ein häßliches edwardianisches Gebäude, erbaut aus denselben braunen Steinen wie das Schlachthaus weiter abwärts und die Reihenhäuser an den Hängen.
    Als ich in das düstere Portal trat, drang ein so intensiver Geruch nach Antiseptika in meine Nase, daß ich überzeugt war, daß kein Keim jenseits dieser Schwelle überleben konnte.
    Ich beschloß, zuerst die alte Jungfer zu besuchen, bevor ich der lokalen VIP-Gattin gegenübertrat. Eine große Tafel im Foyer zeigte die Richtungen an, in der die verschiedenen Stationen zu finden waren. In dem Notizbuch meines Pfarrers war sorgfältig verzeichnet, daß Miss Howells, die alte Dame, sich auf der „Evan-Morgan“-Station befand, während Mrs. Waters, die Frau des Stadtrates, auf der „Princess-Royal“-Station lag, ganz ihrem Rang entsprechend.
    Dem Richtungspfeil auf der Tafel folgend, ging ich durch zwei Korridore und fand mich schließlich vor der Wöchnerinnenstation wieder, wie aus dem Lärm schreiender Babys, der durch die Tür drang, unschwer zu ersehen war. In der Überzeugung, daß hinter dieser Tür keine alte Jungfer zu finden sein würde, versuchte ich es mit einem anderen Korridor. Diesmal fand ich die Evan-Morgan-Station.
    Etwa ein oder zwei Minuten lang stand ich davor und versuchte, genug Mut zusammenzuraffen, um einzutreten. Ich zählte bis zehn und stieß dann eine der Türen auf. Vor mir befand sich der Eingang zu der Station, und davor, zu beiden Seiten, drei weitere Türen. Niemand war zu sehen.
    Auf dem College hatte man uns beigebracht, daß niemand eine Krankenstation betreten durfte, ohne sich vorher die Erlaubnis der Schwester zu holen. An einer der Türen prangte das Wort „Schwesternzimmer“. Auf mein schüchternes Klopfen kam keine Antwort. Ich klopfte noch einmal, diesmal etwas stärker. Ohne Erfolg. Alles blieb still. Die Minuten verrannen. Das bißchen Mut, das mir geblieben war, löste sich in Luft auf. Ich schob mich durch die Türen hinaus auf den Korridor.
    Zurück im Foyer, konsultierte ich die Tafel, um die Princess-Royal-Station zu finden. Sie befand sich auf der anderen Seite des Krankenhauses im ersten Stock. Ich gelangte ohne

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