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Unter uns Pastorentoechtern

Unter uns Pastorentoechtern

Titel: Unter uns Pastorentoechtern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Secombe
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Bett gegenüber.
    „Das ist sie“, sagte sie. „Ich glaube, sie schläft.“
    Ich ging hinüber zum Bett von Miss Howells. Sie war beinahe unsichtbar unter der makellos gebügelten Zwangsjacke aus Bettüchern. Nur ihre Stirn, gekrönt von sorgfältig gekämmtem grauem Haar, war zu sehen.
    „Sie hatte eine schlechte Nacht“, bemerkte die Dame in der rosa Bettjacke.
    „Vielleicht sollte ich sie lieber nicht stören“, sagte ich. „Ich glaube, sie würde Sie gern sehen, mein Lieber.“ Die betagte Inhaberin des letzten Bettes neben Miss Howells setzte sich auf und gab mir diesen Rat mit nach innen eingefallenem Mund. Ihr Gebiß ruhte in einem Glas Wasser auf ihrem Nachttisch.
    Sie beugte sich herüber und rief: „Miss Howells!“
    Ohne Erfolg. Miss Howells schlummerte weiter.
    Ihre Nachbarin setzte zu einem doppelt so lauten Versuch an, sie zu wecken.
    „Bitte bemühen Sie sich nicht“, schaltete ich mich rasch ein. „Ich komme sie später in der Woche besuchen.“
    „Ich sage ihr, daß Sie hier waren.“ Das war wieder die rosa Bettjacke. „Wo ist Ihre Kirche, Herr Pfarrer?“ fragte sie mit aufgesetzt „feinem“ Akzent.
    „Er ist kein Pfarrer“, sagte die zahnlose Dame mit Kennermiene. „Er ist Vikar.“
    „Würde es Ihnen etwas ausmachen, ihn für sich selbst sprechen zu lassen?“ erwiderte die rosa Bettjacke in scharfem Ton. „Sie müssen sich ständig einmischen.“
    „Das ist nur, weil Sie so unwissend sind“, gab Miss Howells’ Nachbarin zurück.
    „Wofür halten Sie sich eigentlich?“ fragte die rosa Bettjacke, deren Zorn ihrem Gesicht eine Farbe verliehen hatte, die gar nicht zu ihrer Bettbekleidung passen wollte. „Wenn ich jünger wäre, würde ich es Ihnen zeigen.“
    „Dies war eine friedliche Station, bis Sie kamen, ist es nicht so, Mrs. Evans?“ erheischte sie über Miss Howells’ ruhende Gestalt hinweg die Zustimmung von deren anderer Nachbarin.
    Mrs. Evans stellte sich schlafend.
    Ich entschloß mich zu einem raschen Rückzug.
    „Ich wünsche noch einen schönen Tag, meine Damen“, sagte ich und ging, mindestens so rot im Gesicht wie die Besitzerin der rosa Bettjacke, auf die Tür zu. Der Streit war immer noch im Gange, als ich den Saal verließ.
    Als ich am Schwesternzimmer vorbeikam, ging die Tür auf, und die Amazone kam heraus.
    „Sie waren aber nicht lange hier“, sagte sie.
    „Ich — äh — ich fürchte, sie hat fest geschlafen, und ich wollte sie nicht wecken“, erwiderte ich.
    „Kommen Sie wieder mit herein“, sagte die Schwester, „ich wecke sie für Sie.“
    Doch der Gedanke, noch einmal die Station zu betreten, war mehr, als ich ertragen konnte.
    „Ich könnte sowieso nicht mehr bleiben“, flunkerte ich. „Ich muß zu einem Termin. Ich komme ein anderes Mal wieder.“
    „Wie Sie wünschen“, sagte sie und verschwand in einem Raum, der aussah wie eine Besenkammer.
    Kaum war ich aus dem Krankenhaus heraus, überkam mich eine grenzenlose Erleichterung — fast so, als wäre ich aus einem Gefängnis entkommen. Doch die Euphorie verflog allmählich, während ich die Hospital Road hinabmarschierte.
    „Was sage ich dem Pfarrer, wenn er mich fragt, ob ich auch die beiden obligatorischen Gebete gesprochen habe?“ fragte ich mich.
    Er an meiner Stelle hätte Mrs. Waters ihre geistliche Behandlung mit derselben Autorität verordnet wie die Stationsschwester.
    Ich beschloß, falls er mich nach meinen geistlichen Dienstleistungen fragte, zu einer Notlüge zu greifen. Immerhin hatte ich sie gefragt, ob sie die Gebete wünsche. Soweit es mich betraf, sagte ich mir, waren die Gebete gesprochen worden.
    Als ich zurück zu meiner Bude kam, empfing mich Mrs. Richards, kaum daß ich die Tür geöffnet hatte.
    „Rasch!“ sagte sie. „Amos Evans liegt im Sterben. Der Pfarrer ist nicht aufzufinden. Er ist mit Mrs. Llewellyn irgendwo mit dem Auto unterwegs. Es ist in der Balaclava Street Nummer zehn.“
    „Ich weiß“, erwiderte ich. „Ich war heute vormittag schon einmal dort.“
    „Es wird ein barmherziges Ende sein“, rief sie mir nach, während ich die Stufen hinabhastete.
    Mein Herz pochte schmerzhaft, als ich das Sterbebett erreichte — mehr aus Angst vor dem Unbekannten als vor der Anstrengung des Rennens. Ich hatte noch nie jemanden sterben sehen.
    Das Todesröcheln war sogar außerhalb der geschlossenen Tür des Vorderzimmers zu hören. Drinnen klang es beängstigend in seiner Intensität, noch verstärkt durch die Stille der Totenwache.
    Lizzie saß

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