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Unter uns Pastorentoechtern

Unter uns Pastorentoechtern

Titel: Unter uns Pastorentoechtern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Secombe
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da, hielt die Hand ihres Mannes und sah unverwandt in sein Gesicht mit dem offenen, zahnlosen Mund. Seine halbgeschlossenen, nach oben gewandten Augen schimmerten weiß über seinen eingesunkenen Wangen.
    „Möchten — möchten Sie, daß ich ein Gebet spreche?“ Stammelnd und mit trockenem Mund brachte ich die Frage hervor.
    „Ja, bitte“, flüsterte sie, ohne ihren Blick von Amos abzuwenden.
    Ich zögerte. Das Röcheln in der Kehle und die Atemzüge gerieten beängstigend ins Stocken.
    „Himmlischer Vater“, begann ich. Dann waren meine Gedanken wie ausgelöscht, während ich auf den nächsten Atemzug wartete. Der Geruch von Tod und Verfall war überwältigend. Mir wurde übel.
    Plötzlich explodierte ein Atemzug aus dem Körper und schüttelte die ganze Gestalt. Es war der letzte Atemzug. Amos hatte seine Ruhe gefunden.
    „Amen“, intonierte eine dicke Dame, die neben dem Bett stand und ein schwarzes Zelt anzuhaben schien. Sie bekreuzigte sich und murmelte etwas Lateinisches.
    Lizzie hielt immer noch die Hand ihres toten Mannes und starrte in sein Gesicht.
    Die dicke Dame wandte sich an mich. „Ich bin Bridget Barry von nebenan“, sagte sie mit einem Akzent, der eher nach Dublin als nach Pontywen gepaßt hätte. Ihre Stimme wurde sanfter, als sie die Witwe ansprach. „Er ist jetzt bei seinem Schöpfer, meine Liebe. Wollen Sie nicht mit dem Geistlichen ins Nebenzimmer gehen, während ich mich um ihn kümmere?“
    Ich legte meinen Arm um Lizzie und führte sie sanft von dem Sterbebett weg.
    Als ich sie verließ, war sie immer noch benommen. Sie saß auf einem Küchenstuhl neben dem leeren Kamin im Wohnzimmer, und zwei Nachbarinnen kümmerten sich um sie und versorgten sie mit einer Tasse Tee, die sie nicht wollte.
    Auf meinem Weg die Balaclava Street hinab fühlte ich mich ebenso benommen wie Lizzie. Kurz bevor ich das Ende der Häuserreihe erreichte, bog der Wagen des Pfarrers um die Ecke. Er war so sehr auf seine barmherzige Mission bedacht, daß er mich nicht sah. Es war mir recht. Ein Verhör über meine Verabreichung der Sterbesakramente hätte ich jetzt nicht ertragen können.
    Als ich die Einsamkeit meines eigenen Zimmers erreicht hatte, brach ich in Tränen aus — vermutlich mehr wegen des Schocks als aus Mitleid. Schließlich hatte ich das nun getrennte Paar erst seit ein paar Stunden gekannt.
     
    „Danke, daß Sie dem armen alten Amos die Sterbesakramente gespendet haben“, sagte der Pfarrer. Wir hatten gerade den Mittwochmorgengottesdienst hinter uns und waren dabei, in der Sakristei den Talar auszuziehen.
    „Nur gut, daß Sie schon aus dem Krankenhaus zurück waren. Am besten behalten Sie dieses Gebetbuch, Secombe.“
    „Das ist sehr freundlich von Ihnen, Herr Pfarrer“, erwiderte ich.
    „Montag übernehmen Sie die Beerdigung von Mr. Mainwaring aus der Hafod Street. Am besten sprechen Sie das morgen mit Jones, dem Totengräber, ab. Er neigt dazu, das Grab immer erst im allerletzten Moment auszuheben. Thomas Row Nummer fünf. Das ist direkt unterhalb von Ihrer Unterkunft.“
    Die Thomas Row war eine Zeile heruntergekommener Häuschen, von denen keines eine Nummer trug, soweit ich sehen konnte. Die Bewohner der meisten Häuser in Pontywen zogen es vor, anonym zu bleiben.
    Auf halbem Weg die Straße hinauf saß ein alter Mann auf den Stufen vor seiner Haustür und genoß die Morgensonne und seine Pfeife.
    „Entschuldigen Sie“, sagte ich. „Ich suche Mr. Jones, den Totengräber.“
    „Sie meinen den Schlußspieler.“ Er kicherte, daß ihm der Speichel übers Kinn lief. „Schätze, niemand hat ihn je Mr. Jones genannt.“
    „Warum wird er der Schlußspieler genannt?“ fragte ich.
    Der alte Mann wischte sich mit dem Handrücken übers Kinn. „Nun, die Sache ist die. Er ist sehr stolz darauf, daß er früher einmal als Schlußspieler für die Rugbymannschaft von Pontywen gespielt hat. Wohlgemerkt, das war so gegen Anfang des ersten Krieges. Sie haben nur fünf Spiele gemacht und es dann aufgegeben, weil sie nicht genug Spieler gefunden haben. Nachdem der Krieg vorbei war, hat er nie wieder gespielt.“
    „Warum nicht?“
    „Er brachte es nicht, darum nicht. Zu träge. Er zählte immer die Gänseblümchen, wenn er eigentlich den Ball hätte im Auge behalten sollen. Er war der einzige Schlußspieler, den Pontywen je hatte, der es fertigbrachte, sich die Schuhe zuzubinden, während die gegnerische Mannschaft einen Punkt machte. Er war schon immer ein Faulpelz.“
    „Könnten Sie mir

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