Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
ansehnliche Platzwunde. Abgesehen davon und von diversen Prellungen, war er unverletzt geblieben – und dankbar, noch am Leben zu sein.
Der hintere Abschnitt des Tauchboots hatte bei der Kollision mit dem Patrouillenboot am meisten abbekommen. Strahlruder, Batteriefach und Sauerstofftanks waren zertrümmert. Trotz zahlreicher Haarrisse war die Acrylkuppel des Cockpits weitgehend heil geblieben und hatte den Insassen einen schnellen Tod durch Ertrinken erspart. Durch ein Dutzend winziger Lecks drang eisiges Wasser in die Kabine, doch insgesamt hatte das Boot den Sturz in die Tiefe halbwegs unversehrt überstanden und war noch immer mit Luft gefüllt.
»Bist du okay?«, fragte Dirk ins dunkle Bootsinnere. Er griff nach einer kleinen Taschenlampe, die gewöhnlich am Armaturenbrett befestigt war. Aber sie war verschwunden.
»Ja«, sagte Summer mit zitternder Stimme, »ich glaube schon.«
Dirk löste seinen Sicherheitsgurt und fiel nach vorn in dreißig Zentimeter tiefes kaltes Wasser. Das Boot war aufs Gesicht gefallen, was bei den Insassen ein seltsames Gefühl vollständiger Desorientierung auslöste. Ein Zischen erklang an mehreren Stellen innerhalb des U-Boots. Dirk konnte nicht erkennen, ob es vom Wasser herrührte, das durch winzige Risse eindrang, oder von den Überresten eines der Sauerstofftanks ausging. Er kletterte über die Rückenlehne seines Sitzes und suchte tastend nach einem Ablagefach, in dem sich eine zweite Lampe befand. Durch ein kaltes, dunkles, langsam mit Wasser volllaufendes U-Boot zu waten hätte die meisten Menschen in einen Zustand der Panik versetzt, aber Dirk verspürte eine gespenstische Ruhe. Ein Teil dieser Gelassenheit ergab sich aus der Tatsache, dass er für einen solchen Notfall trainiert hatte. Doch es gab auch noch eine persönliche Komponente.
Er hatte im Jahr zuvor eine Frau, die er liebte, bei einem Terroristenangriff in Jerusalem verloren. Das hatte ihn verändert. Seitdem fiel es ihm schwer, eine fröhliche Haltung einzunehmen, und er war dazu übergegangen, die Welt mit kühleren, zynischeren Augen zu betrachten. Er ging sogar noch weiter und sah im Tod mittlerweile einen Gefährten, der ihm keine Angst mehr machte.
»Wir müssen warten, bis sich die Kabine vollständig mit Wasser gefüllt hat, ehe wir die Luke öffnen können«, sagte er in einem ruhigen, sachlichen Tonfall. »Mit den Ponyflaschen müssten wir es bis zur Oberfläche schaffen.«
Er fand das Gerätefach und holte eine kleine Taschenlampe heraus. Er knipste sie an und richtete sie auf seine Schwester.
Ein Blick in Summers Gesicht verriet ihm, dass etwas absolut nicht in Ordnung war. In ihren Augen lag ein Ausdruck von Schmerz und Angst, während sie ihre Lippen krampfhaft zusammenpresste. Sie öffnete ihren Sicherheitsgurt und versuchte aufzustehen, konnte jedoch nur eine nach vorn gebeugte Haltung einnehmen.
Dirk ließ den Lichtstrahl zu ihrem rechten Bein wandern, das gegen den Sitz gepresst wurde. Ein kleiner Blutfleck war auf ihrem Hosenbein dicht über dem Fußknöchel zu erkennen. »Das ist nicht der richtige Moment, an diesem Ort festzusitzen«, sagte er.
Summer versuchte sich zu bewegen, schloss die Augen, während sie ihr Bein anzog, aber es hatte keinen Sinn. »Mein Fuß ist eingeklemmt«, sagte sie. »Und zwar gründlich.«
Dirk bückte sich, um sich einen genaueren Eindruck von Summers augenblicklicher Lage zu verschaffen. Durch die Kollision war einer der Sauerstofftanks nach vorn gerutscht und hatte dabei ein Bodenpaneel eingedrückt. Eine Stahlplatte hatte sich hochgewölbt und drückte Summers Fußknöchel gegen den Sockel ihres Sitzes.
Das Wasser war bereits bis zu ihrer Wade gestiegen, als Dirk nach unten griff, um die verbogene Stahlplatte zu untersuchen. »Kannst du den Fuß nach vorn schieben?«
Sie versuchte es und schüttelte den Kopf. »Keine Chance.«
Er schlängelte sich an ihr vorbei. »Ich versuche mal, den Sockel zu verschieben.«
Indem er sich mit dem Rücken gegen die Acrylglaskuppel stemmte, setzte er einen Fuß auf den Sockel und streckte das Bein. Wegen des knappen Raums konnte er allerdings nur einen Bruchteil seiner Kraft einsetzen. Der Sockel gab ein wenig nach, aber bei weitem nicht genug, um Summers Bein zu befreien. Dirk versuchte es an mehreren anderen Stellen, um den Sockel des Sitzes zu lockern, aber auch damit hatte er keinen Erfolg.
»Ich kann nicht genug Hebelwirkung entfalten«, sagte er.
»Ist schon okay.« Summer bemühte sich um einen möglichst
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