Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
Pitt zu verfolgen. Trotz fürstlicher Bezahlung hatte ihre Loyalität Grenzen.
Bis zum Beiboot waren es für Pablo nur noch ein paar Schritte, aber Pitt fuhr einen Bogen, um ihm den Weg abzuschneiden. Gleichzeitig bemerkte Pablo, dass ein Serviceteam auf dem Kai ein Gleis der Treidelloks repariert und eine beschädigte Schiene zurückgelassen hatte. Er hob die Schiene auf – schlank geschmiedeter Stahl, etwa zwei Meter lang – und machte einen Schritt vorwärts.
Pitt überholte Pablo und steuerte dann das Schlauchboot zum Kai. Von Pablos behelfsmäßiger Waffe sah er nichts, als er sich aus dem Boot auf den Kai schwang und seine Pistole auf den Kolumbianer richtete.
Pitts Reflexe hatten durch die vorangegangenen Strapazen gelitten, und als Pablo mit der Stahlstange ausholte, reagierte Pitt zu spät. Er zielte und drückte ab, doch die Schiene erreichte ihn zuerst und prallte gegen seine ausgestreckte Hand. Der Schuss ging harmlos in Richtung Himmel, ehe die Pistole aus Pitts Hand geprellt wurde und in hohem Bogen in die Schleusenkammer flog und versank.
Pitt wich zurück, als Pablo den Rundumschlag in die entgegengesetzte Richtung ausführte, musste jedoch einen harten Treffer auf die Rippen hinnehmen, der ihn rückwärtsschleuderte. Er schaffte es dennoch, auf den Füßen zu bleiben, und zog sich weiter zurück, während Pablo ihn erneut attackierte.
Die Schiene schnitt mit einem pfeifenden Geräusch durch die Luft, als Pablo sie wie eine Sense schwang. »Du hast einen langen Weg zurückgelegt, um zu sterben.«
»Nicht lang genug«, erwiderte Pitt.
Während er auf dem Rückzug blieb, um nicht von der zur Waffe umfunktionierten Schiene getroffen zu werden, hatte Pitt die Tore und das Boot, das am Ende der Kammer vertäut war, beinahe erreicht. Die Schleusenkammer leerte sich schnell, und das Beiboot war bereits mehr als sechs Meter gesunken. Er warf einen Blick auf das Boot, erkannte jedoch, dass es für einen Sprung zu weit entfernt war.
Da er Pitts Verwundbarkeit spürte, wollte Pablo kurzen Prozess machen und packte die Schiene mit festerem Griff.
Pitt sah, dass das Gewicht der Stahlstange Pablos Rundumschlag deutlich bremste, und entschied sich, in die Offensive zu gehen. Er machte einen Schritt rückwärts, als Pablo mit der Stange auf seinen Kopf zielte. Doch anstatt weiter auf Distanz zu gehen, suchte Pitt festen Stand und sprang.
Pablo reagierte, indem er die Schiene zur Verteidigung hochriss und vor seine Brust hielt, als Pitt gegen ihn prallte. Pitt schaffte es, Pablo leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen, so dass er stolpernd zur Seite auswich. Pitt ließ nicht locker, packte die Stange neben Pablos Händen und versetzte ihm einen wuchtigen Stoß.
Pablo hatte keine andere Wahl, als zurückzuweichen und zu versuchen, erneut in Kampfstellung zu gehen. Aber er war in Richtung Kai abgedrängt worden, und als er einen Fuß hinter sich aufsetzen wollte, trat er ins Leere. Er kippte rückwärts vom Kai und zog Pitt mit sich in die Tiefe.
Von dem Platz vor dem Schleusenhaus aus hatten Dirk und Ann den Zweikampf verfolgt, während die Wachen sie mit ihren Gewehren in Schach hielten. Dirk sah die beiden Männer mit einem lauten Platschen in die Schleusenkammer stürzen und wartete darauf, dass sie wieder auftauchten. Während sich das Wasser beruhigte, zählte er die Sekunden – und spürte, wie es ihm kalt über den Rücken lief.
Eine Minute war verstrichen, aber keiner der Männer war an die Wasseroberfläche zurückgekehrt.
76
Pablo war der Hauptleidtragende des Sturzes gewesen, da er auf dem Rücken landete und Pitt ihn mit seinem Gewicht unter Wasser drückte. Der Höhe des Kais wegen kam es ihm so vor, als wäre er auf Beton geprallt. Sämtliche Luft wurde aus seinem Körper gepresst, und ein grässlicher Schmerz setzte seinen Rücken in Flammen. Sein Körper verkrampfte sich derart, dass er sich nicht mehr rühren konnte.
Pitt behielt jedoch die Kontrolle, als er ins Wasser eintauchte. Mit kräftigen Beinschlägen drückte er seinen Gegner tiefer. Er war sich sicher, dass er dank seiner Erfahrung als Taucher Pablo in dieser Situation überlegen war, und übte weiterhin Druck auf die Schiene aus, um ihm ein vorzeitiges Auftauchen unmöglich zu machen.
Da er sich ausschließlich auf seine Angriffstaktik konzentrierte, bemerkte Pitt nichts von dem Sog des zunehmend heftiger herumwirbelnden Wassers. Zu seiner Verwunderung spürte er lediglich einen wachsenden Druck auf den Ohren und machte
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